Vesperplatte und Gourmetteller Blutwurst passt in jede Jahreszeit

Von Ulrike Geist

Man liebt sie oder hasst sie. Wer Blutwurst nicht probiert, weil er sich vor dem Blut darin ekelt, verzichtet aber nicht nur auf eine der Beilagen zur klassischen Schlachtplatte. Denn Blutwurst hat inzwischen auch die Gourmetküchen erobert und wird gegrillt, gebraten oder frittiert in neuen Variationen serviert.

"Früher war Blutwurst als Restewurst verschrien, darunter hat ihr Ruf gelitten", sagt Fleischermeister Marcus Benser aus Berlin. Seit den 1990er Jahren gebe es aber ein Umdenken. Die Blutwurst ist salonfähig geworden und wird quer durch alle Bevölkerungsschichten geschätzt. Auch Spitzenköche wie Kolja Kleeberg oder Steffen Henssler kreieren immer wieder neue Gerichte mit Blutwurst. Wichtig seien hochwertige und frische Zutaten, betont Benser. Er trägt den von der französischen "Confrérie des Chevaliers du Goûte Boudin" vergebenen Titel "Ritter der Blutwurst".

Der Anfang der 1960er Jahre gegründete Orden der Blutwurstritter kümmert sich um die Förderung des Ansehens der schwarzen Blutwurst (frz. Boudin Noir). In Bensers Berliner Blutwurst, die der französischen Boudin Noir gleicht, kommen neben frischem Schweineblut, Schweinespeck, gekochte Schweineschwarte, frisch gepellte Zwiebeln und natürlich Gewürze. Die genaue Mischung ist geheim. Benser verrät aber, dass brasilianischer Pfeffer, Thüringer Majoran und Zimt dabei sind.

Entscheidend sind echte Naturgewürze ohne künstliche Aromen, sagt Benser. Anders als etwa die Thüringer Blutwurst ist seine Wurst grob gekörnt und hat keine großen fleischigen Stücke als Einlage. Das schätzt auch der Aachener Gastronom Justus Kleineidam, der bei der Blutwurst neben dem Geschmack und der Würzigkeit vor allem auf eine gleichmäßige feine Konsistenz achtet.

Blutwurst passt seiner Ansicht nach in der richtigen Kombination in jede Jahreszeit. Er kombiniert sie gern mit Fisch oder Meeresfrüchten wie Kabeljau, Oktopus und Jakobsmuscheln. Spannend daran sei es, das leichte Gefühl vom Fisch und das kräftige von der Blutwurst zu verbinden. Die je nach Herstellungsart rötliche bis fast schwarze Blutwurst gehört zu den ältesten Wurstsorten der Welt.

Um alle Bestandteile eines geschlachteten Tieres zu verwenden, wurde das Blut früher nach dem Schlachten nicht weggeworfen, sondern weiterverarbeitet. Blutwurst gibt es frisch im Naturdarm, geräuchert oder luftgetrocknet, in der Dose oder im Glas. Viele Regionen in Deutschland haben ihre traditionellen Blutwurstsorten und -gerichte.

In Süddeutschland gehört Blutwurst mit Leberwurst und Speck kalt in dicken Scheiben auf die bäuerliche Vesperplatte. Auch als geräucherte Schwarzwurst mit Senf und Brot aus dem Holzofen ist sie ein einfacher Genuss.

In Köln heißt die typische Blutwurst Flönz und wird als Kölscher Kaviar mit Zwiebelringen serviert. Ganz klassisch wird die Blutwurst überall mit Sauerkraut und Kartoffelpüree gegessen.  Kleineidam mag es raffinierter. Er formt aus der Blutwurstmasse kleine Bällchen, die er paniert und frittiert und als "Blutwurstbitterball" zum Beispiel zu auf der Haut gebratenem Kabeljau serviert. Dazu empfiehlt er eine klassische Buttersauce und Seefenchel. Diese Pflanze wird wie ein Küchenkraut verwendet oder als Salat zubereitet.

"Ähnlich wie Leberwurst oder Fleischwurst ist Blutwurst recht fett und damit auch energiereich", erläutert Ökotrophologin Isabelle Keller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. 100 Gramm Blutwurst schlagen mit rund 360 Kalorien zu Buche. Zum Vergleich: 100 Gramm Kochschinken haben je nach Sorte etwa 110 bis 120 Kalorien.

Auffällig an der Blutwurst ist ihr Eisengehalt. "Aufgrund des hohen Blutanteils liegt er mit 11 Milligramm pro 100 Gramm Wurst wesentlich höher als bei vergleichbaren anderen Wurstsorten", sagt Keller. So liefert eine Portion Blutwurst mit 30 Gramm circa ein Fünftel der empfohlenen täglichen Zufuhr an Eisen für eine Frau zwischen 25 und 50 Jahren beziehungsweise ein Drittel für einen Mann.

Dass mancher Blutwurst als nicht so appetitlich empfindet, mag auch daran liegen, dass die Kochwurst nur kalt richtig schnittfähig ist. Warm zerfließt sie leicht und wird schnell breiig. Ihr volles Aroma entfaltet die Blutwurst nach Ansicht von Benser jedoch erst warm. Der Fleischermeister isst sie am liebsten auf französische Art gebraten oder gegrillt. Dafür wird die Blutwurst gepellt und in fingerdicke Scheiben geschnitten. Benser empfiehlt, sie dann ohne Fett in einer beschichteten Pfanne von beiden Seiten etwa drei Minuten zu braten.

Wer will, kann die Scheiben auch in Mehl wenden und in Öl kross ausbacken. In Frankreich krönen Feinschmecker gebratene Blutwurstscheiben gerne mit einem Klecks Apfelmus oder einer gebratenen Apfelscheibe. In der warmen Jahreszeit punktet die Blutwurst auch auf dem Grill. Blutwurstscheiben kommen in eine Grillschale. Nach Belieben kann man sie in Speck einwickeln, damit sie nicht zerlaufen. Die Boudin Noir kann aber auch im Ganzen gegrillt werden. Dazu passen Bier und ein Salat. dpa