Nach den Kriegsjahren 1914 bis 1918 war Deutschland ruiniert. Wie viele andere Wirtschaftsbereiche lag auch der Weinbau darnieder. Weinberge, Keller, Strukturen und Märkte mussten unter großen Mühen wiederaufgebaut werden. Außerdem war Deutschland als Kriegsverlierer zu immensen Reparationszahlungen verpflichtet - aber nicht in der Lage, diese zu leisten. Als Pfand besetzten die Alliierten Mächte die Gebiete entlang des Rheins.
Auch die Nahe war französisch besetzt, und die Weine der Preussischen Weinbaudomäne Niederhausen Schlossböckelheim (heute Gut Hermannsberg) aus dem Ausnahmejahrgang 1921 wären der französischen Administration zugefallen. Den Verwaltern der Domäne gelang es aber rechtzeitig vor dem französischen Zugriff, die Weine ins unbesetzte Frankfurt zu verkaufen, so dass sie in Deutschland blieben.
Als die deutsche Staatsführung nach langen und detailreichen Verhandlungen den Abzug der Besatzungsmächte erreichte, galt der damalige Reichspräsident von Hindenburg als einer der Väter dieses Erfolges. Bei einem großen Befreiungsfest in Köln wurde er gefeiert und geehrt. Nicht zufällig reichte man einen Wein der Preussischen Weinbaudomäne: Seine Vorliebe für das besondere Gut war bekannt. Bei diesem Fest am 21. März 1926 servierte man eine 1921er Trockenbeerenauslese Kupfergrube.
Die letzte Flasche
In der Schatzkammer von Gut Hermannsberg liegt noch eine Flasche dieses Weines, der gleichzeitig ein historisches Dokument und einen phänomenalen Jahrgang repräsentiert. Den Flaschenhals ziert eine Banderole, auf der zu lesen ist: "Dem Herrn Reichspräsidenten General Feldmarschall von Hindenburg bei der Befreiungsfeier in Köln am 21. März 1926 zum Ehrentrunk gereicht."
Als Karsten Peter, Betriebsleiter und Önologe von Gut Hermannsberg, die Flasche vor zwei Jahren neu verkorkte und dabei den Zustand des Weines testete, war er ob seiner Dichte, Komplexität und Frische erstaunt. "Der Wein ist frisch wie der junge Morgen!" ist jubelte der Kellermeister. Dabei ist diese TBA fürwahr kein Leichtgewicht. Für das Prädikat Trockenbeerenauslese sind 150 Grad Oechsle erforderlich - die TBA aus 1921 hat diesen Wert doppelt übertroffen. "Es war eine Meisterleistung meines Vorgängers, diesen Wein bei 308 Grad Oechsle perfekt durch den Prozess der Gärung zu geleiten", ist Karsten Peter beeindruckt.
Die Trockenbeerenauslese Kupfergrube aus dem Jahrgang 1921 ist ein Unikat: historisch, qualitativ und emotional. Es ist zu erwarten, dass Gut Hermannsberg mit dieser Flasche einen neuen Versteigerungsrekord erreichen wird - nachdem eine TBA des Jahrgangs 2015 im Vorjahr mit einem Netto-Zuschlagspreis von 10.600 Euro den höchsten Preis seit Beginn der VDP Versteigerungen im Jahr 1910 erzielt hatte.
Die Versteigerung des VDP-Regionen Nahe, Rheingau und Ahr findet am Sonntag, 23. September 2018 von 11 bis 13 Uhr in der Römerhalle Bad Kreuznach statt. Gebote können ab sofort an die Kommissionäre gelegt werden und zwar entweder über das VDP-Büro info@vdp-nahe.de oder über das Weingut k.peter@gut-hermannsberg.de