Von Sabine Glaubitz
Er füllt den riesigen Palast des Volkes in Peking, geht über den roten Teppich und wird von den höchsten Amtsträgern empfangen. In China werde er wie ein König behandelt, sagte Richard Clayderman in einem Interview. Der französische Pianist, der mit dem Candlelight-Song «Ballade pour Adeline» weltberühmt wurde, feierte seinen 65. Geburtstag - im westchinesischen Chongqing auf der Bühne des spektakulären Grand Theater.
Seine Musik werde in China in den Klavierschulen unterrichtet, erzählte er der französischen Tageszeitung «Le Parisien». Was die Chinesen an seiner Musik finden? Sie sei vom ersten Anhören an leicht verständlich, schön und reich an Emotionen, meint Du Jian, sein chinesischer Manager. Außerdem gefalle sein «Gentleman-Image»: blonde Haare und blaue Augen.
Mit dem 1976 veröffentlichten Schmuselied «Ballade pour Adeline» wurde Clayderman schlagartig reich und berühmt. Seitdem spielt und interpretiert er Hits der Gefühle wie «Don't cry for me Argentina», «How deep is your love» und «Yesterday». Nach Angaben auf seiner Webseite hat er rund 90 Millionen Tonträger weltweit verkauft.
Claydermans Romantik ist zeitlos und geht dem Publikum ans Herz. Er gilt als «Prinz der Romantik», seit ihm die Ex-Präsidentenfrau Nancy Reagan Mitte der 80er-Jahre diesen Namen gegeben hat. Daran stört sich der Musiker nicht. Auch nicht an der Kritik der Fachpresse, die seine Musik gelegentlich als seichte Pop-Unterhaltung abwertete. Der Stil entspreche seiner Persönlichkeit, meinte er nur. Und: «Ich schenke den Menschen schöne Musik. Warum soll ich mich dafür schämen?»
Ein Prophet gilt nichts im eigenen Land, lautet ein Sprichwort, das heute auf Clayderman zutrifft. Mitte der 70er-Jahre füllte er die Pariser Musiksäle. Doch seit mehr als 30 Jahren gab er in seinem Heimatland kein großes Konzert mehr. Manche glaubten dort sogar, er spiele nicht mehr, sagte er. Er habe noch immer Fans, aber die kämen nach Belgien, um ihn zu sehen.
Eine Erklärung dafür, warum er in Frankreich außer Mode ist, hat er auch. Den französischen Medien gefalle nicht, was populär ist, sie seien zu elitär, meint Clayderman. Aber vielleicht war es ein Stück weit auch seine Schuld. Er habe Ende der 80er Jahre Frankreich vernachlässigt und auf die zahlreichen Anfragen aus Japan, Südostasien und Lateinamerika geantwortet, zitiert ihn die französische Wochenzeitung «L'Obs». Im Juni 2018 trat er erstmals im Iran auf.
Die Musik von Clayderman, der in Paris als Philippe Robert Louis Pagès geboren wurde, ist so diskret wie sein Privatleben. Die Bekanntgabe der Trennung von seiner zweiten Frau Christine verlief im Stillen, und die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin, der Geigerin Typhaine Pautrel, vor rund acht Jahren fand klammheimlich statt. dpa