Weinbau Mit dem Vollernter in den Steilhang

Von Christiane Gläser

Premiere in Frankens steilen Weinbergen: Zum ersten Mal sind in einer Steillage Trauben nicht von Hand, sondern mit einer Maschine gelesen worden. Eine Firma aus dem rheinland-pfälzischen Piesport an der Mosel stellte den Steilhang-Prototyp am Mittwoch in Randersacker (Landkreis Würzburg) vor.

«Es ist ein Pionierprojekt, das eine neue Perspektive bietet, um die sehr wichtigen Steillagen hier am Leben zu halten», sagte Horst Kolesch, Vizepräsident des Fränkischen Weinbauverbandes. Bislang ist die Ernte in den steilen Weinbergen nur in Handarbeit möglich. Das ist aufwendig und teuer.

Der neu entwickelte Vollernter ist ein Raupenfahrzeug, das mit einer Seilwinde oben am Weinberg fixiert ist. Er kann laut Hersteller in bis zu 75 Prozent Steigung eingesetzt werden. In Franken gibt es solche Steilhänge nicht. Hier gibt es der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau zufolge nur Weinberge mit maximal 60 Prozent Steigung. Von insgesamt rund 6000 Hektar Weinanbaufläche in Bayern zählen laut Weinbauverband 10 bis 15 Prozent zu den Steillagen, sie haben also eine Steigung von mindestens 40 Prozent.

Die Entwicklung des neuen Vollernters ist vom Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung mit rund 192 000 Euro gefördert worden. 2007 gab es an der Mosel bereits einen ähnlichen Versuch. Das Projekt musste jedoch wegen technischer Schwierigkeiten eingestellt werden. Das Modell war zu schwer und zu schwerfällig. dpa

Mit Vollernter in den Steilhang - Fluch oder Segen für Winzer?

Bayerische Winzer arbeiten in vielen Weinbergen bereits mit sogenannten Vollerntemaschinen. Die fahren zwischen den Reben und schütteln die Trauben automatisch von den Pflanzen und in die Maschine. Wird das Gelände jedoch zu steil, konnte bislang nur von Hand gelesen werden. Das kostet viel mehr Zeit und es sind auch mehr Mitarbeiter nötig. Nun ist in Franken eine Maschine vorgestellt worden, die auch am steilen Hang arbeiten kann. Ist sie eine Chance für die Winzer?

Warum können Erntemaschinen bislang in Steilhängen nicht eingesetzt werden?

Weinberge in Franken gelten dann als Steillage, wenn der Boden eine Steigung von mehr als 40 Prozent hat. Dort finden herkömmliche Erntemaschinen keinen Halt mehr. Sie rutschen nach unten oder kippen im schlimmsten Fall sogar um. Das passiert sogar in flacheren Weinbergen immer wieder. Bislang haben die Winzer dort deshalb stets die Trauben mit der Hand von den Rebstöcken geschnitten. Aber selbst den Erntehelfern fällt das Arbeiten an den steilen Hängen schwer.

Wie wird verhindert, dass der Vollernter in der Steillage umkippt?

Die Erntemaschine ist auf einem Raupenfahrzeug installiert. Diese Raupe wiederum hängt an einer Winde, die oben am Berg fest installiert ist. Die Maschine arbeitet mit einer Seilzugtechnik. Der Vollernter lässt sich am Stahlseil nach unten rutschen, erntet dabei und zieht sich dann am Seil wieder hoch. Ein Umkippen ist nicht möglich.

Lohnen sich die Kosten der Anschaffung überhaupt?

Der Steilhang-Vollernter soll insgesamt rund 175 000 Euro kosten. Er kann innerhalb von sechs Stunden soviel Trauben lesen, wie ein Erntehelfer in etwa 200 Stunden. Dennoch werden sich die Weinbaubetriebe wahrscheinlich nicht unbedingt einen solchen Vollernter kaufen. Üblicher ist, dass Dienstleister aus der Region sich die Maschinen kaufen und diese den Winzern anbieten.

Ist die Maschine also ein Segen für die Winzer?

Die fränkischen Winzer sind noch zurückhaltend. Sie sehen aber durchaus die Chancen des Vollernters für die Steillagen. Es könne eine Möglichkeit sein, die aufwendige Lese zu vereinfachen. Die Maschinen sind länger und spontaner einsetzbar. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn die Witterung den Zeitplan durcheinanderbringt und die Winzer schnell reagieren müssen, um das Lesegut noch einsammeln zu können.

hoffmannlandmaschinen.de