Oktoberfest in München gestartet Mit zwei Schlägen im Bierhimmel

Das Oktoberfest in München ist eine eigene Welt - mit spezieller Sprache und eigenen Gebräuchen. Wissen rund um die Wiesn von A bis Z zum 184. Münchner Oktoberfest, das bis zum 3. Oktober dauert:

A wie Anstich: Um Punkt 12.00 Uhr sticht der Münchner Oberbürgermeister am ersten Wiesn-Samstag in der Anzapfboxe im Schottenhamel-Zelt das erste Fass an und ruft: «O'zapft is!» B wie Bier und Brezn: Bilden eine Art Corporate Identity des Festes. Kein Wiesn-Plakat kommt ohne Bilder von Brezn und Bierkrügen aus.

C wie Camping: Ein Hotspot ist während des Festes der Campingplatz in Thalkirchen. Vorzugsweise Australier leben dort in Zelten. In Campern kommen die Italiener, sie parken gern nah am Festgelände.

D wie Dirndl: Gibt es billig rund ums Festgelände. Mit Landhausmode hatte der Trachtenhype begonnen und über untraditionelle Minidirndl zuletzt zu einem etwas gehobeneren Stil geführt. Insider meinen allerdings: Die Pracht der Tracht verblasst langsam wieder.

E wie Essen: Wagenladungen davon werden verzehrt. Mehr als hundert Ochsen, fast 60 Kälber, gut 360 000 Hendl und mehr als 28 Tonnen gebrannte Mandeln verspeisten hungrige Gäste im Jahr 2016.

F wie Flirten: Flirten gehört zur Wiesn wie Brezn, Bier und Blasmusik.

G wie Gspusi: Klappt es mit dem Flirten, hat man - für mindestens einen Abend - ein Gspusi.

H wie Hügel: Im Winter fahren Kinder mit dem Schlitten hinunter, zur Wiesn-Zeit geht es auf dem Hügel hinter den Zelten nicht gerade jugendfrei zu. Paare kommen sich näher, Wiesngäste erleichtern ihre Blase oder ihren Magen, manche schlafen dort ihren Rausch aus. Mit verstärkten Kontrollen ist hier allerdings mehr Ordnung eingekehrt.

I wie Italiener-Wochenende: Das mittlere der drei Wiesn-Wochenenden gilt traditionell als besucherstärkstes - und Zehntausende italienische Gäste tragen ihren Teil dazu bei.

J wie Jubel: Er brandet auf, wenn der Oberbürgermeister das erste Fass angezapft hat und das Bier endlich in Strömen fließt.

K wie Käferzelt: Hier knutschten die Effenbergs, und zum traditionellen Wiesn-Besuch des FC Bayern bringen die Spieler ihre Frauen mit. Das nach der Wirtsfamilie Käfer benannte Zelt am Ende der Bierstraße ist nobel und das Promi-Zelt Nummer eins.

L wie Lebkuchenherz: Spatzl, Mausi oder der schlichte «Gruß vom Oktoberfest» - wer ohne Lebkuchenherz von der Wiesn nach Hause geht, ist selbst schuld.

M wie Maß: Die Maß ist weiblich und sie wird mit kurzem a und scharfem s gesprochen. Wer «ein Maaaß Bier» bestellt, outet sich sofort als Zugroaster. 6,6 Millionen Maß tranken die Gäste 2016.

N wie Noagerl: Der unappetitliche Rest in der Maß heißt Noagerl und teilt die Welt in drei Typen von Trinkern: Die, die auf den letzten Schluck verzichten, die, die ihn trinken, und die, die ihn gleich in die nächste Maß kippen.

O wie Öffnungszeit: Kompliziert. Ab 9.00 Uhr dürfen Gäste aufs Festgelände. Der Bierausschank beginnt an Wochenenden um 9.00, unter der Woche um 10.00 Uhr. Fahrgeschäfte machen um 10 Uhr auf. Schluss mit Musik und Bier ist je nach Zelt zwischen 22.30 Uhr und 0.30 Uhr, bei den Schaustellern endet der Betreib zwischen 23.30 und 24.00 Uhr.

P wie Prosit der Gemütlichkeit: Es ist der Wiesn-Gassenhauer schlechthin. Wenn er ertönt, heißt es: Hoch die Krüge und gsuffa.

Q wie Quiz: Sind Sie fit für die Wiesn? Sprechen Sie Bayerisch? Vor dem Fest kursieren allerlei Fragebögen, wobei das Abschneiden bei den Tests keinerlei Konsequenz für den Wiesnbesuch hat.

R wie Reservierung: Sie ist an sich kostenfrei, die meisten Zelte verlangen aber den Kauf von Verzehrgutscheinen, etwa für zwei Maß Bier und ein Hendl. Im Internet werden Reservierungen aber zu astronomischen Preisen gehandelt, 3000 bis 6000 Euro für einen Zehnertisch kann man loswerden.

S wie Sicherheit: Alljährlich wird das Sicherheitskonzept angepasst. Seit 2016 sind Taschen und Rucksäcke mit mehr als drei Litern Volumen verboten. Das Festgelände ist eingezäunt. Ordner kontrollieren Besucher an den Eingängen. Zu den Neuerungen 2017 zählt eine Lautsprecheranlage, um Gäste bei Alarm besser zu leiten.

