Machu Picchu 100 Jahre nach der Entdeckung

Von Franziska Baermann

Hiram Bingham würde seinen Augen nicht trauen, wenn er sehen könnte, wie es heute in Machu Picchu zugeht. Als der amerikanische Archäologe die Inkastadt hoch oben in den Anden am 24. Juli 1911 entdeckte, war sie ein vergessener Ort fernab der Zivilisation. Heute schieben sich täglich Besuchermassen über die Straße zur Inkastadt hinauf, die Bingham 1948 bei seinem letzten Besuch einweihte.

«Es ist sehr, sehr voll und touristisch», sagt Isabelle Schmidt. Direkt neben den Ruinen hätten Händler ihre Verkaufsstände aufgebaut und verkauften Hüte, Ponchos oder Alpaka-Jacken, erzählt die Architekturstudentin aus Weimar. Sie wanderte im vergangenen Jahr nach «Mapi», wie Reisende in Peru die Inkastadt nennen. Denn irgendwie sei der Besuch von Machu Picchu Pflicht, wenn man Südamerika bereist. Die Ruinenstadt bleibt auch 100 Jahre nach ihrer Wiederentdeckung trotz aller massentouristischen Vermarktung für viele ein Mythos.

Der klassische Wanderweg, den auch Isabelle Schmidt wählte, ist der Camino Inca. Seit dem 1. Januar 2011 dürfen nur noch 500 Personen pro Tag die Wanderung auf dem Inka Pfad starten. Dabei wird das gesamte Versorgungsteam eingerechnet: der Guide, die Träger und der einheimische Koch. Auf 10 wandernde Touristen kommen so nochmals 15 Helfer. Auf der gesamten Strecke wird in Zelten geschlafen. Wer keinen Schlafsack dabeihat, kann gegen eine Gebühr einen mieten - Massentourismus hat auch seine Vorteile.

Der Wanderer selbst trägt einen Tagesrucksack mit der wichtigsten Ausrüstung. Dazu gehören neben Hut und Sonnenschutz auch die richtige Kleidung. Im Juli und August kann die Temperatur nachts unter null Grad sinken.

«Man sollte auf jeden Fall Wanderschuhe tragen, die über den Knöchel gehen», rät Isabelle Schmidt. Sonst bekomme man spätestens bei den Pässen in schwindelerregender Höhe Probleme. In der Hauptreisezeit von Juni bis August sollte man die geführte Tour mindestens drei bis fünf Monate im Voraus buchen, empfiehlt Andreas Richter vom Spezialveranstalter Erlebe Peru in Weeze. Vom Dezember bis März sei es regnerisch, aber weniger voll. Im Februar ist der Weg wegen Wartungsarbeiten geschlossen.

Durch die Beschränkung auf 500 Wanderer pro Tag ist der Inka Pfad zwar nicht überlaufen, unberührt ist er aber längst nicht mehr. Die Wanderung dauert vier Tage, am letzten Tag steht Machu Picchu selbst auf dem Plan. «Wem das zu lang ist, der kann auch eine verkürzte Variante wählen, bei der nur zwei Tage gewandert wird», sagt Sandra Wolf, Buchautorin in Lima. Dabei werde nur am ersten Tag gewandert und dann in Aguas Calientes übernachtet, einem Dorf im Urubambatal am Fuße des Berges von Machu Picchu. Von dort fährt ein Bus die etwa acht Kilometer lange Serpentinenstrecke zur Zitadelle Machu Picchu hinauf. Unterwegs kommt man auch zum Sonnentor, das in unmittelbarer Nähe zu den Ruinen von Machu Picchu liegt.

Auf der Tour lohnt es sich, den Wecker auf die frühen Morgenstunden zu stellen. «Wenn man um 4.00 Uhr aufsteht, kann man den ersten Bus um 5.30 Uhr nehmen. Dann ist man rechtzeitig zum Sonnenaufgang oben», sagt Andreas Richter. «Ein traumhaftes Erlebnis, für das allein sich die Reise nach Machu Picchu lohnt».

Wem das alles zu touristisch ist, der hat auch Alternativen zum Inka Pfad: Der Salkantay Trek und der Choquequirao Trek sind noch relativ unbekannt. «Der Choquequirao Trek bietet beeindruckende Ruinenanlagen», sagt Sandra Wolf. Auf beiden Treks ist die Besucherzahl bisher nicht beschränkt.

Und natürlich gibt es in Peru mehr zu sehen als Machu Picchu: Im Norden des Landes ist es nicht die Inka-Kultur, die beeindruckt, sondern prä-inkaische Kulturen wie Moche und Chimú. Die Adobepyramiden, die vom Bergnebelwald verschlungenen Ruinen bei Chachapoyas oder die Bergidylle in Huaraz sind Reiseziele, die noch nicht von Touristen überrannt werden. Wie lange das so bleibt, kann Perukennerin Sandra Wolf nicht einschätzen. Wer sich selbst als Entdecker fühlen will, kann im Urwald Perus Affen, Wasserschweine und andere Tiere in freier Wildbahn erleben, die man sonst nur aus dem Zoo kennt.

Wer nicht auf das obligatorische Machu Picchu verzichten will, sollte einen Reiseveranstalter auswählen, der nicht allzu preiswert ist. Der günstige Reisepreis bedeutet oft Abstriche bei der Nachhaltigkeit, warnt Sandra Wolf: «Die Träger werden schlecht bezahlt und die Ausrüstung ist qualitativ minderwertig.» Grundsätzlich sollte der Veranstalter über die Regeln während der Wanderung informieren. Dazu gehört, keine Pflanzen mitzunehmen und Müll nicht liegen zu lassen.

Alternativ können Reisende mit einheimischen Buslinien aus Lima anreisen. Lokale Busse bieten einen authentischen Einblick in das Leben Perus. Sie fahren allerdings nicht unbedingt regelmäßig, so dass Touristen zwar Geld sparen können, aber mehr Zeit einplanen müssen. Außerdem bieten mittlerweile drei Anbieter Zugfahrten in unterschiedlichen Wagenklassen. «Eine Anfahrt aus Ollantaytambo - dem Heiligen Tal - ist die bequemste Anreisemöglichkeit», sagt Sandra Wolf. Ebenfalls von Ollantaytambo aus fahren Busse nach Santa Teresa ab, von wo aus man nach Machu Picchu wandern kann.

Touristen, denen die berühmte Inkastadt zu hoch oder zu überlaufen ist, können sich als Alternative eine Fotoausstellung zu ihrer Wiederentdeckung ansehen. Das Sumaq Machu Picchu Hotel am Fuß der Berge feiere den 100. Geburtstag mit Fotos von Hiram Bingham, teilt die Tourismuszentrale von Peru mit. Bis Dezember 2011 können Besucher die Aufnahmen des Wissenschaftlers sehen. Gemeinsam mit National Geographic zeigt das Hotel die exklusive Sammlung von Schwarz-Weiß-Fotos, die bei der Ausgrabung in den Jahren 1911 bis 1915 gemacht wurden. dpa