Lemonaid-Limonade Der Zucker-Schock

Es sei nicht mehr zeitgemäß, Mindestmengen für Zucker festzulegen, sagte Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg am Donnerstag. Niemand brauche hohe Zuckeranteile in Limonadengetränken.

Lemonaid-Limonade | Zucker-Schock

Ein Fachamt des Hamburger Bezirks Mitte hatte Lemonaid abgemahnt, weil eine Limonadensorte des Szene-Herstellers nicht den vorgeschriebenen Mindestzuckergehalt von sieben Prozent enthalte.

Damit verstoße Lemonaid gegen die Leitsätze für Erfrischungsgetränke. Die Behörde schlug dem Hersteller vor, entweder das Produkt umzubenennen oder den Zuckergehalt heraufzusetzen. Lemonaid lehnte das ab mit dem Hinweis, dass die Limonade seit 2009 unbeanstandet im Handel sei und sich die Bundesregierung für eine Reduzierung von Zucker, Salz und Fett in Fertigprodukten einsetze.

Die Leitsätze für Lebensmittel stehen im Deutschen Lebensmittelbuch und haben keine Gesetzeskraft, aber eine hohe Bindewirkung. In der Lebensmittelbuch-Kommission sind Wirtschaft, Wissenschaft, Verbraucher und Lebensmittelüberwachung gleichberechtigt vertreten. Sie soll für Klarheit und Wahrheit bei Lebensmitteln sorgen und Verbraucher vor Irreführung und Täuschung schützen.

Das Bezirksamt Hamburg berate gegenwärtig über einen Lösungsweg für den Konflikt, sagte eine Sprecherin. dpa

Das update - Amt lenkt ein: Lemonaid darf zuckerarme Limonade weiter verkaufen

Der Hamburger Getränkehersteller Lemonaid darf seine Bio-Zitronen-Limonade weiter mit einem niedrigeren Zuckergehalt von sechs Prozent anbieten. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte werde das Produkt vorerst nicht beanstanden, obwohl die Lebensmittel-Leitsätze für Limonaden einen Zuckergehalt von mindestens sieben Prozent vorsehen, teilte die Gesundheitsbehörde am Donnerstag mit. Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) will sich nun dafür einsetzen, dass die Vorgaben überprüft werden: «Lebensmittel mit wenig Zucker sollten nicht bestraft werden, sondern der Normalfall sein.»

Lemonaid ist seit zehn Jahren auf dem Markt. Das Start-up aus dem Stadtteil St. Pauli will «trinkend die Welt verändern», mischt seine Limonaden aus biologisch angebauten Zutaten und hat mit mehr als drei Millionen Euro Entwicklungsprojekte in Anbauländern gefördert. Dass die Limonade auch weniger Zucker enthält - wurde nun zum Problem. Denn das Amt hatte gefordert, dass der Hersteller sein Szenegetränk entweder umbenennt oder mehr Zucker hinein geben solle.

Der Zucker-Mindestgehalt von sieben Prozent ist in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches über Limonaden festgeschrieben. Das Lebensmittelbuch ist kein Gesetz, aber Akteure halten sich in der Regel daran. Auf den Vorstoß des Amtes reagierte das Unternehmen empört. Schließlich hatte Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) verkündet, sie wolle auf weniger Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln hinarbeiten. Nachdem der Konflikt öffentlich wurde, ging in sozialen Medien Hohn und Spott auf das Bezirksamt nieder.

Allerdings sollen gerade die diversen Mindest- und Höchstmengen im Deutschen Lebensmittelbuch die Verbraucher schützen und verhindern, dass Hersteller von Lebensmitteln unter falscher Flagge segeln. Für mehr als 2000 Lebensmittel ist die Zusammensetzung festgelegt, von Fruchtsäften über Gewürze und Teigwaren bis zu Obst- und Gemüseerzeugnissen. Damit sorgten die Leitsätze für «Klarheit und Wahrheit bei Lebensmitteln», heißt es auf der Internet-Seite der Kommission. Das funktioniert nur, wenn Verstöße auch Folgen haben.

Deshalb ärgern sich etablierte Limonadenhersteller über den Branchenaußenseiter. «Die Rechtslage für die Zulässigkeit der Bezeichnung 'Limonade' gilt seit Jahrzehnten gleichermaßen für alle Unternehmen», sagt Detlef Groß, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke. Es gebe Konzepte wie eine «leichte Limonade», die schon heute weniger Zucker oder Kalorien möglich machten. Der Verband habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Fortschreibung der Leitsätze zeitgemäß und notwendig sei. dpa

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