Trotz scharfer Proteste aus Bayern steht in Österreich eine Ausweitung der Fahrverbote bevor. Nach Tirol hat auch das Bundesland Salzburg Wochenend-Fahrverbote angekündigt, um den ausufernden Schleichverkehr auf den Nebenstraßen einzudämmen. Nun will sich die Bundesregierung in Berlin deeskalierend in den Streit einschalten.
Vom 13. Juli bis 18. August werden jeweils samstags und sonntags von 6.00 bis 20.00 Uhr alle Abfahrten der Tauernautobahn (A10) gesperrt. Abfahren dürfen dann nur Anrainer oder Gäste, die in der Umgebung ihre Unterkunft gebucht haben. Die Maßnahme soll zwischen Puch-Urstein bei Hallein und Sankt Michael im Lungau umgesetzt werden. Eine entsprechende Verordnung werde bis Samstag erlassen, hieß es aus dem Büro des Salzburger Landesrates Stefan Schnöll.
Auch der Tiroler Landeschef Günther Platter (ÖVP) kündigte eine weitere Einschränkung des Verkehrs an. Platter plane ein automatisiertes System für Güter- und Personenverkehr, sagte er der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Zum Einsatz kommen soll das System zunächst für den Lkw-Verkehr am Grenzübergang bei Kufstein. Falls es auf der Inntalautobahn zu einer ernsten Staulage komme, werde es für den Schwerverkehr Geschwindigkeitsreduktionen geben, die bis zum Stillstand reichen könnten, sagte Platter. Das System werde derzeit mit dem Autobahnbetreiber Asfinag aufgesetzt.
Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) reagierte zurückhaltend: «Mit uns abgesprochen ist das nicht. Wir werden weiterhin die Gespräche mit Salzburg und Tirol suchen.»
Den Dialog will auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorantreiben. Er lud Platter sowie den österreichischen Verkehrsminister Andreas Reichhardt nach Berlin ein, wie der «Münchner Merkur» (Donnerstag) berichtete. «Überzogene Forderungen, tägliche Zuspitzungen und mediale Überbietung bringen uns nicht weiter», sagte Scheuer. Er wolle «die Hitze aus der Diskussion nehmen». Wenn es mit Blockaden und Fahrverboten so weiter gehe, breche der Tourismus, der Handel und die Logistik ein, warnte er.
Das Treffen wäre Ende Juli möglich. Die bayerischen Schulferien, mit denen der Verkehr auf den Straßen in Richtung Süden noch einmal zunehmen dürfte, beginnen am 29. Juli.
Die bayerische Wirtschaft legte scharfen Protest gegen die Pläne in Österreich ein: «Die ständig weiter verschärften Verkehrsbeschränkungen (...) gehen massiv zulasten des Wirtschaftsverkehrs, sind nicht verhältnismäßig und vollkommen inakzeptabel», kritisierte Bertram Brossardt, der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. «Kirchturmdenken hilft der Umwelt überhaupt nicht: Was vielleicht auf bestimmten Strecken in Tirol an Emissionen verhindert wird, das entsteht dann anderswo auf Umwegstrecken und in Staus.»
Die Regierung Bayerns hat mehrfach gegen die in Tirol verhängten Wochenendfahrverbote auf Schleichwegen und die Blockabfertigung von Lkw an der Grenze protestiert. Platter machte in dem APA-Interview deutlich, dass er nicht nachgeben will. «Je nach Verkehrsanfall» will der Tiroler Landeshauptmann (Regierungschef) Fahrverbote und Lkw-Blockabfertigung ausweiten. «Wir brauchen konkrete Gespräche über eine Reduktion des Transitverkehrs. Alles andere ist sinnlos», sagte Platter. «Bevor die Brennerstrecke für Lkw nicht unattraktiver wird und es zu einer signifikanten Reduktion des Umwegtransits kommt, wird es kein Nachgeben bei den Fahrverboten im niederrangigen Straßennetz und bei den Blockabfertigungen geben.»
Allzu große Probleme im Reiseverkehr verursachten die Fahrverbote in Tirol bisher nicht. Tirol und nun auch Salzburg rechtfertigen die Aktionen als Schutzmaßnahmen für die örtliche Bevölkerung vor Umweltverschmutzung und Verkehrschaos.
Auch Italien kritisiert die Parxis im Nachbarland als nicht europarechtskonform. Die EU-Kommission bewertete die Blockabfertigungen unlängst als «unverhältnismäßig», weil der freie Warenverkehr durch die häufige und systematische Anwendung zum Erliegen komme. Eine Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit der Fahrverbote steht noch aus. dpa