Personalmangel in der Gastronomie Köche und Kellner gesucht

Von Andreas Göbel

Die Klagen in der Gastronomie und im Lebensmittelhandwerk über Personalmangel werden lauter. "Bereits jetzt müssen immer wieder Betriebe aufgeben, weil sie kein Personal oder keine Nachfolger finden", sagte Klaus-Dieter Oppel, Landeslehrlingswart der Thüringer Fleischerinnung.

Für viele Unternehmen spitzen sich die Probleme zu, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigt. Besonders in Dörfern und kleinen Städten gibt es Personalengpässe bei Auszubildenden und Fachkräften bis hin zu Meistern und Unternehmern, die Betriebe übernehmen wollen. Zum Teil müssen Wirtsleute schon ihre Angebote einschränken oder Gäste abweisen.

In den nächsten zehn Jahren müsse rund die Hälfte der Firmen einen Nachfolger finden, heißt es vonseiten des Thüringer Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Ob und wie diese Lücken geschlossen werden können, sei unklar. Der Verband fordert eine gezielte Förderung strukturschwacher Regionen. Laut Oppel gibt es vor allem auf dem Land kaum Bewerbungen von Schulabsolventen, voraussichtlich werde sich dies noch weiter verschärfen.

Die Industrie- und Handelskammern (IHK) in Erfurt und Südthüringen verweisen ebenfalls auf den erheblichen Fachkräfte-Engpass in der Gastronomie. In Südthüringen etwa sahen in der Herbst-Konjunkturumfrage 77 Prozent der Gastronomen fehlende Mitarbeiter als Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung an; 60 Prozent der Wirte suchten Personal. Zwei Drittel müssten deswegen ihr Angebot einschränken oder Gäste abweisen, sagte eine Verbandssprecherin.

"Ob Azubis, Facharbeiter oder Unternehmer, die einen Betrieb übernehmen - aktuell mangelt es in Thüringen an allem", sagte Dehoga-Geschäftsführer Dirk Ellinger. Rund 45 Prozent der Inhaber von Gaststätten im Freistaat seien über 55 Jahre alt. Rund die Hälfte der Betriebe werde in den kommenden Jahren den Besitzer wechseln müssen oder vom Markt verschwinden.

"Es wäre schöngeredet, wenn wir sagen würden, dass wir das alles auffangen können", bemerkte Susanne Sturm, Referentin für Gastgewerbe und Tourismus bei der IHK Erfurt. Das Problem werde auch die größeren Städte treffen, die ländlichen Regionen hätten es aber fast immer schwerer. Die Schere zwischen der Städte-Kette entlang der A4 und den Orten in Nord- und Südthüringen werde vermutlich weiter aufgehen.

Erkannt wurden diese Probleme schon vor einiger Zeit, die Rezepte gegenzusteuern sind unterschiedlich. Einig sind sich alle Befragten, dass bei einer besseren Vergütung die Spielräume der Firmen nicht allzu groß sind. Auch flexiblere Arbeitszeiten seien schwierig umzusetzen: "Unsere Hauptarbeitszeiten liegen nun einmal am Abend, an Feiertagen und Wochenenden", erklärte der Dehoga-Geschäftsführer.

Der Verband sieht daher eine Chance, ausländische Arbeitskräfte zu gewinnen. "Die Not ist schon jetzt groß, wir müssen neue Wege gehen." Vor allem mit Arbeitskräften aus Vietnam hätten viele Betriebe gute Erfahrungen gemacht, aber auch mit einer Klasse mit Flüchtlingen aus Marokko.

In Bereichen wie dem Fleischerhandwerk müsse zudem mit Vorurteilen aufgeräumt werden. "Der Beruf des Fleischers hat sich grundlegend gewandelt. Heute ist er vor allem ein Feld für Ideen und für Leute mit Spaß an der Veredelung von Lebensmitteln. Und wer gut arbeitet, verdient hier auch gutes Geld", sagte Oppel. Die Handwerkskammer Südthüringen sieht zudem eine kleine Trendwende: Für viele Jugendliche werde es immer wichtiger, zunächst eine Ausbildung zu machen und danach zu studieren.

Bei der Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen gaben die Betriebe zudem an, verstärkt ältere Arbeitnehmer einzustellen und mehr Nachwuchs ausbilden zu wollen. Die IHK Erfurt sieht die Politiker in der Pflicht. So habe etwa das "Tourismus-Budget", das vor zwei Jahren zum bisher letzten Mal an die Region Hainich ausgegeben wurde, für viele positive Effekte gesorgt. "So etwas sollte wieder aufgelegt werden", sagte IHK-Referentin Sturm.

