Weinbau Rheinland-Pfalz Top-Winzer zieht es an die Mosel

Von Birgit Reichert

Klaus-Peter Keller steht an einem steilen Weinberg bei Piesport an der Mosel und bindet Reben an. Behutsam biegt er die jeweils zwei Ruten einer Rebe in Herzform, bevor er sie am Pfahl befestigt. "Man muss sie anbinden, damit sie ein bestimmtes Maß an Licht und an Luft bekommen", sagt der 44-Jährige in der Lage Schubertslay. Es ist die erste Arbeit des Top-Winzers in seinem Mosel-Weinberg, den er seit Jahresbeginn gepachtet hat: Der international renommierte Keller aus Flörsheim-Dalsheim (Kreis Alzey-Worms) ist normalerweise zwischen Reben in Rheinhessen unterwegs.

"Wir haben uns in den Weinberg verliebt", sagt Keller, der an diesem Tag mit seiner Frau Julia unzählige Male dieselben Handgriffe macht. "Macht Spaß, wir sind gerne nahe am Weinberg dran." Die Weine der Lage hätten sie "schon immer fasziniert". Außerdem stünden auf dem "wilden romantischen Stück mit Felsvorsprüngen" extrem alte Reben: Sie seien rund 120 Jahr alt. Die Kellers haben die 0,7 Hektar aus der vorherigen Pacht des jungen Piesporter Winzerpaars Nadine und Julian Haart übernommen, mit dem sie befreundet sind.

Das Weingut Keller, das in Rheinhessen rund 20 Hektar Rebfläche bewirtschaftet, füllt im Jahr zwischen 120 000 bis 150 000 Flaschen ab. Die Weine erzielen immer wieder höchste Preise wie "Winzer des Jahrzehnts" (2002/Gault-Millau) oder mehrfach "Wein des Jahres". Sie gehen in 35 Länder - darunter auch an das britische Königshaus. "1953 wurde aus unserer Parzelle in Nierstein (Hipping am Roten Rang) der Wein zur Krönungsmesse von Elisabeth II. gemacht", erzählt Keller.

Zum diamantenen Thronjubiläum in 2012 wurden die Kellers wieder gefragt. Und: "Der Wein hat ihnen wohl so gut geschmeckt, dass wir auch die Babyweine für Prinzessin Charlotte und Prinz George machen durften". Der Moselwein, der nun im Weingut Keller in diesem Herbst erstmals abgefüllt wird, ist ein weiterer Mosaikstein im Angebot. Nicht wegen der Menge: Da rechnet Keller mit 500 bis 1000 Liter im Jahr. Vielmehr wegen des Geschmacks: "Von der Mosel kommen weitweite Spitzenweine. Dieser soll ein Botschafter werden für die Region."

Seit etlichen Jahren ziehe es bereits Investoren und Quereinsteiger an die Mosel, sagt der Geschäftsführer des Vereins Moselwein, Ansgar Schmitz, in Trier. Ein neuer Trend sei nun, dass mittlerweile auch teils sehr bekannte Winzer aus anderen Weinbauregionen in das Gebiet mit seinen Flüssen Mosel, Saar und Ruwer kämen. Keller sei sicherlich der größte Name: Er zähle neben Egon Müller (Saar) und Robert Weil (Rheingau) zu den bekanntesten deutschen Winzern.

Daneben seien der renommierte Winzer Dirk van der Niepoort aus dem portugiesischen Dourotal sowie das bekannte luxemburgische Weingut Alice Hartmann an Mosel und Saar angekommen. Niepoort habe zusammen mit Winzer Philipp Kettern in Piesport ein Weingut gegründet, Hartmann Steillagen in Trittenheim und Wiltingen übernommen.

Den Sprung von Top-Gütern über Weinregionsgrenzen hinweg stellt auch das Deutsche Weininstitut fest. Der Rheingauer Weil zum Beispiel mache seit vergangenem Jahr unter dem Label "Robert Weil junior" auch Weine in Rheinhessen, sagt Sprecher Ernst Büscher in Bodenheim. Josten & Klein bieten Weine von Ahr und Mittelrhein an. Weingut Toni Jost vom Mittelrhein bewirtschaftet auch Weinberge im Rheingau. Und das Saar-Weingut Willems-Willems und rheinhessische Gut von Jürgen Hofmann vermarkten gemeinsam ihre Weine unter dem Motto "Schiefer trifft Muschelkalk".

"Das Thema Terroir wird immer wichtiger", sagt Büscher. Der Boden präge den Wein mehr als die Region. Es gehe den Winzern vor allem darum, mehr Vielfalt im Angebot haben: Dabei sicherten sie sich auch kleine, zum Teil Filetstücke in Top-Lagen". "Es ist sicherlich ein Trend, dass man über den Tellerrand schaut."

"Man merkt, es gibt eine neue Offenheit in der Szene weltweit. Und Neugier", sagt Keller. Das solle man nutzen: "Wir Winzer in Deutschland müssen zusammenstehen. Wir sitzen alle in einem Boot", meint Rheinhesse Keller, dessen Mutter von der Obermosel stammt. Konkurrenz sei fehl am Platz, man müsse dafür sorgen, "dass der Rückenwind stärker bläst für die Branche". Das gehe in Deutschland mit den kleinen, schwierig zu bewirtschaftenden Flächen nur mit Qualität. Große Mengen könnten andere "viel besser und einfacher".

Keller denkt in längeren Zeiträumen, gibt es sein Weingut doch schon seit 1789 - heute in der neunten Generation. "Das Größte, was wir erreichen könnten, wäre, wenn solche Kulturlandschaften wie hier an der Mosel erhalten bleiben." Und schaut voraus: Er hat in Norwegen 2009 rund 300 Rieslingreben gepflanzt, die ersten dort überhaupt. Bisher habe er noch nichts geerntet. "Wenn aber mit dem Klimawandel in 10 oder 15 Jahren dort eine Ernte möglich sein wird, werden wir die ersten sein, die aus alten Riesling-Strecken in Norwegen tolle Weine machen können", lacht er. dpa