Stuttgart zwischen Ballett und Picasso

Von Detlef Berg

Lange galt Stuttgart als Provinz - doch das ist Vergangenheit. Rund 2,5 Millionen Menschen leben im Großraum der Landeshauptstadt. Die schwäbische Metropole ist jünger, moderner und schnelllebiger geworden und bleibt dabei wohltuend überschaubar. Auch das kulturelle Angebot der Stadt muss sich nicht verstecken.

«Denken Sie nur an das Stuttgarter Ballett, eines der erfolgreichsten und angesehensten Ensembles der Welt», sagt Viktoria Waltl, die seit vielen Jahren Besucher durch ihre Heimatstadt führt. Erst vor Kurzem hat die Compagnie ihr 50-jähriges Bestehen mit drei Festwochen im Opernhaus und im Kammertheater gefeiert. Und gefeiert wurden dabei auch viele Choreographen und Werke, die dem Ballett sein Profil gaben, und die prägenden Einflüsse, die die Compagnie seit 50 Jahren auf die Ballettwelt ausübt.

Das Stuttgarter Ballettwunder hat mit der Ernennung John Crankos zum Ballettdirektor im Jahre 1961 begonnen. Auch nach dessen Ära hat die Compagnie ihr Niveau halten und sogar ausbauen können. Ebenfalls mehrfach ausgezeichnet und international erfolgreich ist die Stuttgarter Staatsoper. Glanzvolle Bühne für die Ballett- und Opernaufführungen ist das Opernhaus, einst als Königliches Hoftheater errichtet und am Eckensee im Oberen Schlossgarten gelegen.

Einen starken optischen Kontrast bildet die benachbarte Spielstätte des Schauspiels, das Kleine Haus. Der sachlich-funktionale Theaterneubau von 1961 wird gerade saniert und zum Beginn der Spielzeit 2011/12 wiedereröffnet. Außerdem locken das Friedrichsbau Variete, die Musicalhäuser Apollo und Palladium und rund 40 Theater.

Mittelpunkt der Stuttgarter Museenlandschaft ist die Staatsgalerie. «Die drei Gebäudeteile stehen für die Museumsarchitektur aus den verschiedenen Jahrhunderten», erklärt Waltl. «Der älteste Teil wurde unter König Wilhelm I. von Württemberg erbaut und zählt damit zu den ältesten Museumsbauten in Deutschland.» Seit 1984 wird der Altbau durch die Neue Staatsgalerie ergänzt, einem Blickfang aus Travertin, Sandstein und grünen Fensterstreben, entworfen von James Stirling.

Der Bau mit seinem Formenreichtum und poppigen Farben hat damals die Gemüter erregt. «Heute ist das Bauwerk hochgerühmt und zieht viele Besucher an», erzählt Viktoria Waltl. «Einen halben Tag sollten Sie für den Museumkomplex schon einplanen - schließlich sind bedeutende Werke der europäischen Kunst vom 14. bis zum 19. Jahrhundert zu bestaunen.» Dazu kommen die größte Picasso-Sammlung Deutschlands und zahlreiche Meisterwerke der Klassischen Moderne: Beckmann, Klee & Co.

Sonderausstellungen ergänzen die Palette: Bis 3. Juli wird mit John Constable ein Maler der Natur präsentiert. Die Ausstellung «Kollwitz - Beckmann - Dix - Grosz. Kriegszeit» ist vom 30. April bis zum 7. August zu sehen.

Die Kessellage mit den grünen Hängen ringsum macht Stuttgart überschaubar. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Museen konzentrieren sich im Zentrum, und so sind es von der «Kulturmeile» bis zum Schlossplatz nur wenige Fußminuten. «Hier schlägt das Herz unserer Stadt, und mit den ersten kräftigen Sonnenstrahlen im Frühjahr wird es auch richtig lebendig», sagt Waltl. Dann blühen Blumen, und es plätschern Springbrunnen. Auf dem Rasen lagern Jung und Alt, und immer gibt's irgendwo Livemusik.

Klassik trifft Moderne - so könnte man das Ensemble der Gebäude nennen, die den Platz mit der Jubiläumssäule umstehen - da sind historische Bauten wie das Neue Schloss mit seinen barocken Verzierungen und der einem griechischen Tempel nachempfundene Königsbau, der heute mit seinen eleganten Passagen zum Einkaufen lockt. Das Kunstgebäude mit dem goldenen Hirschen auf der Kuppel und dem Café Künstlerbund gehört ebenso zum Platz wie der jüngste Zugang, der kristallene Würfel des Kunstmuseums.

Um einen steinernen Kubus aus Jurakalk haben die Architekten eine Hülle aus Glas gelegt. Zwischen dem «Kern» und Glas liegen die Wege zu den Räumen, in denen die Wechselausstellungen untergebracht sind. Die ständige Sammlung befindet sich in den ehemaligen Tunnelröhren unter dem Platz. Zu sehen sind moderne und zeitgenössische Kunst, dazu die weltweit bedeutendste Sammlung mit Werken von Otto Dix.

Eindrucksvoll ist auch der Ausblick vom Museumsrestaurant «Cube» im obersten Stockwerk des Würfels. Und nachts, wenn der Glaskubus den steinernen Würfel in seinem Inneren zum Leuchten bringt, wird der «Würfele» selbst zum Kunstwerk. Ein Lichtkunst-Objekt in der Eingangsebene verstärkt noch den schönen Schein. dpa

Informationen: Tourist Information, Königstraße 1a, 70173 Stuttgart, Tel: 0711/222 82 53, stuttgart-tourist.de