T wie Terrorsorgen: Sie erreichten die Wiesn 2009. Das Terrornetzwerk Al Kaida hatte in einem Drohvideo den Haupteingang des Volksfestes gezeigt. Poller und Betonsperren wurden damals als Schutz vor Angriffen mit Autos installiert. Damals allerdings dachte man an Autobomben. Heute gilt die Sorge auch Lastwagen ohne Sprengstoff.

U wie Umsatz: Wer wie viel verdient auf der Wiesn, ist ein großes Geheimnis. Allerdings müssen die Wirte dieses Jahr ihre Umsätze gegenüber der Stadt offenlegen. Denn um die erhöhten Kosten für die Sicherheit zu finanzieren, werden sie mit einer Umsatzpacht zur Kasse gebeten.

V wie Vollrausch: Auch wenn die Verantwortlichen immer wieder den traditionellen Charakter der Wiesn betonen: Für viele ist sie in erster Linie das größte Bierfest der Welt, das entsprechend oft im Vollrausch endet.

W wie Weinzelt: Kaum zu glauben, aber nicht überall auf der Wiesn gibt es Bier aus Maßkrügen. Im Weinzelt trinkt man - wie der Name schon sagt - Wein. Aber nicht aus dem Maßkrug. Außerdem gibt es Weißbier.

X wie xuffa: Nicht die gebräuchlichste Schreibweise. Aber wenn es zur Wiesn wieder heißt «oans, zwoa, drei...», dann kann der bierselige Münchner «gsuffa» rufen oder eben auch «xuffa». Rein grammatikalisch ist «xuffa» (oder «gsuffa») das Partizip Perfekt von «saufen». Faktisch ist es ein Imperativ und fordert auf, die Maß Bier krachend gegen eine andere zu donnern und einen tiefen Schluck zu nehmen.

Y wie Yokohama und Yangon: Die Wiesn ist ein Exportschlager. Sogar in Yangon in Myanmar und in Yokohama in Japan gibt es ein Oktoberfest.

Zapfenstreich: Um 22.30 Uhr ist in den meisten großen Zelten Schluss: Ab dann gibt es kein Bier mehr. Die letzte Stunde verbringen die Ordnungskräfte vor allem damit, Betrunkene aus den Zelten zu treiben. dpa

Bayerisch essen à la carte: Giggerl und Erdäpfel auf der Wiesn

Kohlrouladen, Frikadellen und Klöße - das gehört nun wirklich nicht auf die Speisekarte eines bayerischen Wirtshauses - vielmehr handele es sich bei diesen Speisen um Krautwickerl, Fleischpfanzerl und Knödel, stellt der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte (FBSD) klar. Er wendet sich mit seiner Initiative zur Rettung der bayerischen Schmankerl allerdings nicht an die auswärtigen Gäste, sondern an die Wirte und Küchenchefs. Denn bei denen hat sich auf mancher Speisekarte der norddeutsche Ausdruck eingeschlichen.

Just zum Beginn des Oktoberfests will der Förderverein nun mit einer Initiative Wirtsleute dazu bewegen, ihre Speisekarte sprachlich umzugestalten. Unter anderem auf der «Oidn Wiesn» sind die Vorschläge schon umgesetzt, dort gibt es beispielsweise einen Erdäpfelknödel statt Kartoffelknödel und ein Giggerl statt ein Hähnchen. Ein Schweinebraten heißt in Bayern wiederum korrekt Schweinsbraten - und Ochsenaugen können auch Vegetarier getrost essen: Das sind Spiegeleier.

Das von wirts- und mundartkundigen Kennern erstellte «Speisekarten-ABC für Wirtsleut` und Küchenchefs» stellt nun insgesamt 35 heimatsprachliche und norddeutsche Begriffe für Speisen und Zubereitungsarten gegenüber. Keineswegs solle die Speisekarte vollständig in Mundart übersetzt werden. Aber typisch bayerischen Gerichten und Zubereitungsarten solle der Vorzug gegeben werden vor unnötig importierten Bezeichnungen. «Das täte einem Bayern sonst den Appetit verderben», sagt Vereinsvorstand Horst Münzinger. In Lederhosen und Dirndl gewandete Kellner und Kellnerinnen sowie weiß-blaue Tischdecken reichten nicht für die echte bayerische Wirtshaustradition.

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Wiesn: Jedes Bierzelt ein bisschen anders

Bierzelt ist noch lange nicht gleich Bierzelt: Allein die 14 großen Bierburgen auf dem Münchner Oktoberfest unterscheiden sich deutlich voneinander, dazu kommen die Zelte auf der «Oidn Wiesn». Eine Zeltkunde:

ARMBRUSTSCHÜTZENZELT Das Armbrustschützenzelt stand schon im Jahr 1895 auf dem Oktoberfest, die Boxen und Balkone sind nach heimischen Tieren benannt: Von A wie Adler bis W wie Wildsau. Hier wird die Schützen-Tradition hochgehalten. In einem Anbau gibt es eine 30 Meter lange Schießbahn.

