Touristenboom aus China

Von Christian Ebner und Andreas Landwehr

Deutschland zieht in diesem Jahr deutlich mehr Touristen und Geschäftsreisende aus dem Ausland an. Für weit überdurchschnittliche Zuwachsraten sorgen dabei die Gäste aus China, deren Zahl sich in den ersten sieben Monaten des Jahres um 31,1 Prozent auf 341 000 gesteigert hat, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden berichtete. Sie lagen damit deutlich über dem Gesamtzuwachs von 7,2 Prozent auf 16 Millionen Ankünfte ausländischer Touristen in Deutschland.

Die größte Gruppe der Deutschlandbesucher blieben die Niederländer (2,3 Mio, +2,9 Prozent) vor den Schweizern (1,26 Mio, +13,1 Prozent) und den US-Amerikanern (1,25 Mio., +1,3 Prozent). Einen geringen Rückgang (-0,8 Prozent) gab es allein bei den Reisenden aus Schweden, von denen 496 000 in den Beherbergungsbetrieben oder Campingplätzen ankamen. In der nach Herkunftsländern gegliederten Auswertung lag China inklusive Hongkong auf dem 14. Rang vor Japan oder Norwegen. Jeder 50. ausländische Tourist kam damit aus dem Reich der Mitte.

«China boomt als Quellmarkt für den Deutschlandtourismus», sagte Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstandes der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) in Frankfurt. «Für Chinesen ist Deutschland Teil einer Europarundreise. Sie verbringen im Schnitt ein bis zwei Nächte in Deutschland und geben durchschnittlich 320 Euro pro Tag aus.» Damit sei der deutsche Markt führend in Europa.

Die Zahl der Übernachtungen von chinesischen Gästen habe sich seit 2001 auf rund eine Million verdoppelt und werde sich bis 2020 noch einmal verdoppeln. Ein Drittel der Reisen gingen auf das Konto von Geschäftsreisenden, so die DZT, die im kommenden Jahr verstärkt um chinesische Geschäftsreisende werben will.

Chinesische Touristen gelten als besonders konsumfreudig. Beliebt sind hierzulande unter anderem Schneidwaren, hochwertige Marken-Bekleidung und Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald. Hauptziel der ausländischen Gäste bleibt die deutsche Hauptstadt Berlin. Am seltensten reisen sie nach Mecklenburg-Vorpommern.

Der wirtschaftliche Aufschwung macht Auslandreisen für eine wachsende Zahl von Chinesen erschwinglich. 32 Millionen haben in der ersten Jahreshälfte eine solche Reise unternommen, wie die Statistik der Pacific Asia Travel Association (PATA) ausweist.

Die Hauptreiseziele der Festlands-Chinesen liegen allerdings sämtlich in Asien: Mit weitem Abstand liebstes Ziel in der ersten Jahreshälfte ist Hongkong mit 12,7 Millionen Gästen aus der Volksrepublik vor dem Spielerparadies Macao (7,5 Mio), Japan (0,92 Mio) und Thailand (0,8 Mio). Dort sorgen sich die Offiziellen zunehmend um das Ausufern des Billigtourismus mit chinesischen Gruppen. Dia Malayen wollen gleich gezielt die kleine Gruppe ansprechen, die in Fünf-Sterne-Häusern nächtigt und viel Geld beim einkaufen unter die Leute bringt. Die Philippinen haben hingegen als bevorzugtes Ziel für Flitterwochen eine Nische gefunden.

Die Kaufkraft der Ferntouristen beeindruckt unter anderem in Australien, wo die Chinesen zwar nur die viertstärkste Touristengruppe stellen, aber für den größten Umsatz sorgen. Noch 2003 waren sie unter den ersten 10 Herkunftsnationen gar nicht vertreten. Ähnlich sieht es in Neuseeland aus, wo das Wirtschaftsministerium für das kommende Jahr mehr Umsatz mit Gästen aus China erwartet als mit denen aus Großbritannien oder den USA. dpa