Michelin & Sébastien Bras Die Sterne-Debatte

Von Christian Böhmer

Starkoch Sébastien Bras darf im Michelin-Restaurantführer auf seine drei Sterne verzichten. Das bestätigte Michelin knapp eine Woche vor Erscheinen der Frankreich-Ausgabe 2018. Eine Abgabe der Top-Auszeichnung ist ausgesprochen selten und verursacht stets Debatten. Michelin bezeichnet den Fall sogar als einmalig.

570 Kilometer südlich der Hauptstadt begrüßte der 46-Jährige Spitzenkoch die Entscheidung, wie Sprecher Benjamin Girard sagte. «Der Chef ist sehr zufrieden, das war sein Wunsch.»

Der Gastronom aus Laguiole im Zentralmassiv hatte im vergangenen September mitgeteilt, er wolle wegen des hohen Drucks nicht mehr von der traditionsreichen Feinschmecker-Bibel ausgezeichnet werden. «Drei Sterne - das sind eine Dauer-Anspannung», resümierte er einmal in einem Interview. Auf eine vortreffliche Küche, die die heimische Aubrac-Region mit ihrem berühmten Rindfleisch feiert, werde er aber auch künftig nicht verzichten. Für Bras öffne sich nun ein neues Kapitel, sagte der Sprecher, «ohne diesen Druck».

Nach Eindruck des Guide Michelin ist der Fall von Sébastien Bras beispiellos. Denn andere, die vor ihm freiwillig auf ihre Sterne verzichteten, hätten gleichzeitig das Angebot verändert oder ihr Haus geschlossen. Das sei in Bras' Restaurant Le Suquet im südfranzösischen Département Aveyron nicht der Fall.

2005 hatte der inzwischen gestorbene Alain Senderens im Pariser Feinschmeckertempel «Lucas Carton» auf seine Spitzenauszeichnung verzichtet, war aber weiter mit einem Stern weniger im «guide rouge» geblieben. 2008 schloss dann der «Chef» Olivier Roellinger sein Drei-Sterne-Haus in der Bretagne, unter anderem aus gesundheitlichen Gründen.

Michelin hatte schon im vergangenen Herbst deutlich gemacht, nicht automatisch dem Ansinnen Bras' folgen zu wollen, der in dem Restaurant seinem Vater Michel gefolgt war. Das Haus auf rund 1000 Meter Höhe trägt die drei Sterne seit 1999. «Der Guide ist nicht für Köche gemacht, sondern für Kunden», lautet die Devise der gefürchteten Küchentester. Sie pochen auf ihre Unabhängigkeit - und wollen sich ihre Entscheidungen von keinem vorschreiben lassen.

Das Thema Spitzenküche beschäftigt Frankreich und lässt auch Staatschef Emmanuel Macron nicht kalt. Der 40-Jährige lud im vergangenen Herbst 180 Spitzenköche ein, sprach ihnen demonstrativ Mut zu und lobte sie als Vorbilder für junge Menschen. In Frankreich heißen Spitzenköche «Chef».

Der Alltag der «Chefs» sei von höchsten Anforderungen geprägt, sagte der Präsident, der mit Frau Brigitte gern gut essen geht. Es gebe die Angst, nicht perfekt genug zu sein. Der Staatschef erwähnte explizit den Namen des Kochs François Vatel, der sich im 17. Jahrhundert umbrachte, weil eine Fischlieferung ausblieb. Frankreichs kulinarische Spitzenliga wurde im Jahr 2003 von der Todesnachricht zu Bernard Loiseau erschüttert - der überlastete Starkoch brachte sich um - darüber wird immer noch gesprochen.

Im aktuellen Michelin-Führer für Frankreich und Monaco sind zusammen 27 Gourmettempel mit drei Sternen ausgezeichnet. Unter ihnen ist auch das Restaurant des unlängst im Alter von 91 Jahren gestorbenen Gastronomiepapstes Paul Bocuse. Michelin will seinen neuen Restaurantführer am 5. Februar präsentieren. dpa

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