Vakuumgaren - schonend kochen

Das Fleisch wird beim Braten zäh, der Brokkoli schmeckt nach dem Kochen labberig: Wird Essen gekocht oder gebraten, verändert es häufig seine Konsistenz und - meist viel schlimmer - seinen Geschmack. Das ist beim Vakuumgaren anders. Dabei werden die Zutaten schonend gegart, so dass sie ihr Aroma und wichtige Inhaltsstoffe kaum verlieren. Einen Haken hat das Ganze aber: Ohne die richtige Ausstattung ist es für Hobbyköche nur schwer zu machen.

«Beim Vakuumgaren werden Fisch, Fleisch, Obst oder Gemüse in geschlossenen Beuteln in einem Wasserbad bei möglichst gleichbleibender Temperatur gegart», erklärt Küchenchef Norman Wegner vom Restaurant «Medici» in Baden-Baden. «Das Gargut wird zuerst in spezielle Beutel gefüllt.» Aus diesen wird mit einem speziellen Gerät der Sauerstoff entzogen - sie werden vakuumiert. «Der Beutel liegt dann ganz eng an dem Produkt an.»

Diese Methode hat viele Vorteile, sagt Klaus Wilfried Meyer vom Verband der Köche in Frankfurt/Main. «Der Geschmack bleibt erhalten und entweicht nicht wie beispielsweise beim direkten Kochen im Wasser.» Außerdem gibt es keine große Hitze, die die Lebensmittel äußerlich angreifen kann. «Die Produkte verändern sich also nicht in ihrem Aussehen oder ihrer Frische.» Wichtig sei zudem, dass die Inhaltsstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe nicht zerstört oder ausgekocht werden. «Sie bleiben dem Lebensmittel beim Garen erhalten, wahrscheinlich mehr als bei jeder anderen Zubereitungsart.»

Weitere Pluspunkte: Durch die Küche und die Wohnung ziehen keine Essensgerüche. Und nach dem Vakuumgaren können die Produkte besser gelagert und später schnell wieder aufgewärmt werden.

Dabei werden aber auch schon Nachteile klar: Wer es liebt, dass der leckere Duft des Essens aus den Kochtöpfen und Bratpfannen aufsteigt, hat beim Vakuumgaren schlechte Karten. Aus den Garbeuteln dringen meist keine Gerüche. Außerdem mutet das Vakuumgaren zumindest für Außenstehende doch etwas klinisch an: Das sauber in Plastikbeutel verpackte Essen spricht andere Sinne an als das sonst so weit verbreitete Brutzeln und Köcheln.

Hinzu kommt, dass eine Grundausstattung mit neuen Geräten her muss, zum Beispiel von Küchentechnikherstellern wie Palux, MKN, Rational oder Julabo Sous Vide Equipment. «Man benötigt einen Vakuumierer, also ein Gerät, dass die Luft aus den Beuteln zieht, so dass man sie luftdicht verschließen kann», erläutert der Koch und Autor Heiko Antoniewicz aus Werne. Außerdem sei es schwierig, das Wasserbad in einem gewöhnlichen Topf konstant auf einer festen Temperatur zu halten. Dafür gibt es daher spezielle Wasserbäder mit einer Umwälzungspumpe, die das Wasser an allen Stellen gleich warm hält. Zusammen kostet so eine Grundausstattung etwa 700 bis 800 Euro.

Dennoch steht für Antoniewicz fest: «Das Vakuumgaren ist sicher erst eine Umgewöhnung, aber früher hat man ja auch anders gekocht als heute - und beim Vakuumgaren sind der Geschmack und das Aussehen des Essens einfach deutlich besser, das überzeugt viele.» Auch Meyer sagt: «Wer immer nur für zwei Personen kocht, für den lohnt sich die Anschaffung möglicherweise nicht. Aber ansonsten überwiegen klar die Vorteile, vor allem was Genuss und Geschmack angeht.»

Doch wie funktioniert das Garen genau? «Fleisch beispielsweise kann gewürzt, mariniert oder unbehandelt vakuumiert und gegart werden», sagt Antoniewicz. Karotten oder anderes Gemüse können erst klein geschnitten und dann mit etwas Butter und Wasser in den Beuteln gegart werden.

Dabei sind unterschiedliche Temperaturen notwendig, wie Wegner erklärt. «Gemüse muss meist bei mehr als 80 Grad gegart werden, bei Obst reichen etwa 60 Grad.» Fleisch und Fisch werden bei um die 60 Grad Celsius zubereitet. Alles in einen Beutel zu werfen sei wegen der unterschiedlichen Garstufen daher nicht möglich. «Gut wären aber entweder verschiedene Wasserbäder mit unterschiedlichen Temperaturen, oder man organisiert sich vorher, welche Garschritte man wann und in welcher Reihenfolge macht.»

Ein weiterer Vorteil beim Vakuumgaren sei, dass es bei der Zubereitung meist nicht auf eine Minute ankomme. «Das kann gerade dann angenehm sein, wenn man für Gäste kocht.» Hektik müsse beim Garen nicht ausbrechen. «Und wer es noch entspannter mag, kann das Essen auch am Vortag zubereiten, im Kühlschrank lagern und kurz vorm Servieren aufwärmen - dann ist selbst das Kochen für größere Gruppen sehr entspannt.» (Aliki Nassoufis, dpa)   

In der Gastronomie gefragt    

Das Vakuumgaren wurde etwa 1970 in Frankreich unter dem Begriff «sous-vide» (unter Vakuum) bekannt. Damals fehlten jedoch noch die passenden, massenkompatiblen Geräte, weswegen es sich nicht richtig durchsetzte. Mittlerweile wird das Vakuumgaren besonders in der Gastronomie eingesetzt. «Viele Caterer und Großverpfleger, aber auch zahlreiche Restaurants nutzen es», erläutert der Koch Heiko Antoniewicz. Immerhin könnten sie so die Gerichte gut vorbereiten und einen einheitlichen Standard gewährleisten. «Durch das Garen in Beuteln werden außerdem weniger Gewürze gebraucht, was gerade für Essen in Krankenhäusern wichtig ist.»

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