Tomi Ungerer war ein wilder Geselle Der Tomi ist frei von prüden Gedanken

«Ich war fasziniert mit welcher Sicherheit und Schnelligkeit jeder Pinselstrich saß. Das war schon genial», sagte die 83-jährige Schriftstellerin der Deutschen Presse-Agentur in ihrer Heimatstadt Weinheim im Rhein-Neckar-Kreis.

Noll sagte, sie erinnere sich gerne an die Begegnungen mit Ungerer, darunter die erste 1991 bei der Frankfurter Buchmesse. Er habe sie aus einem Interview heraus nicht mit ihrem Namen, sondern als «mein Hühnchen» zu sich gerufen. Damit habe der Autor zahlreicher Kinderbücher auf Nolls ersten Roman «Der Hahn ist tot» angespielt.

Diesen habe Ungerer begeistert kommentiert, auch weil er zum Teil im Elsass spielt, seiner Heimat. Daraufhin habe er gemeinsam mit ihr das Lied «Die Gedanken sind frei» zum Besten gegeben. «Er war ein wilder Geselle und hat gemacht, was er wollte.»

In Erinnerung an den gemeinsamen Gesang habe sie das Lied für Ungerer zum 80. Geburtstag umgedichtet: «Der Tomi ist frei/von prüden Gedanken. Und fromme Heuchelei/ die bringt er ins Wanken.» Er wiederum habe ihr zum 75. Geburtstag eine Zeichnung gewidmet, auf der sie wild eine Schreibmaschine betätigt, neben sich eine Knochenvase und hinter sich den Tod, der ihr diktiert. Noll sagte, er habe ihr damit wohl sagen wollen: «Halt dich mal ran - du bist auch nicht mehr die Jüngste.»

Der französische Zeichner war vergangene Woche im Alter von 87 Jahren gestorben. Im Jahr 2002 erhielten Noll und Ungerer die «Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg» vom damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) verliehen. dpa