Von Nikolas Rechenberg
Wie habe ich den Kiez vermisst. Seit Jahren war ich nicht mehr richtig in Kreuzberg unterwegs, nur punktuell in einzelnen Locations. Aber Kreuzberg ist Kiez. Und lebt den Kiez. Also raus auf die Straße am Sonnabendnachmittag bei herrlicher Spätsommer-Sonne und 20 Grad - raus auf eine Weintour durch die verschiedenen Kreuzberger Kieze.
Ich starte in der Wrangelstraße. Zwischen Cafes und kleinen Läden, zwischen Türken, Arabern, Franzosen und Amerikanern herrscht hier ein Gewusel ohne Ende, der Wrangel-Kiez quirlt wie in Paris oder Amsterdam. Eine Weinbar ist hier der Selbstläufer. Das 3er-Gespann Bettina, Beatrice und Christian hat sich in der Weinbar NOER eingefunden und verkostet die hauseigenen Weine - schließlich ist der Besitzer ein gelernter Weinbaufachmann. Ein NOER-Bubble und ein Rosé von der Mosel, von Grans-Fassian und Staffelter Hof. Ein schöner Weinentdecker-Start an einer der pulsierenden Ecken Berlins.
Vergesst die selbstgefällig gewordene Bergmannstraße oder die Markthalle 9, der Wrangel-Kiez ist noch authentisch. Ich hole mir ein paar Pistazien und Walnüsse aus einem der vielen türkischen Basare als Wegezehrung.
Der nächste Stopp ist die Oranienstraße. Die Straßen-Terrassen der Restaurants drumherum sind gut gefüllt, alle Länderküchen, die einem einfallen, sind zu finden. Das Suff ist DIE pittoresque Weinhandlung in Berlin. Großes Hallo, der 3er Pack kommt wenige Augenblicke später ebenfalls hinzu. Schöner Trinken mit einer Scheurebe von Zimmer-Mengel.
Dann einen Abstecher an den Südstern, Ecke Körtestraße, wo der Markt seine wenigen, aber sehr guten Stände hat. Um die Ecke ins Cavatappi. Eine gute Verkostungsidee für wahre Entdecker: Muschelkalk trifft Schiefer. Die Weine von Carolin und Jürgen Hofmann sind gleich ausgebaut, also ist der Unterschied im Geschmack das Terroir!
Etwas weiter am Marheinekeplatz, wo die Bergmannstraße zur Fahrradstraße geworden ist, hier hat das Not Only Riesling seinen Platz. Wie das Suff und NOER perfekt in den Kiez eingebunden, am Samstagmittag schon gut gefüllt, das pralle Kreuzberger Leben, laut, fröhlich und genussvoll.
Eine 10er Runde macht die DWI-Tour mit. Eine sehr anspruchsvolle Verkostung haben sich die Besitzer ausgedacht: Silvaner von Walldorf aus dem Holz, ein Chardonnay von Janus, wow, Chapeau und ein Riesling von Steinmetz. Ein lässiger Weinladen mit einem klasse Konzept, Kleinigkeiten auf der Barkarte und Mangalitzer Schwein aus Fläming zum Mitnehmen. Das Konzept passt zum Kiez: Eine beeindruckende Performance!
Weiter zum Weinkeller Reiner Türk an der Blücherstraße, mit einer Spitzen-Auswahl an gehobenen Weinen, hier kommen die Kenner und schreiten erfurchtsvoll die langen Regalreihen ab. Das Glas Karthäuserhof ist wunderbar! Den Schlussakkord macht Paasburg´s Wein aus Leidenschaft an der Fidicinstraße, unweit des Bergmann-Kiez. Hier startete eine Burgunder-Tour, u.a. mit Solveigs Phyllit, einem Top-Spätburgunder.
Wer 4 Stempel aus den Handlungen gesammelt hat, kann an einer Verlosung stattnehmen, als Hauptgewinn winkt ein Aufenthalt in einem Mercure Hotel in einer Anbauregion. Die Weinentdecker-Aktion geht deutschlandweit noch bis zum 27. September.
Zwar fand diese Städtetour nur am Sonnabend statt, aber ich bin sicher, wer vorher in den teilnehmenden Weinläden - außerdem dabei sind weinplusplus, Weinhandlung pfalzstaff und Wein am Wasser - anruft, kann sich auch an den kommenden schönen Tagen und Wochenenden in den Rausch des Kiezes stürzen.