Trend Sharing-Economy Das geteilte Wohnmobil

Von Irena Güttel

Thomas Pieczka liebt alte Bullis. Er liebt es, an ihnen herumzuschrauben. Doch vor allem liebt er es, mit einem Bulli in den Urlaub zu fahren. "Das ist genau die Art, wie ich reisen möchte - frei und spontan." Eine Leidenschaft, die der 36-jährige Bremer mit vielen Menschen teilt: Seine drei Bullis "Jupp", "Klaus" und "Shrek" kann man übers Internet mieten. Eigentlich wollte er damit nur einen Teil seiner Kosten wieder reinbringen. Doch dann stellte er fest: Das lohnt sich. Und Pieczka ist damit nicht allein.

Die Sharing-Economy hat nach Autos und Ferienunterkünften nun auch die Campingfahrzeuge erreicht. Die Zahl der Wohnmobile steigt nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) seit Jahren. Fast 500.000 besitzen die Deutschen. Mehrere Zehntausend Euro muss man auf den Tisch legen, wenn man so eine rollende Herberge neu kauft.

Weil man so viel mit ihnen erlebt, bauen die Besitzer oft eine innige Beziehung zu ihren Wohnmobilen auf, nennen sie liebevoll Womo oder geben ihnen sogar Namen - wie Thomas Pieczka. Trotzdem stehen Camper die meiste Zeit im Jahr ungenutzt herum. Die Alternative: Mieten. Bei Händlern ging das schon immer. Neu ist, dass immer mehr private Besitzer ihre Campingbusse, Womos und Wohnwagen gegen Geld verleihen.

Pieczka hat seine Bullis dafür zum Beispiel bei der Vermittlungsplattform "PaulCamper" registriert. Diese ist nach Angaben von Gründer Dirk Fehse mit 2600 Fahrzeugen der größte Anbieter für private Vermietungen in Deutschland. 2013 hat er das Start-up in Berlin gegründet. Das erste Fahrzeug, das man dort mieten konnte, war Fehses eigener Camper "Paul", nach dem das Unternehmen benannt ist. 23.000 Vermietungen gab es seitdem, allein 10.000 davon im vergangenen Jahr. Für dieses Jahr rechnet Fehse mit 20.000. "Camping boomt", sagt der 36-Jährige. "Wir rennen da offene Türen ein."

Unabhängig zu sein und Zeit in der Natur zu verbringen - das reizt viele Urlauber. "Camping hat das vierte Rekordjahr in Folge zu verzeichnen", sagt Sarah Mempel vom Deutschen Tourismusverband. Dabei hat es das Image vom Billig-Urlaub längst abgelegt, auf den Campingplätzen steigt der Komfort. "Da wird richtig investiert - von Wellness bis W-Lan", sagt Mempel. Der Anspruch steigt auch hinsichtlich der Unterkunft. "Zelten ist nicht mehr das starke Brett", sagt Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Campingwirtschaft. Der Trend gehe zu größeren Wohnmobilen, weshalb die Campingplätze auch ihre Stellplätze vergrößern würden.

Die hohe Nachfrage nach neuen und gebrauchten Womos und Wohnwagen beschert den Händlern nach Angaben des Deutschen Caravaning Handels-Verbandes (DCHV) inzwischen das siebte Rekordjahr in Folge. "Mit dem zunehmendem Interesse am Caravaning steigen aber nicht nur die Verkaufszahlen, sondern auch die Vermietungen", sagt Geschäftsführer Oliver Waidelich.

Ein Geschäft, das aber extrem saisonabhängig ist. "Es gibt eine riesige Nachfrage nach Vermietungen in der Hochsaison", sagt Chris Möller, Gründer des Mietportals "Campanda". Händler könnten gar nicht so eine große Mietflotte vorhalten, um diese abzudecken. In der Ferienzeit stehen aber gerade viele private Wohnmobile herum, weil die Besitzer lieber zu Zeiten verreisen, wo es auf den Campingplätzen nicht so voll und teuer ist. "Campanda" arbeitet deshalb mit kommerziellen Anbietern und privaten Besitzern zusammen. Von den mehr als 26.000 Campern, die das Berliner Unternehmen in 42 Ländern vermittelt, sind 5.500 in privater Hand.

Bisher sind nur private Wohnmobilisten aus Deutschland, Frankreich und den USA auf "Campanda" vertreten. Möller plant aber, das nach und nach auf andere Länder auszudehnen. Damit will er nicht nur das Angebot vergrößern, sondern auch eine andere Zielgruppe ansprechen. "Die privaten Fahrzeuge sind günstiger und meist individueller", sagt Möller. Wie "PaulCamper" macht "Campanda" zurzeit noch keinen Gewinn. Die beiden Gründer rechnen damit aber in den nächsten Jahren.

Für die Besitzer zahlt sich das Womo-Sharen schnell aus: "Man verdient richtig Geld damit", sagt Möller. Mit zwei bis drei Vermietungen im Jahr könne man schon die laufenden Kosten reinholen. Die Caravaning-Händler sehen die privaten Vermietungen deshalb mit gemischten Gefühlen. Einerseits können die Eigentümer dadurch die Kosten für Kauf und Unterhalt ausgleichen. "Dem einen oder anderen Kunden könnte dadurch die Kaufentscheidung leichter fallen", meint DCHV-Geschäftsführer Waidelich. Andererseits sieht er die Gefahr, dass Dumpingpreise den gewerblichen Vermietern das Geschäft kaputt machen könnten.

Thomas Pieczka jedenfalls hat schon Expansionspläne. Bisher vermietet er seine drei Camper im Nebengewerbe. "Ich plane, das hauptberuflich zu machen", sagt er. In seiner Halle warten bereits drei weitere Bullis auf den Innenausbau. dpa