Lebende Hummer werden teurer

Auf dem Weg zum Kochtopf werden Hummer in Deutschland künftig wohl weniger leiden. Experten der Länder arbeiten an gemeinsamen Richtlinien zur Haltung und Lagerung der Tiere, die im Einzelhandel lebend angeboten werden. Grundlage sind Empfehlungen des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegen.

Demnach müssen «alle Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden». Weiter heißt es in dem Papier: «Das regelmäßig praktizierte Zusammenbinden der Scheren verhindert zwar Kannibalismus, macht aber auch ein artgemäßes Verhalten unmöglich.» Viele Passagen beruhen auf Feststellungen der österreichischen Justiz nach einer Klage von Tierschützern. Auch in Deutschland hatten sie mehrfach Strafanzeigen gestellt. Weil der Hummer kein Wirbeltier ist, gilt für ihn kein klassischer Tierschutz.

Folgt die Länderkommission im Mai den Empfehlungen des Merkblatts aus Bayern, müssten sich Delikatess- und Großhändler umstellen. «Zunächst hat das Merkblatt nur empfehlenden Charakter, es ist ein Anhaltspunkt, mehr aber auch nicht», sagt der Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Roland Schütz. Falls die Kommission beschließen sollte, die Empfehlungen umzusetzen, würden die strengeren Regeln jedoch wohl schnell verbindlich. Viele Aquarien wären dann zu klein.

Empfohlen werden acht Tiere pro 300 Liter Salzwasser - und Sichtschutzbleche. «Dann müssten Händler die Hummer wahrscheinlich in großen Becken, einzeln und ohne zusammengebundene Scheren halten», so Schütz. Entsprechend dürften die Lagerkosten und Ladenpreise für die lebendigen Tiere steigen. Schlecht für Gourmets, gut für die Hummer, die aber bei lebendigem Leib in kochendes Wasser geworfen werden.

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt die Entwicklung als Schritt in die richtige Richtung. «Allerdings sollten Krustentiere wie Hummer gar nicht mehr lebend verkauft oder gehandelt werden», sagt Sprecher Marius Tünte. Es gebe keinen Grund, solche empfindlichen Einzelgänger auf engstem Raum einzusperren, statt ihr Fleisch tiefgefroren zu vertreiben.

Dennoch deutet sich ein Umdenken an. In der Empfehlung aus Bayern werde vor allem «die Biologie und das Schmerzempfinden der Hummer stärker berücksichtigt als bisher», resümiert Amtstierarzt Roland Otto vom Veterinäramt Münster. Seine Behörde hatte sich im vorigen Jahr mit dem Schicksal der Hummer beschäftigt.

Die Tierschutz-Organisation PETA hatte damals Anzeige gegen eine Handelskette wegen «tierschutzwidriger Haltungsbedingungen» erstattet. Weil das Strafgesetzbuch aber nur dann Tierquälerei gegeben sieht, wenn ein Wirbeltier leidet, nahm der Fall den Weg durch die Instanzen. Auch anderenorts häuften sich die Anzeigen.

Die PETA-Leute, die als besonders einsatzfreudig im Kampf für Tierrechte gelten, sehen den Hummer als eine nach wie vor völlig unterschätzte, sensible Kreatur an. «Hummer sind wunderschöne, interessante und empfindsame Tiere, die ihr Leben im Ozean genießen», hat es PETA-Aktivistin Petra Breining einmal in einer Mitteilung ihres Vereins griffig ausgedrückt.

Hummerfreunde wie Breining beschreiben ihre Lieblinge fast wie Menschen: «Einige Hummer sind Linkshänder, andere wieder Rechtshänder. Man hat sie dabei beobachtet, wie sie Hand in Hand gingen, ein alter Hummer einen jungen führte. Sie können jährlich mehr als 150 Kilometer zurücklegen, wenn sie nicht in eine der zahlreichen Hummerfallen geraten.» dpa