Kochen und garen in Römertopf

Von Monika Hillemacher

Unter ihren Deckeln garen komplette Mahlzeiten. Denn in speziellen Keramiktöpfen hat alles Platz, was sonst in mehreren Töpfen brutzelt: Fleisch, Kartoffeln und Gemüse garen gemeinsam. Die schonende Zubereitung gehört neben Arbeits- und Zeitersparnis zu den Vorteilen, die Gefäße wie den Römertopf und die Tajine in der modernen Küche beliebt machen.

Dabei hat zumindest die Tajine Tradition. Im Maghreb, vor allem in Marokko, gehört das aus Lehm gefertigte Kochgeschirr seit Jahrhunderten zur Standardausstattung im Haushalt. Der Römertopf kommt nicht von den alten Römern, sondern aus dem Westerwald. Dort stellt seit 1967 ein nach dem Produkt benannter mittelständischer Betrieb die Gefäße aus heimischem Ton her.

«Der Unterschied liegt in der Form und in der Verträglichkeit von Hitze», sagt Ralf Meneghini, Vorstandsmitglied im Verband der Köche Deutschlands (VKD) in Frankfurt. Der ovale Römertopf muss in den Backofen, weil das poröse Tonmaterial Rundum-Wärme braucht und keine starken Temperaturschwankungen verträgt. Die Tajine hingegen ist herdtauglich, sofern sie einen planen Boden besitzt. Dann passt sie sowohl auf ein Ceran- als auch auf ein Induktionskochfeld oder eine offene Feuerstelle. Es gibt sie in Kegelform oder flach. «Die Berber nehmen die runde Variante, kegelförmig ist mehr arabisch», erläutert der Tajine-Importeur Jochen Walter aus Leutkirch. Er bevorzugt unglasierte Formen, weil sich darin das Aroma besser entfaltet.

Der Begriff Tajine bezeichnet sowohl das Gefäß als auch die darin zubereiteten Gerichte. In dem Lehmtopf kann gebraten, gekocht und gedünstet werden. Er wird mit Fisch, Fleisch, Geflügel und Gemüse gefüllt. Die Zutaten schichtet Walter, wie sie wachsen. «Unten Kartoffeln und Möhren, alles was oben wächst, kommt obendrauf.»

Für die zum Garen notwendige Flüssigkeit sorgen Tomaten, Zwiebeln oder die Zugabe von etwas Wasser oder Gemüsefonds. Die geringe Feuchtigkeit der Gerichte passt laut Ralf Meneghini zu den Tischsitten in der Heimat des Topfs, wo vielfach die Finger als Besteck dienen. Der Koch verfeinert seine Gerichte mit einem Schuss Wein und schneidet Fleisch in walnussgroße Stücke, damit es gleichmäßig gart.

Etwa eine Stunde braucht zum Beispiel eine Tajine Dattel-Fleisch, deren Rezept Walter im Internet veröffentlicht hat. Dazu Butter in der flachen Schale zerlaufen lassen, gewürztes Fleisch hineinlegen, Wasser und Zimtstange hinzufügen, Deckel aufsetzen und schmoren. Datteln, Honig und Zimt in die Soße rühren, mit gerösteten Mandeln und Sesam vollenden. Ein Fall für Süßmäuler ist die Curry-Banane, die mit Sahne, mild-süßem Curry, Zimt, Lebkuchengewürz und einem Spritzer Cognac glasig geschmort wird.

Der Römertopf kommt ohne die Zugabe von Flüssigkeit und Fett aus. Das liege am Material, sagt Michel Rouland, Vertriebschef des Topffabrikanten. «Der unglasierte Ton saugt Wasser wie ein Schwamm, unter Hitze verwandelt es sich in Dampf und Dunst. Das Gargut badet im eigenen Saft.» Weil ihm keine Flüssigkeit entzogen wird, gibt es viel Soße. Damit das Prinzip funktioniert, wird der Topf vor Gebrauch mindestens zehn Minuten gewässert.

Die Garzeit hängt von den Zutaten ab. Fisch braucht je nach Rezept 50 Minuten, für die Hackfleischsoße Bolognese empfiehlt der Römertopf-Hersteller mindestens zwei Stunden. Als Vorteil sieht Rouland, dass wie bei der Tajine eine Mahlzeit in einem Topf zubereitet werden kann. Das spart Zeit und Energie. Verschiedene Garzeiten - etwa von Kartoffeln, Lamm, Geflügel, Rind und Schwein, Fisch und Gemüse - werden vereint.

So liegen bei einem indonesischen Fischtopf Filet, Bambussprossen, Mandeln, Eier und Zwiebeln gemeinsam unter dem Deckel. Zu den Klassiker gehören Bohnen- und Linseneintöpfe oder deftige Wildgerichte wie ein Rehrücken auf dünnen Speckscheiben, Trüffelleberwurst, Orange und Pilzen. Aufläufe und Gebäck passen ebenfalls in die Form. Im Unterschied zur Tajine kann im Römertopf jedoch nichts angebraten werden. Dafür hat er meist ein größeren Fassungsvermögen.

Alle Gerichte kommen zum Garen in den kalten Backofen, wo sie peu à peu auf die erforderliche Temperatur erhitzt werden. Durch das langsame Erwärmen der Form behalten zum Beispiel Fisch und Blumenkohlrosetten ihre Form, außerdem bleiben viele Nährstoffe erhalten. Zudem nähmen Gemüse und Fleisch einen herzhaften Geschmack an, sagt Rouland. Darüber hinaus brennt dank des Dampfs nichts an, und das Essen bleibt wegen der dicken Tonwand lange warm. Zum Essen kommen sowohl Tajine als auch Römertopf direkt auf den Tisch. dpa

Keramiktöpfe auf den ersten Einsatz vorbereiten

Tajine und Römertopf werden vor ihrem ersten Einsatz gründlich gesäubert. Um die letzten Ton- und Lehmstäubchen zu entfernen, werden sie vorsichtig mit einer Bürste bearbeitet. In der Tajine sollten zuerst Kartoffeln mit etwas Öl angebraten werden. «Unter der Hitze vermischt sich beides zu einer Patina, die wie Antihaftbeschichtung wirkt», erläutert der Tajine-Importeur Jochen Walter. Außerdem mache die Patina das Wässern vor jedem weiteren Gebrauch überflüssig. Das bleibt Römertopf-Kochern nicht erspart. Intensive Aromen können mit Essig- oder Zitronenwasser neutralisiert werden.