Von Ann-Kathrin Marr
Der Milchkaffee am Morgen, eine Wurstsemmel in der Mittagspause, der deftige Auflauf zum Abendessen. Fleisch, Milch, Käse und Eier gehören für die meisten Menschen dazu. Schließlich soll Essen nicht nur satt machen, sondern auch schmecken. Aber bei tierischen Lebensmitteln wie Fleisch und Milchprodukten ist weniger oft mehr, so zeigen es die aktuellen und wissenschaftlich basierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Demnach sollte unser Speisezettel zu drei Vierteln aus pflanzlichen und nur zu einem Viertel aus tierischen Lebensmitteln bestehen. Das ist umweltschonend, klimafreundlich und für uns Menschen gesünder. Denn Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse sowie Getreideprodukte aus Vollkornmehl stecken voller wichtiger Nährstoffe, die zum Beispiel die Immunabwehr unterstützen und den Blutdruck ausgleichen.
Durch Beschäftigung mit Ernährung auf den Geschmack kommen
Pflanzliche Snacks und Menüs sind nicht nur nachhaltig und gesund. Sie sind vor allem lecker. Mit Karotten, Kichererbsen oder Cashewkernen lassen sich vielfältige Mahlzeiten zaubern, die Käseauflauf oder Hackeintopf in nichts nachstehen. Noah Luckmann aus Bremen probiert das aus. Seit drei Jahren ernährt sich der 21-jährige Student vegan, also ausschließlich pflanzlich. Für ihn schmeckt das nicht nach Verzicht, im Gegenteil: «Ich bin viel offener geworden und beschäftige mich mehr mit Ernährung, was einfach Spaß macht.»
Tipps holt Noah Luckmann sich bei Freunden oder online in veganen Food-Blogs. Auch im Blog von Helene Holunder alias Barbara Stukenborg gibt es Kochtipps und viele Rezeptideen von simpel bis ausgefallen. Die passionierte Hobbyköchin und Ernährungsberaterin aus Osterholz-Scharmbeck bei Bremen isst seit über 20 Jahren vegan. Ihr Wissen vermittelt sie auch in Kursen.
Verzicht, der nicht nach Verzicht schmeckt
«Es gibt so viele tolle Möglichkeiten, mit pflanzlichen Zutaten zu kochen, dass ich überhaupt nichts vermisse», sagt sie. Ersatzprodukte aus dem Kühlregal stehen bei ihr äußerst selten auf dem Speisezettel, das meiste stellt sie selbst her. Einer ihrer Klassiker ist Frischkäse aus pürierten Cashewkernen, den sie mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer verfeinert.
Nicht nur Käse-Fans kommen in der veganen Küche auf ihre Kosten. Auch deftige Gerichte für Fleischliebhaber gelingen mit pflanzlichen Zutaten. Tofu ist eine Art Quark aus Sojabohnen und gehört zu den Klassikern der pflanzenbasierten Küche. In Würfel oder Streifen geschnitten und mit etwas Öl in der Pfanne gebräunt, gibt er Gemüsegerichten eine herzhafte Note.
Tofu und Gemüse statt Fleischersatzprodukte mit Zusatzstoffen
Räuchertofu hat einen rauchig-würzigen Geschmack, Naturtofu eignet sich optimal zum Marinieren. Vorher sollte man den Tofu-Block gut ausdrücken, da er viel Flüssigkeit enthält. Ob mit Sojasoße und Ingwer, mit Paprika, Kokos oder mediterranen Kräutern – der Experimentierlust sind bei der Marinade fast keine Grenzen gesetzt. Wer mag, kann die Würfel anschließend panieren. So werden sie beim Braten von außen schön knusprig.
Tofu ist ein traditionelles asiatisches Lebensmittel und kommt fast ohne Zusatzstoffe aus. Anders ist das bei vielen Käse- oder Fleischersatzprodukten aus dem Kühlregal. Einige Hersteller, insbesondere im Bio-Bereich, verzichten zwar bewusst auf Zusatzstoffe. Bei anderen Produkten ist die Liste dafür umso länger. Zum Teil sind Zutaten enthalten, die nicht häufig verzehrt werden sollten, wie ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Niedersachsen zu Fleischersatzprodukten ergab.
Gerupfte Austernseitlinge sind Pulled Pork zum Verwechseln ähnlich
Barbara Stukenborg greift darum eher zu Altbewährtem, hauptsächlich zu frischem Gemüse. Alleskönner der pflanzenbasierten Küche sind Speisepilze. Richtig zubereitet kommen sie Fleischgerichten geschmacklich und in der Konsistenz recht nahe.
