Minustemperaturen im Weinberg Winzer lesen Eiswein

«Eine gute Handvoll Winzer hat gepokert und die Trauben bis jetzt hängen lassen», sagte Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes, am Montag in Würzburg. Bei Temperaturen bis zu minus elf Grad Celsius hätten sie die gefrorenen Trauben nun von den Weinstöcken geschnitten.

«Die Temperaturen stiegen gegen vier Uhr wieder leicht an. Deshalb mussten wir uns heute Morgen richtig beeilen, aber der Aufwand hat sich gelohnt. Wir sind mit dem Ergebnis zufrieden», sagte Paul Glaser von der Winzergemeinschaft Divino Nordheim am Montag. Gemeinsam mit 18 Helfern hat er etwa 150 Liter Eiswein gepresst. «Grob gerechnet hätten wir daraus im Spätsommer auch etwa 2000 Flaschen guten Silvaner machen können.»

Der Eiswein gilt als Königsdisziplin - für den hochwertigen Wein werden die besten Trauben so lange hängen gelassen, bis es zuverlässig Temperaturen unter sieben Grad Celsius gibt. Weil die Trauben noch gefroren gepresst werden, ist der Zuckergehalt sehr hoch. Gerade für renommierte Weingüter ist der sehr teure Eiswein ein wichtiges Aushängeschild.

Bergsträßer Winzer lesen Eiswein

Bei Minustemperaturen um sieben Grad haben die Bergsträßer Winzer am Montagmorgen Eiswein gelesen. «Das war der krönende Abschluss unserer Saison», sagte der Geschäftsführer der Bergsträßer Winzergenossenschaft in Heppenheim, Otto Guthier. «Wir sind überglücklich.» Es könnten zwischen 150 und 200 Liter der «edelsüßen Spezialität» erwartet werden, Weißburgunder ebenso wie Riesling. Vergangenes Mal hatte es keinen Eiswein an der Bergstraße gegeben, weil die Temperaturen zu mild gewesen waren. 

Eisweinlese im Kaiserstuhl

Bei minus zehn Grad haben Winzer in Südbaden am Montagmorgen Trauben für den Eiswein gelesen. In Vogtsburg im Kaiserstuhl (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) begaben sich die dickeingepackten Helfer kurz nach 7.00 Uhr in die Weinberge. Mit Handschuhen und umgehängten Taschenlampen lasen sie zur Morgendämmerung die Trauben der Sorten Weißburgunder und Ruländer.

«Beim Weißburgunder haben wir ein Mostgewicht von 194 Grad Oechsle erreicht, das war ein krönender Abschluss des Weinjahres 2014», sagte Leopold Laible, Kellermeister des Winzervereins Oberrotweil zufrieden. 320 Liter konnten aus den hartgefrorenen Trauben gepresst werden. Auch in anderen Orten in Südbaden wurde am frühen Morgen Eiswein gelesen. Dieser wird gerne zum Dessert angeboten.

Hintergrund Eiswein

Für einen Eiswein bleiben die Weintrauben bis zum ersten Frost hängen. Nach mindestens zwei Nächten mit weniger als minus sieben Grad Celsius werden die überreifen Trauben gelesen. Da die Trauben sofort nach der Handlese noch im gefrorenen Zustand gekeltert werden, fließt nur ein stark konzentrierter Most von der Presse. Je niedriger die Temperatur, desto höher ist diese Konzentration und damit der Zuckergehalt. Dieses sogenannte Mostgewicht wird in Grad Oechsle angegeben. Mindestens 125 Grad Oechsle muss ein Eiswein haben, das ist gesetzlich vorgeschrieben.

Experten zufolge prägen eine glasklare Frucht, der Geschmack von Eisbonbon, fruchtige Noten und ein Hauch von Honig den Eiswein. Ansonsten dominiere vor allem die hervorstechende Säure.

Von den mehr als 4800 Betrieben in Bayern leisten sich der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) zufolge weniger als ein Prozent diesen Luxus. Die Erträge liegen im geringen dreistelligen Literbereich. Umsatzzahlen für Bayern liegen der LWG nicht vor. Aus Trauben, die 100 Liter Wein ergeben würden, können acht bis zehn Liter Eiswein gewonnen werden. Eine Flasche Eiswein kann zwischen 50 und 100 Euro kosten. dpa