Von Tatiana Rodríguez
So auch beim Ableger der Kunstmesse Art Basel in Miami. Unweit des Sandstrands steigt dort für VIP-Gäste, schwerreiche Touristen und Kenner die wohl wichtigste Kunst-Party der USA.
«Ich will etwas Einzigartiges finden», sagt Schriftstellerin Jill Spalding, nachdem sie anderthalb Stunden durch einige der 40 Gänge der Messehalle gewandert ist. Der Blick der früheren «Vogue»-Autorin springt von einer Seite zur anderen als seien die Wände der Galerien gewöhnliche Schaufenster. Objekte von Interesse fotografiert sie mit dem Handy und bittet um Visitenkärtchen, um mit den Galeristen vor einem möglichen Kauf in Kontakt zu treten.
Kunst im Wert von schätzungsweise drei Milliarden Dollar (2,6 Mrd Euro) ist allein im Messezentrum der «Sunshine City» ausgestellt, die mehreren Rand-Messen und Galerien nicht mitgezählt. Bei der 17. Ausgabe der Art Basel in Miami - mit mehr als 80 000 Besuchern eine der größten Kunstmessen der Welt - fließen Wein und Champagner. Eine exzentrisch gekleidete Dame schiebt einen kleinen Hund im Kinderwagen herum. An anderer Stelle macht eine Familie Fotos vor einem Kunstwerk, das sie offenbar gerade gekauft hat.
Ein Alleingang durch das Kunst-Labyrinth kann schnell schwindlig machen. Nach Renovierungsarbeiten über drei Jahre überspannt sich die Fläche des Kongresszentrums diesen Dezember über stattliche 45 000 Quadratmeter. Das entspricht bald dem Olympiastadion in Berlin, dessen Außenkante etwa 56 000 Quadratmeter misst.
«Das hier zum Beispiel», sagt Spalding, als sie auf die Arbeit «Redo» des Kubaners Alexandre Arrechea zeigt. Sieben bemalte, auf dem Boden angeordnete Polychrom-Holzstücke vereinen sich mit sechs hängenden Aquarellen an der Wand. «Originell und tiefsinnig», sagt die in New York lebende Schriftstellerin. «Genau, was ich suche».
Mit etwas langsameren Schritten ist Spaldings Freund Joseph Cohen gefolgt - wegen seines Gehstocks, aber auch, weil er alle fünf Meter die Vertreter der Galerien begrüßt. Der Sammler, Ex-Banker und Philanthrop ist in der Kunstwelt ein bekanntes Gesicht. Spalding hört aufmerksam und vertrauensvoll zu, als er seine Meinung zu «Redo» äußert.
Mindestens 30 seiner 80 Lebensjahre hat Joseph Cohen dem Sammeln von Kunst gewidmet, die ihm ein gutes Gefühl geben, wie er sagt. «Es ist eher eine Verbindung, eine Beziehung», erklärt er. Und er versichert, dass er nicht weiß und es ihn «auch nicht interessiert», wie viel Geld er für seine Kollektion inzwischen ausgegeben hat.
Eine der am stärksten besuchten Galerien, Kurimanzutto aus Mexiko, hat sich dieses Jahr für die Themen Licht, Originalität und Symmetrie entschieden. «Wir setzen immer darauf, Inhalte jenseits des Visuellen anzubieten», sagt die stellvertretende Direktorin Daniela Zárate. Der Draht zu den Klienten sei «eine Kunst für sich», die monatelange Vorbereitungen und Hingabe erfordere. «Viele kennt man seit langer Zeit, andere sind Empfehlungen», fügt sie hinzu.
Der Kauf eines Kunstwerks ist ein akribischer und präziser Akt aus verschiedenen Schritten, die an einem Laien unbemerkt vorübergehen können. Es beginnt mit einem genauen Blick und einer Analyse dessen, ob ein Galerist und dessen Assistenten das verstärken, was ein Betrachter sieht und fühlt. Spalding wird erst später entscheiden, was sie kauft und was diese Kunst kosten darf.
«Alle Menschen, die sich der Galerie nähern, werden von uns als potenzielle Kunden gesehen, und entsprechende Aufmerksamkeit bekommen sie», sagt Zárate. Schon in den den ersten Stunden der viertägigen, bis Sonntag laufenden Messe verkaufte Kurimanzutto zwei Arbeiten von Sarah Lucas, die darin die Künstlerin Frida Kahlo mit Zigaretten abbildete. Eine großangelegte Solo-Schau im New Museum in New York hatte der Britin Lucas in den USA zuletzt noch einen Schub verpasst.
Zárate wird von einer japanischen Sammlerin unterbrochen, die sich hartnäckig nach einem Gemälde erkundigt. Aber das Werk von Gabriel Orozco wurde am Tag vor der offiziellen Eröffnung für 950 000 Dollar (835 000 Euro) verkauft. «Tut mir leid», sagt Zárate. Die Japanerin greift frustriert ihre Luxushandtasche und macht sich auf den Weg. dpa