Von der Pinte zur Szenekneipe Berlin im Wandel

In der Berliner Gaststättenlandschaft verdrängen Bars und Szenekneipen für junge Kunden und Touristen weiter die Bierstube. "Die Eckkneipe ist fast nicht mehr präsent", sagte Klaus-Dieter Richter, der Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Berlin. "Ihr Nachwuchs ist die Szenekneipe."

Der Branchenexperte spricht von einem "Kulturwandel" - mit einem Schönheitsfehler: Die für Wohngebiete typischen Alt-Berliner Eckkneipen verschwinden auch in Randbezirken, während die neuen Wirte sich besonders in der Innenstadt und entlang der Touristenströme niederließen.
Wie viele Kneipen es in Berlin gibt, ist unklar. Die Finanzämter, wo die Umsatzsteuer der Schankwirtschaften aufläuft, können keine aktuelle Zahl liefern. Die jüngste Zahl des Amts für Statistik ist schon drei Jahre alt - damals gab es 1205.

"Kein Essen, vor allem Bier, Rauchen erlaubt - das ist für uns die typische Berliner Eckkneipe", erklärte Richter. Diese Schänken, wo vor allem Anwohner einen heben, würden eindeutig weniger. "Die waren früher für die Arbeiter, die Kiez-Bewohner. Diese Klientel ist fast weg." Zum Eckkneipen-Schwund trügen auch das Nichtrauchergesetz und ein geändertes Trinkverhalten bei.

"Früher haben viele sich in die Kneipe gesetzt und getrunken bis zum Umfallen", erinnert Richter an West-Berliner Zeiten. Heute gehe die Kundschaft viel bewusster mit Alkohol um und trinke weniger, greife auch eher mal zu einem Cocktail. Das spiegelt sich im Bier-Absatz der deutschen Brauereien, der seit Jahren zurückgeht - abgesehen vom alkoholfreien Segment.

Auch steigende Mieten machten den Eckwirten das Leben schwer. "In der typische Eckkneipe wurde ein 0,4er-Bier für 1,80 Euro erwartet. Das können sie nicht mehr anbieten." Die Mieten seien oft ein wichtiger Grund, wenn ein Wirt schließe. Szenekneipen verlangten meist deutlich höhere Preise - selbst wenn das Bier nur aus der Flasche kommt. dpa