Verspätete Schwammerl-Saison

Von André Jahnke

Der Spätsommer lockt heuer wieder viele Feinschmecker in die bayerischen Wälder. Zwei Utensilien dürfen dabei nicht fehlen: Körbchen und Messer. Schwammerl-Freunde können zwar nicht wie im Vorjahr mit einer großen Ernte rechnen. Dafür sind die Chancen, den König unter den Speisepilzen zu finden, so groß wie selten. «Es ist ein außergewöhnlich gutes Jahr für Steinpilze», sagt der Pilzberater der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald in Grafenau, Heinrich Holzer.

Regional gibt es jedoch große Unterschiede. Woran das genau liegt, kann kein Experte genau sagen. Sicher ist nur, dass die Pilzsaison später als üblich gestartet ist. Grund war die lange Kälte bis ins Frühjahr hinein und die anschließende anhaltenden Trockenheit. «Es ist aber nicht bewiesen, dass die Pilze Wärme und Regen brauchen, um aus dem Boden zu sprießen», betont Holzer, der seit 25 Jahren Exkursionen in die Schwammerl-Welt anbietet. Vielmehr sei eine gewisse Temperatur-Differenz entscheidend. Und die habe es in den vergangenen Wochen gegeben.

Eine andere Faustregel bestätigt der Pilzexperte jedoch mit Nachdruck. «Man sollte immer nur die Pilze sammeln und essen, die man sicher kennt.» In vielen Gemeinden gebe es Pilzberatungsstellen, die den Fund untersuchen können. Dabei solle jedoch stets der komplette Pilz mitsamt der Knolle aus dem Waldboden herausgehebelt werden. «Nur so kann der Experte sicher erkennen, worum es sich handelt», betont der 63-Jährige.

Auf keinen Fall sollten Pilze, die später in der Pfanne landen, anhand von Büchern oder mit Hilfe des Internets bestimmt werden. «Das ist unmöglich und auch gefährlich», sagt Holzer. Die Unterschiede im Reifegrad und in der Farbe ließen sich auf Bildern nicht genau erkennen. «Der Experte prüft gar den Geruch und den Geschmack eines rohen Pilzes, ehe er sich sicher ist.»

Zudem sollte ein selbst gesammeltes Schwammerl-Gericht lange zubereitet werden - mindestens 15 Minuten in der Pfanne oder im Kochtopf. «Alle Pilze sind in irgendeiner Weise giftig, weil sie eine Vielfalt von Naturstoffen beinhalten, die wir noch nicht alle kennen.» Diese könnten auch Allergien auslösen.

So sind Menschen aus Bayern laut Statistik der DAK-Krankenkasse weitaus häufiger von Pilzvergiftungen betroffen als Schwammerl-Freunde aus anderen Bundesländern. Im Vorjahr stammten demnach 43 Prozent der bundesweit gemeldeten Patienten mit schwerer Pilzvergiftung und stationärer Behandlung aus dem Freistaat. «Heuer ist es aber noch ziemlich ruhig, weil die Saison auch erst gerade beginnt», sagt der Leiter der klinischen Toxikologie des Klinikums rechts der Isar, Professor Florian Eyer. Seit Jahren habe es keine tödliche Vergiftung im Münchner Raum gegeben.

Nach wie vor hoch ist jedoch die radioaktive Belastung bestimmter Pilze mit Cäsium-137 in den bayerischen Wäldern. Fast jede fünfte Probe von 50 Maronenröhrlingen aus 2012 habe den Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm überschritten, sagt Claudia Schuller vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen. Weniger belastet waren dagegen Steinpilze und Pfifferlinge, die das Radiocäsium weniger einspeichern. «Da es sich bei Waldpilzen aber um ein saisonales Lebensmittel handelt, ist der Verzehr nicht gefährlich», betont Schuller. dpa