Es war ein wenig so, als wäre der Vater zu früh aus dem Urlaub wiedergekommen und hätte dem Sohn die Hausparty versaut. Donald Trump befand sich in der Präsidentenmaschine Air Force One, auf dem Rückflug von Staatsbesuchen in Europa, da forderte er die US-Raumfahrtbehörde Nasa per Twitter dazu auf, doch bitte nicht über solche Kleinigkeiten wie eine Mondmission zu sprechen.
«Das haben wir schon vor 50 Jahren gemacht», schrieb er gerade an dem Tag, an dem die Nasa eigentlich mit etwas anderem Schlagzeilen machen wollte. Nur Stunden zuvor hatte sie die Öffnung der Raumstation ISS für weitere Touristen angekündigt.
In der Tat handelt es sich bei den am Freitag vorgestellten Plänen der Nasa um eine grundlegende Änderung. Zwar waren seit 2001 schon insgesamt sieben private Astronauten auf der Internationalen Raumstation, nun aber soll die ISS, die ungefähr so groß wie ein Fußballplatz ist, ab 2020 für etwa zwölf Weltall-Urlauber pro Jahr herhalten. Nasa-Finanzchef Jeff DeWit kündigte an, dass die Annehmlichkeiten von Hotels wie Hilton oder Marriott nicht erreicht würden.
Die Preise allerdings werden im wohl teuersten Hotel des Universums um ein Vielfaches höher sein. Denn eine Nacht in der Schwerelosigkeit soll etwa 35 000 Dollar kosten, was 31 000 Euro entspricht. Dazu kommen noch An- und Abreise zum Preis von wohl mehr als 50 Millionen Dollar. Der Service an Bord der ISS ist dabei wirklich miserabel: Zu trinken gibt es aufbereiteten Urin. Der Lärm etlicher Lüftungsmotoren ist stets und überall präsent. Man schläft angeschnallt an der Wand. Und auch das Essen lässt nach Aussagen bisheriger Besucher gern mal zu wünschen übrig. Einmalig hingegen ist der Ausblick.
Die genauen Kosten für den Hotel-Transfer werden von den Nasa-Partnern, den privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX und Boeing, festgelegt. Sie sollen die Raumfahrttouristen zur ISS rund 400 Kilometer über die Erde bringen.
Das Angebot ist nicht nur etwas für Superreiche. Wenn die Nasa vom Aufbau eines «sehr robusten Weltraum-Geschäfts» redet, hat sie dabei ausdrücklich auch die US-Privatwirtschaft im Visier. Die Nasa signalisierte Bereitschaft, ISS-Labore für kaufkräftige Firmen zu öffnen. Die «Washington Post» schreibt dazu, dass Unternehmen pro Kilogramm Gepäck 18 000 Dollar und pro Stunde Arbeitszeit eines Astronauten 17 500 Dollar berappen müssten.
Man könnte nun behaupten, dies sei der Ausverkauf der ISS und seiner Besatzung - zunächst blieb allerdings unklar, inwieweit das Hotel im Weltraum die übliche Arbeit auf der Raumstation beeinflussen wird. Die Nasa bemüht sich zumindest, die zeitlichen Fenster für die privaten Besucher klein zu halten: Zwei Missionen pro Jahr seien möglich, sie könnten bis zu 30 Tage dauern.
Doch selbst wenn die Nasa zwei Mal sechs Plätze pro Jahr verkauft und jeder der Passagiere an die Nasa 35 000 Dollar pro Nacht einen Monat lang bezahlt, kommt die US-Behörde nur auf 12,6 Millionen. Ein läppischer Betrag angesichts der Betriebskosten von drei bis vier Milliarden im Jahr, die größtenteils die USA tragen.
Deshalb äußerten Experten in US-Medien auch die Vermutung, dass die Nasa eher auf einen PR-Effekt setzt. Schließlich sollen Konzerne auch Werbefilme an Bord drehen oder den Aufenthalt für ihre Außendarstellung nutzen können, was das Prestige-Projekt ISS noch stärker in den öffentlichen Fokus rücken würde.
Womit die Nasa am Freitag auch Aufmerksamkeit erregen wollte war, dass die Einnahmen dem Budget für die erste geplante Mondmission einer Frau im Jahr 2024 zugute kommen sollen. Doch dann griff Donald Trump in der Air Force One zu seinem Smartphone. «Für all das Geld, das wir ausgeben, sollte die Nasa NICHT darüber reden, zum Mond zu fliegen», twitterte er. Stattdessen solle man sich auf Größeres konzentrieren, «darunter den Mars (der zum Mond gehört)».
Die Worte lösten Verwirrung aus. Da es nun schwierig zu verstehen ist, inwiefern der Mars zum Mond gehören soll, sprang Nasa-Leiter Jim Bridenstine ein und ordnete die Aussage seines Chefs ein: «Wie der Präsident der Vereinigten Staaten sagt, benutzt die Nasa den Mond, um Menschen zum Mars zu schicken!», schrieb er ebenfalls auf Twitter.
Tatsächlich sieht der Plan der Trump-Administration vor, von 2024 an auf dem Mond einen Außenposten für eine Mars-Mission aufzubauen, die vielleicht schon zehn Jahre später starten könnte. Doch diesem von ihm selbst verlangten und gepriesenen Programm schien der US-Präsident nun öffentlich zu widersprechen.
Unklar bleibt indes auch, was die US-Regierung nach 2024 mit der ISS machen wird. Im vergangenen Jahr hatte Trump in einem Etatentwurf angekündigt, dann aus der Finanzierung aussteigen und eine Privatisierung des 450-Tonnen-Kolosses vorantreiben zu wollen.
Der Chef der europäischen Raumfahrtagentur Esa, Jan Wörner, hatte allerdings bezweifelt, dass die ungeheuren Kosten von Unternehmen getragen werden könnten. «Der Gesamtbetrieb der Raumstation ist einfach zu teuer.» Schon in den vergangenen Jahren war das Interesse der Industrie an Projekten etwa der Festkörper- und Materialforschung auf der ISS geringer als ursprünglich erhofft.
In den nächsten Jahren jedenfalls könnte es auf der ISS noch einmal enger werden, denn auch die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos will bis Ende 2021 Touristen ins All schicken. Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin sieht die Zukunft des Außenpostens der Menschheit mittelfristig weniger als Hotel, sondern vielmehr als eine Art Bahnhof: Raumschiffe könnten dort bei längeren Flügen ins All einen Zwischenstopp einlegen - etwa wenn sie zum Mond fliegen. dpa