Wein und Schokolade

Von Nina C. Zimmermann

Rotwein und Schokolade: Das ist längst keine kulinarische Neuentdeckung mehr. Der Grundsatz für gelungene Kombinationen ist dabei in der Regel simpel: Je mehr Tannine der Rote hat, desto bitterer darf die braune Süße sein. Doch Weißwein und Schokolade? Das ist ein Zwiegespann, an das sich eher selten jemand wagt, weil es Fingerspitzengefühl erfordert. Doch mit etwas Geschick lassen sich spannende Duos zusammenstellen - und sogar Winzersekte mit Schokolade kombinieren.

«Wein und Schokolade, das ist ein sehr altes Thema», sagt Eberhard Schell, Konditormeister und Chocolatier aus Gundelsheim (Baden-Württemberg). Begonnen haben damit die mediterranen Ländern, von Spanien über Frankreich und Italien. Neben sehr kräftigen Roten wie Tinto oder Tempranillo seien dort Weine mit natürlicher Süße und Portweine gefragte Schokoladenpartner. Doch der Chocolatier Schell kombiniert auch heimischen Gewürztraminer, Trockenbeerenauslesen oder im Barrique trocken ausgebaute Grauburgunder mit Schokolade - gemeinsam mit dem Deutschen Weininstitut und dem Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) hat er passende Sorten entwickelt.

«Entscheidend ist: immer erst den Wein probieren. Wie schmeckt der überhaupt?», formuliert Schell die Grundregel für jede Wein-Schoko-Verkostung. Schokolade verändere das Aroma eines Weines grundsätzlich. «Wenn es die Richtige ist, ergänzen sich beide - der Wein wird angehoben. Das werden Sie mit keinem anderen Lebensmittel in dieser Intensität hinbekommen», erläutert er.

Das sieht Frank Wilk ähnlich. «Es gibt Kombinationen, die gehen, und es gibt welche, die gehen gar nicht», sagt der Gourmet-Lebensmittel-Großhändler aus Höxter (Nordrhein-Westfalen), der sich auf der Fachmesse ProWein vor einigen Monaten dem Thema Sekt und Schokolade gewidmet hat. Eine pauschale Empfehlung mag er zwar nicht geben, rät aber dazu, experimentierfreudig zu sein.

Beim Verkosten verdient die Schokolade Schell zufolge die gleiche Aufmerksamkeit wie der Wein. Nach dem Anschauen, Riechen und Probieren des Weines ist die Süßigkeit an der Reihe: Man sieht sie an, nimmt ihren Duft wahr, hört das Knacken beim Durchbrechen und zerbeißt dann ein Stück. Die Bruchstücke lässt man im Mund «aufschmelzen» und nimmt anschließend einen kräftigen Schluck Wein dazu, so dass sich beide auf der Zunge begegnen.

Wenn sie zueinander passen, dann entfaltet sich im Gaumen ein unerwartetes Aromenfeuerwerk. So harmoniert etwa der typischerweise nach gelber Rose, Lychee und Pfirisch schmeckende Gewürztraminer mit einem dunklen, 70-prozentigen Lagenkakao aus Santo Domingo, den der Chocolatier mit Orangenschalen und Krokant verfeinert hat. Ein edelsüßer Wein erhält mit einer weißen Safran-Curry-Schokolade einen interessanten asiatischen Touch. Schell bekommt leuchtende Augen, wenn er über solche Geschmackserlebnisse spricht.

Überhaupt: weiße Schokolade. Sie ist nach Einschätzung von Rolf Klein, Weinexperte und Redakteur der Fachzeitschrift «Weinwelt», sehr anpassungsfähig. Sie lasse sich nicht nur mit Wein, sondern auch mit Sekt gut kombinieren. Wichtig bei dieser Paarung sei, dass der Sekt frisch genug ist und genug Frucht hat. Dann wirke das Ganze so, als gieße man ein Sorbet mit Sekt auf. Doch auch Klein sagt: «Man muss es ausprobieren.» Der Kakaoanteil sei nicht unbedingt das Entscheidende, auch die Konsistenz der Schokolade nicht.

Wichtig sei in jedem Fall, da sind sich die Experten einig, eine gute Qualität sowohl des Getränks wie der Süßigkeit. Milchschokolade etwa ist nicht gleich Milchschokolade: Während im «Massenmarkt», wie Wilk es nennt, Tafeln dieser Sorte maximal 30 Prozent Kakaoanteil haben, seien es bei edleren Marken durchaus 35 Prozent - das macht sich im Geschmack bemerkbar.

Der Wein müsse zwar nicht 30 Euro kosten, aber ein ganz preiswerter sollte es auch nicht sein, sagt Schell. «Es sollten auch keine jungen Weine sein, sonst sind da 'kantige' Säuren drin, mit denen keine Schokolade funktioniert.» Zu bedenken sei auch, dass Schokolade etwa zur Hälfte aus Fett besteht - ein Aromenträger, der lange im Mund dominiert, ergänzt Wilk. «Solch einen Aromenträger hat Wein nicht.»

Schwieriger noch wird es mit Sekt, der oft eine gewisse Säure hat. «Eine helle, also weiße Schokolade geht sehr gut mit halbtrockenem, trockenem und teilweise auch brut-ausgebautem Sekt», urteilt Wilk. So schaffe es die Fruchtstruktur des Weines, der Schokolade standzuhalten. Bitterschokolade dagegen brauche einen starken Widerpart mit möglichst wenig Säure. Gelungen findet er etwa die Kombination eines extra trockenen Riesling-Jahrgangssekt mit einer 38-prozentigen Edel-Bitterschokolade.

Wilk rät grundsätzlich davon ab, sich direkt zu Beginn an die Kombination Sekt oder Champagner mit Schokolade zu machen. Wer sich dem Thema nähere, sollte es zunächst einmal mit einem alten Port oder einem Pedro-Ximenes-Sherry und einer edelherben 70-prozentigen Schokolade, etwa Criollo, probieren. dpa

Schokolade lagern

Schokolade darf nie in den Kühlschrank. Sonst nimmt die enthaltene Kakaobutter sofort fremde Gerüche an. Das beeinträchtigt den Geschmack. Der Chocolatier Eberhard Schell empfiehlt daher, die Tafeln in einem trockenen, dunklen und kühlen Raum bei 15 bis 18 Grad aufzubewahren.