Luxus-Genuss im Sommer Périgord-Trüffeln aus Down Under

Von Christian Volbracht

Trüffeln auf Omelette, an Pasta oder zum Fisch - die feine Luxusware veredelt etliche Gerichte. Viele verbinden Trüffeln bislang mit Winterabenden und Festessen zu Weihnachten. Kein Wunder: Eigentlich stehen Speisen mit frischen schwarzen Périgord-Trüffeln nur von Dezember bis März auf dem Speiseplan. Aber der kulinarische Kalender ändert sich. Im australischen Winter reifen die schwarzen Knollen von Mai bis Ende August. Noch zögerlich begrüßen Küchenchefs und Feinschmecker die Lieferungen aus dem neuen Trüffelland.

Seit etwa zehn Jahren werden in Westaustralien südlich von Perth Trüffeln geerntet. Die dort angelegten Kulturen mit Trüffelbäumen sind offenbar fruchtbarer als die in Europa. Auf acht Tonnen Trüffeln sei die jährliche Ernte in "Down Under" inzwischen angewachsen, sagt Shane Styles, der Marketing-Verantwortliche der australischen Trüffelfirma Truffle & Wine. "In zehn Jahren wollen wir 20 Tonnen erreichen", meint Styles. Das würde dem Niveau von Frankreich in mäßigen Erntejahren entsprechen.

Trüffeln zu kultivieren, ist eine kniffelige Angelegenheit. Nicht jede Plantage mit Trüffelbäumchen liefert die erhofften Erträge. Die Wurzeln der Bäumchen, meist Hasel oder Eiche, werden vor dem Anpflanzen mit Trüffelsporen "geimpft", damit sich die Symbiose zwischen Pilz und Baumwurzel, die Mykorrhiza, entwickeln kann. Acht bis zehn Jahre muss man dann warten, bis die ersten Fruchtkörper der schwarzen Edeltrüffeln Tuber melanosporum reif sind. Dann riechen sie so stark, dass Trüffelhunde sie aufspüren können.

Obwohl in Frankreich inzwischen Hunderttausende von Bäumchen gepflanzt wurden, sind die Erträge im Mutterland der Périgord-Trüffel zurückgegangen. Die Gründe: Die Vernachlässigung der natürlichen Trüffelwälder seit dem Ersten Weltkrieg und die Umstellung auf moderne Agrarwirtschaft. Dazu kommt der Klimawandel mit immer trockeneren Sommermonaten. Die meisten europäischen Winteredeltrüffeln werden inzwischen in Spanien kultiviert.

Umso überraschender war der Erfolg der Trüffelkulturen in Australien. Mehr als 200 Kilogramm Trüffeln finden Labrador-Hunde auf jedem Hektar der Trüffelplantagen der Firma bei Manjimup im Westen des Kontinents, erzählt Styles. Rund 13 000 Bäumchen pflanzte die Firma und die Flächen werden ständig ausgeweitet. Ein weiteres australisches Trüffelgebiet liegt im Süden Tasmaniens.

Besser als aus dem Périgord: Ralf Bos über australischen WintertrüffelRalf Bos, deutscher Trüffelimporteur aus Meerbusch bei Düsseldorf, lobt die australischen Edelpilze in den höchsten Tönen. Ihm schmecken sie ebenso gut - oder sogar noch besser - als die schwarzen Trüffeln aus Frankreich, Italien oder Spanien. Auch die Preise sind vergleichbar - je nach Erntelage und Qualität kosten schwarze Winteredeltrüffeln zwischen 800 und 1800 Euro pro Kilogramm.

Eine Gaumenprobe der neuen Ernte aus Australien fand in diesem Jahr im Düsseldorfer Sterne-Restaurant "Berens am Kai" statt. Dort streuen die Profis Trüffelspäne mit dem Hobel beispielsweise über Ei mit Spinat und Kichererbsenpüree und servieren sie dann mit Steinbutt, Erbsen und Spargel. Intensiver schmecken die Trüffel in Kombination mit Reh. Einen Kontrast erleben die Gäste bei Schokotrüffeln und Eis aus Banyuls-Wein. Viele Trüffelliebhaber wissen aber, dass die Edelpilze in einfachen Gerichten am besten zur Geltung kommen: Auf geröstetem Graubrot mit etwas Butter und Salz oder in Zubereitungen mit Ei.

Ähnlich wie in Europa ist das Aroma der Trüffeln zu Beginn der Saison auch in Australien noch nicht voll ausgeprägt. Grundsätzlich gilt, dass schwarze Trüffeln ihren vollen Geschmack beim Erhitzen entfalten, anders als die noch teureren weißen Alba-Trüffeln aus Italien, die am besten roh auf Pasta gehobelt werden. Unvergleichlich ist das reine und intensive Aroma, das nichts mit dem viel zu starken Geruch von künstlichem Trüffelöl zu tun hat.

Bos will in diesem Jahr bis zu 500 Kilogramm Trüffeln aus Australien importieren. Aber die Vermarktung in Deutschland ist gar nicht so einfach. "Viele Küchenchefs wollen im Sommer keine Winteredeltrüffeln auf die Karte nehmen", meint Bos. In den Köpfen der Köche handele es sich um so etwas wie fade schmeckende Import-Erdbeeren im Winter.

Aber das sei ganz falsch: "Diese Trüffeln sind keine minderwertige Ware." Auch viele Gäste zögern, im Sommer die Wintertrüffel zu bestellen - zu ungewohnt ist das Angebot an warmen Tagen, zu unsicher die Gäste, was sie erwartet. Änderungen am traditionellen kulinarischen Kalender lassen sich offenbar gar nicht so einfach umsetzen. dpa