Und letztlich gebe es auch in der Gastronomie immer wieder große Unternehmen, die sich im Freistaat ansiedelten - zuletzt mit einem großen Hotelbetrieb in Bad Langensalza. "So etwas hat positive Auswirkungen auf viele andere Betriebe", betonte Dehoga-Geschäftsführer Ellinger. "Leider ist oft noch zu wenig bekannt, welche Schätze wir hier in Thüringen haben." dpa

Berliner Gastronomen befürchten Fachkräftemangel

Von David Schwarz

Der Boom hält an: Die Berliner Gastronomie hat nach Verbandsangaben rosige Zukunftsaussichten. Sorgen bereitet allerdings fehlender Nachwuchs beim Fachpersonal. Die Gewerkschaften kennen und nennen Gründe.

Die Berliner Gastronomie legt weiter zu, allerdings haben die Betriebe immer größere Probleme, geeignetes Fachpersonal zu finden, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Diese Probleme könnten sich dank guter Wachstumsaussichten und sinkender Ausbildungszahlen in den kommenden Jahren noch verschärfen.

Um Engpässen entgegenzuwirken, setzen die Unternehmen nach eigenen Angaben auf verbesserte Arbeitsbedingungen, Quereinsteiger und das Anwerben ausländischer Fachkräfte. Bei diesen Bemühungen gibt es aber aus Gewerkschaftssicht noch viel Luft nach oben.

Die Zahl der Beschäftigten in der Branche sei in den vergangenen fünf Jahren um fast 50 Prozent gestiegen, sagte Claudia Engfeld von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK). Bisher sei die Besetzung der Stellen eher reibungslos verlaufen, das Fachkräftepotenzial sei jedoch nahezu ausgeschöpft. Immer häufiger griffen Betriebe auf Quereinsteiger zurück, die angelernt würden. Momentan gibt es rund 55 000 Beschäftigte in dem Berufsfeld.

Gerade bei Servicekräften und Köchen sei die Situation jetzt schon dramatisch, berichtete Kathrin Pabst vom Hotel- und Gaststättenverband Berlin (Dehoga). "Da braucht man im Schnitt drei Monate, um eine Stelle zu besetzen."

Während der Personalbedarf stetig wächst, sinken seit Jahren die Ausbildungszahlen. Im Jahr 2010 gab es beispielsweise in Berlin nach Angaben der IHK noch 1759 Auszubildende, die Koch oder Köchin werden wollten; 2016 waren es nur noch 1021. Im gesamten Hotel- und Gaststättengewerbe ging die Zahl der Azubis in diesem Zeitraum um fast 2000 auf 3557 zurück. Im August standen in Berlin 226 unbesetzte Ausbildungsplätze in der Gastronomiebranche zu Buche.

Dafür machte Pabst unter anderem rückläufige Schülerzahlen, eine zunehmende Studienorientierung und die Imageprobleme der Branche verantwortlich. An den Arbeitszeiten, die unter Umständen Bewerber abschrecken könnten, könne man nichts ändern. "Die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen sind längst nicht mehr so schlecht, wie häufig proklamiert wird." Die Branche biete Arbeitnehmern gute Zukunftsperpektiven.

Immer mehr Unternehmen räumen laut Pabst ihren Angestellten mehr Mitsprache bei den Dienstplänen ein, um die Work-Life-Balance zu verbessern. Als gutes Beispiel nannte sie die Veränderungen für die Angestellten im Hotel Estrel in Berlin-Neukölln. Dort habe man auch für das Gastronomie-Personal eine reguläre Fünf-Tage-Woche eingeführt, die Auszahlung von Zuschüssen ausgebaut und den Dienstplan flexibilisiert.

Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sieht indes nach wie vor erheblichen Nachholfbedarf in der Branche. Der Mangel an geeignetem Fachpersonal sei zwar in Berlin geringer als im Rest der Republik, doch auch er bezeichnete den Rückgang der Ausbildungszahlen als dramatisch.

Trotz aller Entgeltzuwächse in den vergangenen Jahren seien die Vergütungen von Auszubildenden und Hilfskräften zu gering. Obendrein richteten sich viele Unternehmen nicht nach den Tarifverträgen. Nach wie vor werde auch versucht, den Mindestlohn zu umgehen oder bei der Abrechnung der Arbeitszeit zu tricksen, kritisierte Riesner. "Nur eine grundlegende strukturelle Veränderung der Arbeitsbedingungen kann die Attraktivität des Hotel- und Gaststättengewerbes für Arbeitnehmer wieder erhöhen."

Unterdessen greifen die Betriebe immer häufiger auf ausländisches Personal, darunter Flüchtlinge, zurück. "Das ist generell kein Problem", bemerkte Riesner dazu. "Die Branche ist international". Man könne aber über diesen Weg allein kaum den Arbeitskräftemangel decken. Die Gastronomie biete einen einfachen Einstieg in den Arbeitsmarkt, allerdings müssten gerade auch Flüchtlinge und andere ausländische Arbeitskräfte vor Ausbeutung geschützt werden. dpa