VINUM Weinguide Deutschland 2023 Die Sieger

update: Zum Gault Millau Weinguide

Mehr als 11.000 verkostete und bewertete Weine, rund 1.000 Weingüter in Einzelporträts, ausführliche Informationen zu den 13 Anbaugebieten plus der Gastregion Südtirol, dazu Trends und Entwicklungen der deutschen Weinszene: Die neue Ausgabe des «VINUM Weinguide Deutschland» bietet auf über 1.100 Seiten Informationen für alle Liebhaber deutscher Weine. Das Buch wird ab Freitag, 4. November, im Handel erhältlich sein.

Winzer des Jahres 2023

Das Team des «VINUM Weinguide» hat als Standardwerk zur Beurteilung der Qualität deutscher Weine über Monate hinweg in zahlreichen Einzel- und Vergleichsproben Weine aus allen deutschen Anbaugebieten verkostet. Die Chefredakteure Matthias F. Mangold und Harald Scholl sind sich einig: Der Jahrgang 2021 ist bei den Weißweinen geprägt von knackiger Säure, die gleichwohl gut gemanagt wurde. Zudem strahlt er in zurückhaltenden Alkoholwerten eine herrliche Trinkigkeit aus. Bei den Rotweinen, die vorwiegend aus den Jahrgängen 2019 und 2020 eingereicht wurden, konnte einmal mehr festgestellt werden, wie sehr sich das Niveau mit den Jahren nach oben verschoben hat.

Die Nachricht, dass er als Winzer des Jahres ausgezeichnet werden würde, hinterließ beim sonst wahrlich um keine rasche Antwort verlegenen Günther Jauch dann doch ein paar Momente der Fassungslosigkeit – damit hätte er «nie und nimmer gerechnet» sagte er. Für die Redaktion des «Weinguide» war es jedoch keine an den Haaren herbeigezogene Entscheidung: Platz 1 beim Riesling Kabinett, Platz 1 bei der Riesling Spätlese und Platz 2 bei der Riesling Auslese sind Statement genug.

Aufsteiger des Jahres 2023

«Wir schätzen die Tradition. Wir verlassen uns im Keller mehr und mehr auf lange Maischestandzeiten, Spontangärung, Holzfässer – und auf unser Bauchgefühl», sagen die Böhmes über sich selbst. Sie haben einen Mehrgenerationenbetrieb im sächsischen Gleina, dessen Entwicklung uns in den vergangenen Jahren mit klassischen Rebsorten und bodenständigem Handwerk einfach imponierte und der mit 2021 nochmals einen Sprung nach oben gemacht hat.

Entdeckung des Jahres 2023

Lukas Hammelmann hat seinen Betrieb quasi aus dem Nichts heraus aufgebaut. Die Eltern besaßen zwar ein paar Weinberge, jedoch keinen Hof. Er selbst wusste bereits mit zehn Jahren, dass er einmal Winzer werden wollte, also ging es mit 16 in die Lehre, danach folgte die Meisterschule und anschließend sammelte er Erfahrungen in diversen Betrieben. Nebenher baute er sein eigenes Gut mit etwa 20.000 Flaschen pro Jahr auf – und exportiert in die USA, nach Skandinavien, Slowenien und sogar ins Bordeaux. Diesen jungen Mann werden wir im Auge behalten.

Weinkarte des Jahres 2023

Der Schwarze Adler in Vogtsburg-Oberbergen ist eine Legende, er war schon mit Sternen bekrönt, als die wenigsten unserer Landsleute die Begriffe Foie gras oder Bresse-Huhn überhaupt kannten. Geschweige denn wussten, wie derlei exotische Produkte überhaupt schmecken. Das hat sich grundlegend geändert, zu verdanken ist das ganz wesentlich auch Franz Keller senoir, der in den 60er Jahren den wahrscheinlich größten Weinkeller für Bordeaux- und Burgunderweine in Deutschland aufbaute. Davon zehrt die Weinkarte bis heute, die Jahrgangstiefe ist unglaublich, nach wie vor gibt es enge persönliche Kontakte zu den renommiertesten Produzenten auf der ganzen Welt. Echte Weinfans schätzen diesen Platz unabhängig aller Moden, auch weil die Weinkarte mit rund 4.000 Positionen immer noch als außerordentlich genussfreundlich bepreist gelten kann.

Siegerweine des Jahres

In jedem Jahr kommt das VINUM Verkostungsteam nach den ausgiebigen regionalen Proben nochmals mehrere Tage zusammen, um aus den regional am höchsten bewerteten Weinen die bundesweiten Sieger zu ermitteln. Bei den Sekten konnte uns diesmal der Feuerbacher Steingässle Pinot Noir Extra Brut 3 Lagen von der Privat-Sektkellerei Reinecker (Baden) am meisten beeindrucken. Wir notierten neben klaren, jugendlichen Fruchtaromen, Brioche und Croissant auch eine exzellente Balance mit harmonischem Langabgang.

Beim Spätburgunder sahen wir eine unglaubliche Konstellation: Hans-Erich Dausch (HE-Weine, Pfalz) gelang das Kunststück, mit seinem 2020er Pinot Noir L´Artiste den ersten Platz zu ergattern – und mit dem Pinot Noir HE den dritten. Es sind feine, definitiv französisch geprägte Weine, die noch dazu hervorragend reifen können.