AUGUSTINERBRÄU Im Zelt der ältesten Münchner Brauerei feiern vor allem Münchner sich selbst und die bayerische Gemütlichkeit. Nur hier wird das Bier noch aus traditionellen Holzfässern gezapft, den Hirschen.

BRÄUROSL Das Pschorr-Traditionszelt Bräurosl ist nach der Tochter des früheren Brauereibesitzers Pschorr benannt. Auch dort geht es weitgehend urig und gemütlich zu - mit Ausnahme des ersten Wiesn-Sonntags. Dann feiern hier Tausende Homosexuelle den «GaySunday».

FISCHER VRONI Bei der Fischer Vroni feiern gerne ältere Gäste, aber auch Touristen. In diesem vergleichsweise kleinen Zelt gibt es eine bayerische Spezialität: Steckerlfisch.

HIMMEL DER BAYERN Jugendlich ist das Publikum im Hacker-Festzelt «Himmel der Bayern». Mit seiner weiß-blauen Decke und kleinen Wölkchen gilt es als eines der schönsten Zelte.

HOFBRÄU-ZELT Es ist eines der größten und vermutlich das lauteste Zelt: Im Hofbräu-Zelt treffen sich vor allem Touristen aus aller Welt, die das Bier schon im Hofbräuhaus kennen und lieben gelernt haben. Aus dem Zelt dröhnt schon morgens, bevor die Musik anfängt, Grölen über den Festplatz.

KÄFER-ZELT Nirgendwo geht es exklusiver zu als in Käfer's Wiesnschänke. Die Promi-Dichte ist hoch, im Käfer-Zelt gibt es neben Bier auch Wein und Champagner.

LÖWENBRÄU-FESTHALLE Ein großer Löwe über dem Eingang brüllt «Löööööwenbrääääu» und zieht damit Einheimische und Zugroaste gleichermaßen an. Mit mehr als 8000 Plätzen gehört die Festhalle zu den größeren Zelten.

MARSTALL Wo jahrzehntelang Promis im Hippodrom feierten, steht seit 2014 der Marstall. Vieles ähnelt im Marstall dem Vorgänger: Champagnerbar, Tischdecken und erlesene Speisekarte. Und prominente Gäste.

OCHSENBRATEREI In der Ochsenbraterei geht es zünftig zu. Seinen Namen hat das Zelt von dem großen Ochsen am Spieß, der nicht nur Dekoration über dem Eingang, sondern auch die wichtigste Attraktion im Innern dieses Festzelts ist. Seit fast 130 Jahren werden hier ganze Ochsen am Stück gebraten. Der erste dieses Jahr hieß Bernhard.

SCHOTTENHAMEL Im Schottenhamel wird das größte Volksfest der Welt traditionell eröffnet. In den Tagen nach dem Anstich strömen überwiegend junge, feierfreudige Menschen aus München und Umgebung in das Zelt.

SCHÜTZENFESTZELT Auch im Schützenzelt werden urbayerische Gemütlichkeit und Feierfreude in Ehren gehalten. Zum Löwenbräu-Bier wird die Spezialität des Hauses serviert: in Malzbier gebratenes Spanferkel.

DAS WEINZELT Im Weinzelt liegt der Fokus - wie der Name schon sagt - nicht auf dem Bier. Dort gibt es kein Helles in Maßkrügen, sondern nur Weißbier, Wein und Champagner.

WINZERER FÄHNDL Zur Jubiläums-Wiesn 2010 leistete sich die Paulaner-Brauerei einen kompletten Neubau. Sein Wahrzeichen ist der Turm mit dem sich drehenden Paulaner Maßkrug unterhalb der Bavaria. Das Winzerer Fähndl hat schon längere Zeit eine zentrale Bierversorgung: Eine Ringleitung im Boden garantiert, dass der Bierfluss nicht ins Stocken gerät.

FESTZELT «TRADITION» auf der «Oidn Wiesn» Zünftige Blasmusik und Alt-Münchner Schmankerl: Hier kommen traditionsbewusste Gäste auf ihre Kosten, denen Landhaus-Mode und Mini-Dirndl ein Gräuel sind. Trachtler, Schuhplattler und Goaßlschnalzer sorgen für «griabige» (gemütlich-kernige) Stimmung.

HERZKASPERL-ZELT Dieses etwas kleinere Zelt auf der «Oidn Wiesn» lockt Volkstanzbegeisterte und Fans von moderner Volksmusik: Junge Gruppen, die mit stilübergreifenden Elementen neue Richtungen entwickeln, bieten ein abwechslungsreiches Programm.

ZUR SCHÖNHEITSKÖNIGIN Die Wirtsleute wollen in diesem neuen Zelt die Kultur des Volkssängertums neu beleben, die um die Jahrhundertwende in Wirtshäusern und Bühnen von München, Berlin und Wien lebendig war. Die große Politik diente ebenso als Zielscheibe wie der kleinbürgerliche Alltag. Zu den Protagonisten zählten etwa Weiß Ferdl und Karl Valentin.