Kochen statt Zusatzstoffe

«Wenn wir bereit wären, selbst zu kochen, bräuchten wir keine Zusatzstoffe», sagte der Thüringer DGE-Landesvorsitzende Gerhard Jahreis der Nachrichtenagentur dpa. Stattdessen steige jedoch die Nachfrage nach Fertiggerichten, in denen künstliche Zusatzstoffe besonders häufig vorkommen.

In der Europäischen Union sind nach Angaben von Jahreis, der das Jenaer Universitätsinstitut für Ernährungswissenschaften leitet, gut 320 Zusatzstoffe zugelassen. Dazu zählen neben Farb-, Süß- und Konservierungsstoffen oder Geschmacksverstärkern wie Glutamat auch Mittel zur Verstärkung der Feuchtigkeit in Backwaren.

Auch Antioxidantien - Substanzen, die einer Oxidation entgegenwirken und so ein Verderben von Lebensmitteln hinauszögern - gehören dazu. Zusatzstoffe seien «generell verträglich», sagte Jahreis. «Sonst wären sie nicht zugelassen.» Dies schließe jedoch Unverträglichkeiten im Einzelfall nicht aus.

«Beispielsweise vertragen manche Europäer das aus der asiatischen Küche bekannte Glutamat in größeren Mengen nicht.» Ein Massenphänomen sei dies aber nicht. Kritischer sieht der Experte Farbstoffe in Lebensmitteln, die auf den Packungen mit einem E und einer Ziffernfolge gekennzeichnet werden müssen. Einige würden als Risiko- Faktor für das «Zappelphilipp-Syndrom» ADHS bei Kindern diskutiert, entsprechende Warnhinweise seien deshalb seit Sommer 2010 Pflicht.

Problematisch ist für Jahreis auch die Zugabe bestimmter Vitamine. «Wenn die dann auch noch in Getränken oder Süßigkeiten enthalten sind, ist die sinnvolle Tagesdosis rasch überschritten.» Eine solche «Zwangsvitaminisierung» könne gesundheitlich schaden. Der Wissenschaftler verwies auf eine aktuelle Studie mit 35 000 Männern in den USA, nach der zu viel Vitamin E ein erhöhtes Prostatakrebsrisiko bedeuten könne.

Für wirkungsvoll hält Jahreis das neue Internetportal für Verbraucherbeschwerden über Lebensmitteltäuschungen. «Es gibt für Hersteller nichts Schlimmeres, als mit Lügen bei der Kennzeichnung öffentlich überführt zu werden.»

Auf dem Portal «lebensmittelklarheit.de» können Kunden Produkte melden, wenn sie der Meinung sind, dass Verpackungsangaben Eigenschaften und Inhalte vorgaukeln, die das Produkt nicht hat.

Nach Angaben des Verbraucherzentrale Bundesverbands haben 27 Hersteller seit dem Start des Portals Ende Juli Änderungen bei Kennzeichnungen oder Rezepturen angekündigt. Gut 3800 Produktmeldungen gingen seitdem ein.

Mit Lebensmittel-Zusatzstoffen befasste sich am Donnerstag in Jena eine Tagung mit rund 300 Fachleuten. dpa