Der ein wenig verstaubt anmutende Name und die Lage im eher für Rentner-Busgruppen als für kulinarische Hotspots bekannten Nikolaiviertel trügen: Das von Hoa Viet Vu geführte Moon Exquisite bietet eine ideenreiche Fusionküche, die sowohl asiatische als auch europäische Einflüsse vereint. Die Kreativität kommt nicht von ungefähr: Der 40-jährige Sachse mit vietnamesischen Wurzeln sieht sich nicht in erster Linie als Koch, sondern als Künstler. Der studierte Tänzer hegte früh eine Leidenschaft für Kulinarik und eröffnete bereits 2018 sein erstes Restaurant in Berlin-Weißensee, das Moon Cuisine. Während er dort mit authentischer vietnamesischer Küche erfolgreich war, traut er sich mit dem neuen Restaurant-Projekt an seine ganz eigene Vision von kreativer Küche.
Hoan Nguyen als Küchenchef
Glück für Vu, dass er für die handwerkliche Umsetzung Hoan Nguyen (30) als Küchenchef gewinnen konnte. Seine Karriere führte ihn durch verschiedene Küchen wie das Grace und das Reinhardts, bevor er sich gemeinsam mit Vu entschloss, eine neue gastronomische Erfahrung zu schaffen: „Wir möchten unseren Gästen nicht nur ein Essen bieten, sondern eine unvergessliche kulinarische Erfahrung“, erklärt Hoa Vu. „Unsere Gerichte erzählen eine Geschichte, die Tradition und Innovation miteinander vereint.“
Yuzu Burrata und Tokyo Style-Lachs
Tatsächlich finden sich auf der Karte die Einflüsse asiatischer Küchen und Aromen, die die beiden durchaus trendy und eigenständig interpretieren. Dabei machen sie auch nicht vor all time-favourites vom Mittelmeer wie etwa einer Burrata Halt, die durch Yuzu, Rauchmandeln und kara-mellisierte Feigen den ganz besonderen Twist erhält. Yuzu toppt auch die Austern, was bei Frankreich-Puristen für Irritation sorgen mag - mir gefiel diese Variante ausgesprochen gut. Bei den Hauptgerichten haben mich besonders die Fischgerichte begeistert, die ebenfalls mit starken Aromen spielen: Der gegrillte Wolfsbarsch "Taiwan Style" wird mit Bimi, grünem Spargel, Süßkartoffelpüree, Knoblauchcreme und Chili-Jam serviert, während das Shimishi-Lachsfilet "Tokyo Style" mit Limettenpüree und einer hausgemachten Orangen-Maracuja-Mousseline frische, süß-saure Zitrusnoten mitbringt.
Modernes Fusion-Vietnam
Spannend auch das Curcuma-Springchicken, ein Gericht, an dem Vu schon lange herumtüftelt. Es bringt mit Misocaramel angenehmes Umami und mit Chimichurri den lateinamerikanischen Touch. Zusammen mutet das sehr modern an und steht für das junge, aufstrebende Vietnam, in dem sich die Kids an Trends aus Japan, Korea und Taiwan orientieren. Angerichtet sind die Gerichte so fantasievoll, wie sich Vu selbst präsentiert: Mit Perlenkette und dunklem Nagellack wirkt er so gar nicht nach Nikolai-Viertel, sondern eher einer hippen Bar in Mitte oder Neukölln entsprungen.
Dry Aged Ente als Signature Dish
Signature Dish ist übrigens laut erste Dry Aged Ente Berlins. Mehr als 60 Enten mussten im Vorfeld daran glauben, bis die Aromentiefe Vus hohen Ansprüchen genügte. Bei mir haben die nackt und grau in einem Reifeschrank hängenden Enten ähnliche Assoziationen wie so manches aufgespießte Getier auf asiatischen Nachtmärkten ausgelöst - der Geschmack überzeugt Entenliebhaber:innen allerdings auf ganzer Linie.
Signature Cocktails und kreative Desserts
Ergänzt wird das kulinarische Angebot durch eine Karte mit selbst entwickelten Cocktails, von denen die alkoholfreien nicht nur vom Preis, sondern auch vom Geschmack her besonders überzeugen. Wie in Asien üblich, empfehle ich, genau zu diesen Cocktails zu greifen: Sie passen hervorragend zu den Speisen, und das viel besser als die gelisteten und mich nicht wirklich überzeugenden Weine. Wer Desserts mag, sollte sich übrigens unbedingt ein Plätzchen im Magen aufsparen. Ich jedenfalls hätte den köstlichen Cheesecake, das hausgemachte Eis und den flüssigen Schokoladenkuchen weniger satt noch besser genießen können.
Ehemals vom Balthasar bespielte Räume
Kulinarik-Kenner:innen der Hauptstadt wird aufgefallen sein, dass sich das Restaurant in den Räumlichkeiten des ehemaligen Balthazar II von Holger Zurbrüggen befindet und auch die Webseite noch auf seiner Domain liegt. Nur ein paar vietnamesische Dekoelemente, die im Obergeschoss auf eine neue Verwendung warten, lassen erkennen, dass hier Vietnamesen eingezogen sind - ansonsten hat Vu das modern-bunte Design seines Vorgängers komplett übernommen. Im Sommer dürfte die Terrasse am Spreeufer ein zusätzlicher Pluspunkt sein und perfekt, um hier einen Mittagslunch oder am Abend einen Cocktail mit einer Auswahl der vielen asiatisch-mediterranen Tapas zu genießen.
Moon Exquisite, Nikolaiviertel, Spreeufer 2, 10178 Berlin
Öffnungszeiten:
Dienstag – Freitag: Küche 12:00 – 22:00 Uhr | Samstag – Sonntag: Küche 12:00 – 22:00 Uhr | Business Lunch: Dienstag – Freitag 12:00 – 15:00 Uhr