Hotel Adlon als Berliner Schauplatz für TV-Epos

Von Dorit Koch

«Zum Teufel, ich bin schon da!», stellt Kaiser Wilhelm II. im Film fest, als er zufrieden die Büste im Hotel «Adlon» betrachtet. Die luxuriöse Einrichtung des Hauses mitten in Berlin kommentiert er mit einem «Donnerwetter!». Menü-Bestellungen der Gäste gelangen per Rohrpost in die Küche? «Das nenn' ich Fortschritt!», sagt er begeistert.

Und als er die Hand unter das fließend heiße Wasser im Hotelzimmer hält, verkündet er entzückt: «In Zukunft werde ich mich wohl für mein allwöchentliches Bad hierher bequemen müssen.» Es ist Oktober 1907, als der Kaiser jenes Hotel eröffnet, das zur ersten Adresse und zur Legende werden soll - und nun zum Schauplatz für ein ZDF-Epos.

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«Das Adlon. Eine Familiensaga» haben die Macher den Dreiteiler, der am Sonntag (6. Januar/20.15 Uhr) startet, genannt. Es ist eine zehn Millionen Euro teure Produktion, deren Handlung mit dem Bau des Hotels beginnt und einen Bogen bis zur Wiedereröffnung im Jahr 1997 spannt. «Hotelfilm, Geschichtschronik und Sittengemälde - und doch vor allem ein emotionales Drama» soll das Werk sein.

So stehen gleich zwei Familien im Mittelpunkt: die Adlons und die Schadts. Produzent Oliver Berben war eine «neutrale Perspektive» wichtig, für den die fiktionale Familie Schadt sorgt. Der Sohn der Schauspielerin Iris Berben, der in den 80er Jahren Fan der amerikanischen Serie «Hotel» gewesen war, wollte seit langem etwas über Menschen im Hotel machen.

Geheimnisse, Erotik, Leben, Sex, Betrug, Fremdes - all das verbindet Produzent Berben mit einem Hotel. «Hotels erzählen eine Vielzahl von Geschichten und hüten unzählige Geheimnisse», schreibt er in einem Statement. Einmal durch das Schlüsselloch zu spähen, sei das Spannendste an diesem Projekt gewesen. Was ihn besonders am «Adlon» faszinierte: «die langen Jahre des Durchhaltens der verschiedenen Zeiten, der verschiedenen politischen Systeme, der verschiedenen Gesellschaften - und das Ganze an einem Platz, dem Pariser Platz am Brandenburger Tor, der geschichtsträchtiger kaum sein konnte», sagte er bei der Präsentation seines Großprojekts.

103 Sprechrollen, mehr als 2000 Komparsen und ein Star-Aufgebot vor der Kamera: Burghart Klaußner (Lorenz Adlon) und Heino Ferch (Louis Adlon) als Vater und Sohn, Marie Bäumer, Wotan Wilke Möhring, Anja Kling, Sunnyi Melles, Christiane Paul, Jürgen Vogel - und Josefine Preuß («Türkisch für Anfänger») als Dreh- und Angelpunkt Sonja Schadt. Zwei Familien über vier Generationen - so mancher Schauspieler musste wegen der Altersmasken und Perücken frühmorgens um 4.30 Uhr im Maskenwagen sitzen. Die 26-jährige Preuß etwa sieht man in ihrer Rolle von 15 bis Mitte 50 (den Part der 90-Jährigen übernahm Rosemarie Fendel), Ferch (49) als Mann bis Anfang 70.

«Durch dieses Haus ist so viel Geschichte geströmt», sagt Ferch im Interview. «Die Menschen, die dort wohnten, ihre Erlebnisse und Affären - vieles von dem, was in solchen geschichtsträchtigen Luxushotels passiert, hat etwas Magisches.» Welche Ära er dort gern erlebt hätte? «Für mich wären die 20er Jahre eine reizvolle Zeit gewesen, das freizügige und lustvolle Leben dieser wilden Jahre.»

Um die geht es im zweiten Teil: internationale Stars in der Lobby, wilde Kostümpartys im Ballsaal und Josephine Baker tanzt. Nach dem Tod des Vaters übernimmt Louis das Haus und führt es auch durch die Nazi-Zeit, auf die sich der dritte Teil konzentriert. 1945 brannte das Hotel aus, übrig blieb nur ein Seitenflügel. Das neu erbaute «Adlon» eröffnete 1997.

Regie führte Uli Edel («Der Baader Meinhof Komplex»), der schon einmal ein «Adlon»-Projekt in Angriff genommen hatte - jedoch allein über die Hoteldynastie, was wegen der Persönlichkeitsrechte schwierig wurde. In erster Linie gehe es ihm um Menschen im Hotel, das zu einer «gesellschaftlichen Schaubühne» werde, erklärt er.

Es geht um Liebe und Leid, Hoffnungen und Träume in einem Haus, das Gäste wie Thomas Mann, Enrico Caruso, Charlie Chaplin und Greta Garbo beherbergte. «Oh my god, es ist alles so wichtig in diesem Haus, viel wichtiger als in der Welt draußen», sagt die Amerikanerin Adams (Paul) im Film. Ganz so wie Louis Adlon es sich wünschte: «Im "Adlon" wird man nicht nur übernachten, im "Adlon" wird man sein.» dpa

Das Adlon. Eine Familiensaga - die Sendetermine

Teil 1, Sonntag (6. Januar/20.15 Uhr), Teil 2 folgt am Montag (7. Januar/20.15 Uhr), Teil 3 am Mittwoch (9. Januar/20.15 Uhr). Im Anschluss an die erste Folge zeigt das ZDF die 45-minütige Dokumentation «Das Adlon».

Ein hochkarätig besetztes Team vor und hinter der Kamera Vor der Kamera versammelten Produzent Oliver Berben ("Krupp - Eine deutsche Familie") und Regisseur Uli Edel ("Der Baader-Meinhof-Komplex") einen prominenten Cast mit u. a. Heino Ferch ("Spuren des Bösen"), Marie Bäumer (auch am 2. und 3. Jänner, jeweils um 20.15 Uhr in ORF 2, in "Das andere Kind" zu sehen), Josefine Preuß ("Türkisch für Anfänger"), Christiane Paul ("Hindenburg", "Die Welle"), Neo-"Tatort"-Kommissar Wotan Wilke Möhring, Jürgen Vogel (derzeit auch in den österreichischen Kinos in "Gnade" zu sehen), Anja Kling ("Vom Ende der Liebe"), Ken Duken ("Das Wunder von Kärnten"), Burghart Klaußner ("Der Vorleser"), Johann von Bülow, Maria Ehrich, Sunnyi Melles (derzeit auch in der Glavinic-Verfilmung "Die Vermessung der Welt" in den österreichischen Kinos) und der Österreicherin Nora von Waldstätten ("Tore der Welt"). Für das Drehbuch zeichnen Uli Edel und Rodica Döhnert verantwortlich. Die Dreharbeiten gingen im Oktober 2012 zu Ende.

Zu sehen ist der Mehrteiler nicht nur in Österreich und Deutschland, er wurde bereits vor seiner Erstausstrahlung nach Frankreich und Spanien verkauft und wird auch als DVD bzw. Download erhältlich sein.