Wein von Saale und Unstrut

Von Petra Buch

Die Winzer im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut sind im Stress: Kurz vor der Weinlese für den Jahrgang 2011 nehmen derzeit Experten die Weinberge in dem rund 730 Hektar großen Anbaugebiet unter die Lupe. Bei der sogenannten Bonitur verschaffen sie sich einen Überblick über Menge und Qualität der Trauben sowie den Zustand der Rebstöcke und der Böden, erklärte der Kellermeister der Winzervereinigung Freyburg eG (Burgenlandkreis), Hans-Albrecht Zieger. Die Bonitur sei wichtig für die Auswahl der Trauben, die geerntet werden sollen - und damit für die Qualität des Weines.

«Wir haben eine gute Ernte in Aussicht, von der Menge und Qualität her», sagte er. Es werde mit einem Ertrag von rund 2,5 Millionen Liter Wein gerechnet. «Das ist ein optimales Niveau, nicht zu viel und nicht zu wenig», sagte Zieger. Die beiden Jahre zuvor seien nicht berauschend gewesen. 2010 wurden 1,7 Millionen Liter und 2009 nur 1,5 Millionen Liter Wein erzeugt. 2008 sei ein Spitzenjahr mit 3 Millionen Liter gewesen. Auf 75 Prozent der Fläche werden Weißweine angebaut, wie Müller-Thurgau, Silvaner, Weiß- und Grauburgunder, auf 25 Prozent der Fläche Rotweine wie Portugieser und Dornfelder.

Am 6. September werde zunächst mit der Lese des Federweißen begonnen, der zum Winzerfest in Freyburg (9. bis 11. September) ausgeschenkt werden soll. «So, wie es jetzt aussieht, können wir davon ausgehen, dass wir dann mit der eigentlichen Lese fortfahren können», sagte Zieger. Das sei aber noch abhängig vom Wetter in den nächsten Tagen. Die Ergebnisse der Bonitur seien wichtig, um die konkreten Ablaufpläne für die Lese aufstellen zu können.

«Die Bonitur bedeutet für den Winzer, ob sich seine Arbeit im Weinberg in den vergangenen Monaten seit der letzten Lese gelohnt hat», sagte Peter Krüger, Rebschutzwart und Vorsitzender des Weinbauvereins Höhnstedt (Saalekreis), dem rund 100 Winzer um die Mansfelder Seen, wie dem Süßen See, angehören. «Wir haben die Qualität der Weine erheblich verbessert, dazu hat die Bonitur schon beigetragen», sagte Winzer Wolfgang Terbe (78), der seit 30 Jahren dort einen 2500 Quadratmeter großen Weinberg bewirtschaftet.

Mit geschultem Auge, Fachwissen und Zollstock begutachten die Bonitur-Experten seit fast zehn Jahren an Saale und Unstrut die Reben. Allein 360 Hektar Fläche gehören zur Freyburger Winzervereinigung. Sie hat nach eigenen Angaben 500 Weinbauern als Mitglieder und ist der größte Weinproduzent in Ostdeutschland.

«Wir zählen alle Trauben, begutachten sie nach ihrem Aussehen und Gewicht, vermessen die Rebstöcke in der Höhe und deren Reihen in den Weinbergen, und vergeben am Ende insgesamt höchstens 18 Punkte», erklärte Claudia Proske (28) die stundenlange Prozedur. «Die Winzer kämpfen um jeden Punkt, jeder will 18 haben», beschrieb Kellermeister Zieger die Anspannung in dem Anbaugebiet von Qualitätsweinen, das zu den kleinen unter den 13 in Deutschland zählt. dpa

Der Weinbau an Saale und Unstrut

Mit 735 Hektar Rebfläche gehört das Weinanbaugebiet Saale-Unstrut zu den kleinen unter den 13 deutschen Qualitätsweinbaugebieten. Hier werden seit mehr als 1000 Jahren Reben gezogen. Etwa 60 Sorten Wein gibt es nach Angaben der Winzervereinigung Freyburg eG (Burgenlandkreis) heute hier, die überwiegend trocken im Geschmack sind. Dazu zählen bei den Weißweinen Müller-Thurgau, Weißburgunder, Grauburgunder und Silvaner, beim Rotwein Dornfelder, Portugieser und der Blaue Zweigelt. Auch sehr alte sowie seltene Sorten wie der Weißwein Gutedel oder der Rotwein André kommen von Saale und Unstrut.

Als ältester Nachweis für den Weinbau in der Region gilt eine Schenkungsurkunde von Kaiser Otto III. aus dem Jahr 998 an das Kloster Memleben. Das Zentrum liegt im südlichen Sachsen-Anhalt, rund um Freyburg, und erstreckt sich bis nach Thüringen. Dazu gehören aber auch Weinberge auf einer Fläche von insgesamt 90 Hektar rund um die Mansfelder Seen, wie dem Süßen See bei Eisleben (Landkreis Mansfelder Land). Als Zentrum dieser Region gilt der Ort Höhnstedt (Saalekreis), wo nach Angaben des Weinbauvereins seit 85 Jahren Wein geerntet wird. Auch einige Flächen in Brandenburg gehören zum Weinanbaugebiet Saale-Unstrut.

Während der Blütezeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts wuchs entlang der beiden Flüsse Wein auf bis zu 10 000 Hektar. Die bei Weinbauern gefürchtete Reblaus sorgte später für einen Kahlschlag in den Weinbergen. Mit deutlich weniger Flächen hat sich der Weinbau über die Jahre hinweg wieder entwickelt. dpa