Junge Pfalz Weingut-Sieger Jungwinzer setzen neue Akzente

Von Peter Zschunke

Gerade noch waren sie in Neuseeland oder haben für die Hochschule gebüffelt, jetzt tragen Jungwinzer Verantwortung im elterlichen Betrieb. «Natürlich setzen wir eigene Akzente, aber alles umkrempeln wäre gefährlich», sagt der 27-jährige Georg Diehl vom Weingut Borell Diehl im südpfälzischen Hainfeld.

«Es geht um Evolution statt Revolution», ergänzt der 34-jährige Bastian Klohr, der die Aufgabe der Geschäftsführung der Weinbiet Manufaktur von seinem Vater übernommen hat. «Wir hatten einen dreimonatigen Übergangsprozess, der teilweise sehr spannungsgeladen war.»

Es gebe keinen Jungwinzer, keine Jungwinzerin, der oder die nicht die Leistung der Elterngeneration anerkenne, fügt Klohr hinzu. «Ohne deren Schaffenskraft wären wir heute nicht hier.» Loszulassen sei für die ältere Generation kein einfacher Prozess. «Aber die junge Generation ist verantwortlich für die Zukunft.» Da sei es ein schmaler Grat, zum einen nicht alles über den Haufen zu werfen, was bislang gut funktioniere, und zum anderen eigene Akzente so zu setzen, dass sie auch wahrgenommen würden.

Es sei nicht ganz einfach, nach einer Betriebsübernahme die eigene Philosophie umzusetzen, sagt auch Ernst Büscher beim Deutschen Weininstitut. «Viele in der jüngeren Generation wollen einen besonderen Fokus auf die Qualität setzen, die Erträge dafür eher begrenzen.»

In der Pfalz wie in Rheinhessen, den beiden größten Weinanbaugebieten in Deutschland, ist die Übernahme des Weinguts der Eltern der übliche Weg für den Start im Winzerberuf. Quereinsteiger haben es schwer, da selten Flächen frei werden und die Landpreise hoch sind. Für sie bieten sich eher Möglichkeiten am Mittelrhein oder an der Mosel, wo es wegen der harten Anforderungen im Steillagenweinbau eher einmal zu einem Betriebswechsel kommt. Gleichwohl gebe es gute Gründe, warum dort Betriebe und Flächen frei würden, erklärt Klohr.

Beim Studium an der Hochschule in Geisenheim sei etwa jeder zweite Studierende nicht in einem Weingut aufgewachsen, sagt der 26-jährige Alexander Koch. «Nachdem dieses Kapitel abgeschlossen war, ging es direkt in den elterlichen Betrieb.» Kommilitonen ohne diese Möglichkeit hätten zumeist als Angestellte in einem Weingut oder im Weinhandel angefangen. «Fachkräfte sind überall gesucht, auch im Weinbau.»

Mit zunehmender Arbeitsteilung gerade in größeren Betrieben ändert sich auch das Bild vom Winzer als Einzelkämpfer im Weinberg und im Keller. «Wir haben eine Kellermeisterin eingestellt», sagt Koch, der wie Georg Diehl seinen Betrieb in Hainfeld hat. «Allein können wir alle drei das nicht mehr schaffen.»

Die drei Jungwinzer sind die Erstplatzierten im Wettbewerb «Die junge Pfalz», der in dieser Form in diesem Jahr erstmals stattfand und an dem sich 62 Winzer unter 35 Jahren mit jeweils fünf Weinen beteiligten. Bisher gab es zwei getrennte Wettbewerbe, «Die junge Südpfalz» und die «Generation Pfalz». Auch in anderen Regionen finden sich junge Winzer zusammen, etwa in der alle Anbaugebiete umfassenden «Generation Riesling» oder in der «Generation Pinot» in Baden.

Ziel sei es, die dynamische Entwicklung im Pfälzer Weinbau deutlich zu machen, erklärt Boris Kranz für den Veranstalter der Pfalzwein-Werbung. Auch gehe es darum, bundesweit für das Anbaugebiet und die geschützte Ursprungsbezeichnung der Pfalz zu werben.

Die Pfalz als Anbaugebiet gehöre aufs Etikett, findet Koch. Eine zu kleinteilige Herkunftsangabe hält er für Weine aus dem Basissegment aber nicht für sinnvoll. Wenn es zum Wein einer Rebsorte mit ähnlichem Aroma Flaschen mit vier unterschiedlichen Lagebezeichnungen gebe, sei das für die Kunden verwirrend. «Da geben wir lieber die Bodenart an wie Weißburgunder vom Löss, das ist die häufigste Bodenart, die wir haben.» Koch wurde auch in der Kategorie Spätburgunder ausgezeichnet. Jetzt freut er sich auf den 2018er Rotwein, der erst im nächsten Jahr aus dem Fass in die Flasche kommt.

Wenn sich mit dem Klimawandel die heißen und trockenen Sommer häufen sollten, müssen sich die Winzer anpassen. «Wasserknappheit war vor 2018 kein bekanntes Phänomen», sagt Klohr, der seine Ausbildung mit der Promotion abgeschlossen hat. Aber in Spanien oder Südafrika sei Trockenheit seit Jahrzehnten eine Herausforderung. «Wir müssen die Adaptionswege der Kollegen weltweit aufnehmen und in die eigene Region übersetzen.» Dies sei ein Vorteil der jungen Generation, die in der Ausbildung auch Erfahrungen im Ausland sammle. Klohr war bei Genossenschaften in Südtirol, Koch in Burgund und Diehl in Neuseeland und Südafrika.

«In Südafrika haben die Winzer seit Jahren extrem heiße Sommer», sagt Diehl. «Sie haben deswegen aber nicht die Rebsorten gewechselt, sondern die Bearbeitung angepasst.» Der Winzer will nach Möglichkeit bei den traditionellen Rebsorten bleiben und die Stärken seines Betriebs wie Spätburgunder, Chardonnay und Sekt stärker in den Mittelpunkt stellen.

Hingegen beobachtet Koch die Entwicklung neuer Rebsorten genau. Wenn eine pilzwiderstandsfähige Sorte ihn in jeder Hinsicht überzeuge, sei er auch bereit, eine Parzelle damit anzupflanzen. Sein Schwerpunkt aber liegt auf Spätburgunder und weißen Burgundersorten.

Die Ideen für die Zukunft sind das eine. Aber die Winzer müssen auch ständig die Gegenwart im Blick haben. «Zurzeit ist die Arbeit im Weinberg besonders intensiv», sagt Diehl. Die Winzer entfernen Blätter, um bei Regen ein schnelleres Abtrocknen zu ermöglichen und der Gefahr von Fäulnisbildung entgegenzuwirken. «Und bis zum Beginn der Reife in vier Wochen schneiden wir Trauben heraus, um eine höhere Qualität zu erreichen.» dpa

Die Weingüter:

Weinbiet Manufaktur, An der Eselshaut 57, 67435 Neustadt an der Weinstraße

Weingut Borell Diehl, Weinstraße 47, 76835 Hainfeld

Weingut Bernhard Koch, Weinstraße 1b, 76835 Hainfeld