Von Eva Tasche
Das Geschäft mit den schönsten Wochen des Jahres läuft auf vollen Touren. Die Reiseunternehmen melden kräftige Zuwächse bei den Buchungen für den Sommer - die Wirtschaftskrise, die Verunsicherung und Zurückhaltung der Urlauber sei vorbei. Die gute Konjunktur beflügelt das Fernweh. So berichteten es die großen Reisekonzerne in den vergangenen Tagen.
«Die Deutschen werden ihrem Ruf als Reiseweltmeister erneut gerecht», freut sich der Chef von Branchenprimus Tui, Volker Böttcher. Alles eitel Sonnenschein also? Nicht ganz. Für die Flucht aus dem grauen kalten Wetter in wärmere Gefilde müssen Urlauber ab dem nächsten Winter tiefer in die Tasche greifen - obwohl der Preisdruck in der Branche nach wie vor immens ist. Und die Reisegewohnheiten ändern sich.
Bei Tui steigen die Preise ans Mittelmeer um durchschnittlich zwei Prozent, bei Fernreisen um vier Prozent. Bei Thomas Cook mit der Hauptmarke Neckermann sind es bei Fernflügen durchschnittlich fünf Prozent. Und die Nummer drei der Branche, Rewe mit Jahn-Reisen, ITS und Tjaereborg, hebt die Preise um durchschnittlich 2,5 Prozent an.
Die höheren Kosten für Kerosin, Lebensmittel und Energie machten den Preisanstieg unausweichlich, heißt es. Rewe-Chef Sören Hartmann meint, wegen der Ölpreise würden Flugreisen auch längerfristig immer kostspieliger. Pauschalreiseanbieter trifft das ins Kerngeschäft - die Ferienreise an die sonnigen Mittelmeerstrände. Gleichzeitig verteuert die Luftverkehrsabgabe solche Reisen - ein anhaltendes Ärgernis für die Touristikindustrie. Im Winter schlage die Abgabe erstmals voll durch, sagt Thomas Cook-Chef Peter Fankhauser.
Die Folgen der Ticketsteuer seien bereits spürbar, sie bremse das Geschäft, ihre Einführung bleibe eine politische Fehlentscheidung, heißt es bei den Reiseunternehmen. Außerdem zeichne sich bereits ab, dass sie nicht die erhoffte Wirkung haben werde, sagt Böttcher. Er ist überzeugt, dass die Branche insgesamt stärker wachsen könnte, wenn dieser «Fehler» korrigiert würde.
Lieblingsziele der Deutschen bleiben in diesem Sommer Spanien, vor allem Mallorca, die Türkei, aber auch heimische Gefilde stehen weit oben. Griechenland hält sich trotz Schuldenkrise und Demonstrationen gut in der Gunst der Urlauber und verzeichnet mit Rückenwind aus Nordafrika noch Zuwachsraten. Von den Einbrüchen in Ägypten und Tunesien profitiert auch Bulgarien als preiswertes Sonnenziel für kleinere Budgets.
Zugleich haben sich aber auch die Reisegewohnheiten gewandelt. «Wir müssen neu denken», sagt Rewe-Chef Hartmann. Dabei stellen die Manager eine wachsende Zweiteilung fest: Für viele Gäste ist der Preis entscheidend. Auf der anderen Seite gibt es eine steigende Nachfrage nach besonderen Reisen - die Lage direkt am Strand, die Wellness-Oase oder das Gourmetangebot sind dabei wichtiger. Je eher die Kunden ihre individuellen Wünsche erfüllt sehen, desto eher seien sie auch bereit, dafür mehr Geld auszugeben.
Nicht nur Marktführer Tui, der schon länger auf kaufkräftigere Kundschaft setzt, auch die anderen Unternehmen haben die anspruchsvolleren Gäste verstärkt in den Blick genommen. «Unverwechselbar» - das wollen sie alle sein. Tui und Thomas Cook haben daher angekündigt, ihre exklusiven Hotelangebote um weitere Häuser zu erweitern. Und auch Rewe-Touristik legt jetzt ein Programm mit eigenen exklusiven Hotels auf.
In den Konzernzentralen heißt es derweil: Kosten sparen und Margen stärken. Fankhauser sagt, statt Rekord-Gästezahlen wolle er lieber Rekorde bei der Profitabilität. Die Rewe Touristik befindet sich im Umbauprozess. Und auch bei Tui steht eine Umstrukturierung ins Haus. Künftig soll das Geschäft in zwei Teile fallen - die preisgünstigen Reisen für Pfennigfuchser und die Exklusivangebote andererseits. Und dabei dürften auch Jobs in der Zentrale in Hannover wegfallen. dpa