So ergeben Austernseitlinge eine leckere Alternative zu Pulled Pork. Dafür reißt man die Pilze in Streifen und lässt sie in einer Marinade aus etwas Öl, Salz, geräuchertem Paprikapulver und Kreuzkümmel ziehen. Anschließend werden sie im Ofen gegrillt oder in der Pfanne scharf angebraten. «Wenn ich damit Wraps fülle, nehmen manche den Unterschied zu Fleisch gar nicht wahr», so die Ernährungsexpertin.
Auch in Karotten, Zucchini oder Rote Bete steckt mehr, als viele denken. Im Ofen gebacken entfaltet das Gemüse die berühmten Röstaromen. Aufs Blech kommt, was gerade Saison hat: im Sommer Zucchini, Tomaten oder Auberginen, im Herbst und Winter Pilze, Karotten, Kürbis oder Rote Bete. Grob in Streifen oder Scheiben geschnitten wird das Gemüse in einer Schüssel mit etwas Öl, Salz und Pfeffer gemischt. Je nach Geschmack kann man weitere Gewürze zufügen, wie Rosmarin oder Thymian. Auch Zwiebeln und Knoblauch lassen sich mitbacken und sorgen für noch mehr Geschmack.
Ofengemüse auch als Basis für Dips oder Soßen
Barbara Stukenborg verwendet ihr Ofengemüse auch als Grundlage für Dips oder Soßen. Das geht schnell und schmeckt lecker. «Wenn man das gebackene Gemüse im Mixer zerkleinert und mit frischen oder Dosentomaten noch mal einkochen lässt, hat man eine leckere Tomatensoße der Bolognese-Art», sagt Stukenborg.
Und wie steht es um den von vielen geliebten Milchkaffee? Pflanzendrinks, zum Beispiel auf Hafer-, Soja- oder Mandelbasis, gibt es inzwischen sogar im Discounter. Aber nicht jeder mag diese Variante. Sojadrink hat einen starken Eigengeschmack, und beim Kaffee mit Hafer- oder Mandeldrink sind Säure und Bitterstoffe oft sehr dominant. Hier sorgt eine Prise Kochsalz im Kaffeebecher für ein angenehm mildes Aroma.
Ob Pflanzendrink oder gebratene Pilze – etwas Experimentierfreude gehört zum pflanzenbasierten Kochen und Essen dazu. Noah Luckmann gefällt das: Er gibt inzwischen auch ungeliebten Gemüsesorten eine zweite Chance. Nach einigen kulinarischen Experimenten schmecken ihm sogar Pilze, die er früher gar nicht mochte. Und Käse oder Fleisch? Beides vermisst er schon lange nicht mehr. dpa
Veganer Cashew-Frischkäse
Für Helene Holunder alias Barbara Stukenborg gehört dieses Rezept zu den Basics ihrer veganen Küche. Der pflanzliche Frischkäse bereichert jedes Picknick und schmeckt auch als Brotaufstrich zu Hause.
Zutaten:
250 g Cashewkerne
ca. 50-70 ml Wasser
ca. 2 EL Apfelessig
2 EL Zitronensaft
1 kleine Knoblauchzehe
1 Kapsel probiotische Bakterien optional
ca.
1 TL Salz
Kräuter oder rosa Pfefferbeeren nach Wahl
Zubereitung:
1. Die Cashewkerne über Nacht in Wasser einweichen (rohvegane Variante) oder sie in einem Topf in Wasser ca. 5-10 Minuten köcheln, dann abkühlen lassen.
2. Die Cashewkerne abgießen und zusammen mit 50 ml Wasser, dem Apfelessig, dem Zitronensaft, der Knoblauchzehe und optional den probiotischen Bakterien im Hochleistungsmixer pürieren.
3. Je nach Leistung des Mixers die Reste von der Behälterwand wischen, damit ein homogener Frischkäse entsteht.
4. Evtl. esslöffelweise Wasser nachgießen, wenn er sich nur schwer rühren lassen sollte.
5. Der Frischkäse wird zwar etwas fester, wenn er im Kühlschrank reifen kann, aber die Konsistenz sollte auch jetzt so sein, dass sich später daraus die Bällchen formen lassen.
6. Mit Salz abschmecken und am besten einen Tag bei Zimmertemperatur reifen lassen.
7. Dann im Kühlschrank z.B. über Nacht ziehen lassen, damit sich die Aromen entfalten können.
8. Die säuerlich-frische Note des Frischkäses verstärkt sich so. Mit den Händen oder einem Eisportionierer Kugeln formen und diese in frisch gehackten Kräutern (z.B. Thymian, Basilikum, Dill, Rosmarin) oder auch in gestoßenen Pfefferkörnern oder rosa Pfefferbeeren wälzen.
9. Wenn es schnell gehen soll, kann der Frischkäse nach dem Pürieren auch einfach für ca. 2 Stunden in den Kühlschrank gestellt, dann geformt und in Kräutern gewälzt werden.