«Andere» Rotweine, die also nicht aus Spätburgundertrauben stammen, werden in Deutschland zunehmend bedeutsamer – und immer besser. Wohl noch nie waren Jahrgänge hier dafür so gut wie 2018 bis 2020. Am mächtigsten beeindruckt hat dabei diesmal der 2020er Cabernet Franc Herbolzheimer Kaiserberg von Fritz Waßmer (Baden) mit «dichter Brombeer-Cassis-Note, Wildkräutern, präziser Frucht, Heublumen, seidig-festen Gerbstoffen und beeindruckender Tiefe», wie es in den Verkostungsnotizen festgehalten wurde. Zwischen die Phalanx der Gewächse aus Baden und der Pfalz konnte sich übrigens ein Württemberger Lemberger vom Weingut Aldinger schieben. Auch dies ein gutes Zeichen.

Wenn es um Silvaner geht, stehen natürlich die Franken voll im Scheinwerferlicht. Kaum ein anderes Anbaugebiet kann da in der Spitze mithalten. Aus dem auch diesmal fränkischen Führungstrio hat sich in der Blindverkostung jedoch der 2021er Escherndorfer Am Lumpen 1655 Silvaner GG von Max Müller I herauskristallisiert. Die Verkoster schätzten an ihm den Duft von Mandelhörnchen, Spekulatius, Weihnachtsgebäck sowie einem Hauch Würze und lobten die geschmeidige, elegante und fast seidige Art.

Sauvignon Blanc hat sich hierzulande als eine ernsthafte Rebsorte mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Stil- und Spielarten etabliert, so dass wir erstmals eine eigene Siegerweinkategorie dafür schufen. Als unschlagbar erwies sich der 2020er Sauvignon Blanc Ovum der Gebrüder Hansjörg und Matthias Aldinger (Württemberg). Er reifte zwei Jahre in einem Betonei und strahlt allerfeinste Eleganz aus, die weit entfernt ist von parfümierter Primärfruchtigkeit.

Deutschland ist, rechnet man alle Unterarten zusammen, inzwischen zu einem Burgunderland geworden, trotz aller Führungskraft des Rieslings. Unser Platz 1 gebührt in diesem Jahr dem Weingut Dr. Heger (Baden) mit dem 2020er Ihringer Winklerberg Hinter Winklen Chardonnay GG Gras im Ofen. Er betörte mit jugendlicher, hochkomplexer Aromatik, dabei aber einem vollen, nie überladenen Körper und dem harmonischen Abgang.

Riesling trocken ist die unangefochtene Königsdisziplin in Deutschland. Niemand beherrscht das besser als deutsche Winzer – und die Weine werden immer geschliffener. Mit seiner vollen Intensität, der leichten Spontinote, seinem mineralischen Mundgefühl und enormem Druck setzte sich am Ende der 2021er Mölsheimer Zellerweg am Schwarzen Herrgott Riesling GG von Battenfeld-Spanier (Rheinhessen) gegen die ebenfalls unfassbar starken Mitbewerber durch.

Die im vergangenen Jahr erfolgte Zusammenlegung der Kategorien Riesling Kabinett und Riesling feinherb hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. All das, was wir darin erwarten, erfüllte der 2021er Kanzemer Altenberg Riesling Kabinett vom Weingut von Othegraven (Mosel) vollumfänglich. Erst lockt er mit vornehmer Schieferwürze und einer hochzart verdichteten, kühlen Aromatik, um im Mund subtil und kraftvoll zugleich zu sein.

Und als wäre es das Normalste der Welt, wird dies in der Kategorie Spätlese bei von Othegraven dann einfach weitergeführt. Die 2021er Kanzemer Riesling Spätlese scheint fast zu schweben. Wir notierten: «Feinwürziger, sublim tiefer Duft, feinstes Säurespiel, tolle Balance, hochelegant, klar, mit langem, nuanciertem Nachhall.» Das ist einfach nur groß.

Der Preis für die beste Auslese geht diesmal in den Rheingau. Die 2021er Schloss Johannisberger Riesling Auslese Ex-Bibliotheca Subterranea Fass 374 vom Schloss Johannisberg ist die Verkörperung des Begriffs «edel». Seine feine Ausprägung durch den Ausbau im Stückfass ist spürbar – leider gibt es aber eben nur dieses eine Stückfass. Man würde sich mehr davon wünschen.

Im edelsüßen Bereich wurden wir von einem Wein positiv überrascht, der die sonst oft vorherrschende Dominanz von Mosel und Rheingau durchbrechen konnte. Jakob Schneider (Nahe) sicherte sich mit dem 2021er Niederhäuser Klamm Riesling Eiswein das oberste Treppchen. Zu unwiderstehlich waren der verspielte Duft von Rosenblättern, das zarte und vornehme saftig-konzentrierte Fruchtspiel und die unglaublich präsente Fruchtexplosion am Gaumen.

Sieger „Gut und günstig“

Ein ausgesprochen attraktives Preis-Genuss-Verhältnis erwartet den Weinfreund bei den Siegerweinen der Kategorie „Gut und günstig“. Den besten Literwein erzeugte Gies-Düppel (Pfalz) mit dem 2021 Riesling trocken. Best Buy Weiß geht an Wolfgang Mertes (Mosel) für den 2021 Waldrach Meisenberg Riesling Alte Reben trocken. Best Buy Rosé holte sich Geitlinger (Baden) mit dem 2021 Landwein trocken Rosie, Best Buy Rot sicherte sich Herbster (Baden) mit dem 2020 Pinot Noir Spätlese trocken Prälaten. Gewinner beim Sekt schließlich ist, wie im Vorjahr, F.B. Schönleber (Rheingau) mit dem Riesling Brut nature.