Kochen mit Bier

Von Eva Neumann

Bier ist nicht nur ein leckerer Speisenbegleiter, es eignet sich auch hervorragend als Zutat zu den verschiedensten Gerichten. Das ist ein bisschen in Vergessenheit geraten, doch in jüngster Zeit findet der Gerstensaft verstärkt Zugang zu den Speisekarten auch der gehobenen Gastronomie.

«Zum einen sind in der jungen Küche immer neue Geschmacksimpulse gesucht», begründet Mark-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund in Berlin diesen Trend. Bier kann dort eine Alternative zum fest etablierten Wein werden. «Zum anderen ist Bier eines der regionalsten Produkte, die es gibt.» Bei der Rückbesinnung auf heimische Produkte dürfe es auf keinen Fall fehlen.

Schon vor 100 Jahren war die Biersuppe ein Klassiker, nicht nur in Deutschland. Hell oder dunkel, mit Hafer oder Graupen, Apfelspalten oder Rosinen - jede Region und jede Hausfrau hatte ihr Spezialrezept. Selbst Friedrich der Große soll von sich gesagt habe, er sei mit Biersuppe aufgezogen worden. Auch heute noch hat die Spezialität in der Hausmannsküche ihren festen Platz. Bei der Zubereitung gilt es allerdings, einen großen Fehler zu vermeiden: «Bier sollte man nicht kochen, sonst wird es zu bitter», warnt Werner Licht, Sternekoch aus München. Stattdessen wird der Gerstensaft möglichst spät hinzugegeben.

Das gilt auch für alle Soßen mit Bier. Sie kommen traditionell in der rustikalen Küche zum Einsatz: «Zum Schweinebraten mit Kruste passt die Altbiersoße mit Kümmel hervorragend», sagt Christian Voss, Sous-Chef im Restaurant «Fischers Fritz» in Berlin. Zu Wild macht sich eine Bier-Pfeffersoße mit Wacholder und Piment gut. Ein Rheinischer Sauerbraten verlangt nach einer dunklen Biersoße. Erlaubt ist, was schmeckt. Nur: «Wenn bei der Zubereitung von Soßen Bier zum Ablöschen verwendet wird, darf nicht zu weit reduziert werden», erklärt der Koch. «Gelangt zu wenig Bier in eine zu heiße Pfanne, dann kann es passieren, dass es verbrennt.»

In der leichten Küche finden Fisch und Bier zueinander. «Mit nahezu allen Fischen harmoniert eine Bier-Rahm-Soße», empfiehlt Licht. Dazu wird eine Rahmsoße zum Schluss mit Kristallweizen aufgeschäumt, so dass sie eine locker-luftige Konsistenz erhält.

Im Sommer ist Bier in der Marinade von Schweinenackensteaks und anderem Grillfleisch allgegenwärtig. «Sehr beliebt sind Marinaden aus Bier, Senf und Zwiebeln oder aus Bier, Paprika und Zwiebeln», sagt Voss. Darin kann das Fleisch über Nacht eingelegt werden. So nimmt es das Aroma der Marinade gut auf und wird gleichzeitig angenehm mürbe. Beim Grillen muss dann aufgepasst werden, dass die Marinade nicht auf die heiße Kohle tropft. Sonst können krebserregende Stoffe entstehen.

Ein Klassiker, der sich wunderbar modern interpretieren lässt, ist Bierteig. Dafür werden Mehl, Eier und Eigelb mit Bier zu einem glatten Teig verrührt. Die Kohlensäure des Bieres wirkt als natürliches Backtreibmittel. «Ein Bierteig ist eigentlich vorrangig ein Hilfsmittel, nämlich eine Schutzhülle für das Gargut», erklärt Voss. Beim Frittieren wird der Teig knusprig-kross, die Füllung jedoch bleibt saftig. Ob Sardelle oder Hühnchenfilet, Blumenkohlröschen oder Zucchinischeiben - gerade der Kontrast der unterschiedlichen Konsistenzen auf der Zunge macht diese Häppchen zur Gaumenfreude.

«Voraussetzung ist allerdings, dass ein mildes, helles Bier verwendet wird», erklärt Voss. «Wenn das Bier zu dominant ist, überdeckt es die Füllung.» Mit einer solch dezenten Hülle lässt sich dann auch Obst gut ummanteln: Apfelringe zum Beispiel, die mit Vanillesoße kombiniert werden. Eine kleine, aber feine Krönung eines Menüs sind Erdbeeren im Bierteig oder Herzkirschen mit Marzipanfüllung.

Ansonsten sind bei Desserts durchaus vollmundige Biere angesagt: «Eine Crème Caramel lässt sich wunderbar mit Doppelbock ablöschen. Auch eine Altbier-Zabaione ist sehr lecker», sagt Licht. Ein leichtes Bier-Parfait oder Bier-Pfannkuchen sind ebenso denkbar. Gute Begleiter für solche süßen Bier-Kreationen sind Früchte der Saison oder Kompott. Zum Würzen empfiehlt Licht Sternanis und Zimt.

Wahre Fundgruben in puncto Rezepte sind die Internetseiten von vielen Brauereien und des Brauer-Bundes. Wem diese Anregungen noch nicht ausreichen, der kann sich auch im Nachbar- und Bierland Belgien inspirieren lassen: zum Beispiel mit «Stoofvlees» - in Dunkelstarkbier geschmortes Rindfleisch -, «Loose Vinken» - Rouladen im Biersud -, biergetränkter Fasanenkeule, eingelegtem Hasenrücken oder Miesmuscheln in Gueuze-Bier.

Welche Biersorte für welches Gericht?

Grundsätzlich ist jedes Bier zum Kochen geeignet. Welche Sorte als Zutat - und dann auch Begleiter - für welches Gericht verwendet wird, richtet sich deshalb zunächst nach persönlichen Vorlieben und regionalem Angebot. Mark-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund nennt darüber hinaus als Faustregeln: «Zu einem deftigen Gericht wie einem Braten oder Steak macht sich ein herbes Pils oder Alt gut. Ein Salat oder ein weicher, milder Käse hingegen verlangt nach einem hellen Weizen oder Lager. Und zur Nachspeise darf es ein Bockbier oder Malztrunk sein.» Wie bei allen Zutaten gilt: Es kommt auf das richtige Maß an. Anfänger sollten sich langsam vortasten. dpa