Weingut oder Internet - Derselbe Wein verschiedene Preise

Von Verena Wolff

Ein exklusives Hotel im Herzen Frankreichs, ein Geheimtipp des Concierge, ein Abstecher zum empfohlenen Weingut - und schon ist der Kofferraum gefüllt mit mehreren Kartons edler Weine. Der eine, ein Corton Grand Cru aus dem Jahr 2010, kostet 75 Euro pro Flasche. Ein Zufallsfund im Internet lässt den edlen Tropfen Hause dann allerdings recht sauer schmecken: Bei einem Online-Händler kostet der Wein aus dem Burgund 31 Euro pro Flasche.

Ein Versehen oder dreiste Abzocke? Sind Kunden, die eine ausgedehnte Weinprobe auf einem idyllisch gelegenen Weingut genießen, nicht vielleicht auch eher bereit, etwas mehr Geld auszugeben? "Die Preise, gerade bei Luxusgütern wie Premiumwein oder Uhren, sind nicht gebunden", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. An Händler gibt der Erzeuger den Wein zu einem anderen Preis ab als an Kunden auf seinem Hof.

"Der Internethändler hat vielleicht Riesenmengen abgenommen und gibt seinen Vorteil aus Werbegründen eins zu eins an seine Kunden weiter - oder er subventioniert das Produkt sogar, um neue Kunden zu werben", erläutert Michael Felser, Rechtsanwalt und Weinkenner aus Brühl, das weit verbreitete Vorgehen. "Der Hofladen dagegen versucht, den Preis für sein Produkt wertig, also hoch, zu halten - und bietet dafür das besondere, authentische Einkaufserlebnis."

In Deutschland werden laut Büscher mehr als drei Viertel aller Weine in Supermärkten und Discountern verkauft. "Der Handel will sich über dieses Sortiment profilieren und interessante, kaufkräftige Kundschaft anziehen", sagt er. Die Fachhändler müssen sich abheben: Sie haben oft mehrere Weine im offenen Ausschank und bieten deutlich mehr Service als die meisten Supermärkte."Das kostet natürlich etwas mehr - und das schlägt sich auch im Preis des Weines nieder."

Viele Weingüter, die an den Fachhandel verkaufen, stellen ihre Preislisten nicht mehr ins Internet. Das hat zwei Gründe: Fairness dem Handel gegenüber, und sie wollen Schnäppchenjägern das Wasser abgraben. "So kann man nicht mehr schnell vor dem Regal im Internet die Preise vergleichen", erklärt Büscher die Beweggründe. Zwar könne sich der Kunde die Listen zuschicken lassen, "aber da ist die Hemmschwelle schon deutlich höher".

Der Käufer wünscht sich guten Service beim Einkauf. Das haben Andreas Heilig, Bastian Trauth und Arthur Tschernavskij in einer Studie im Fach Medienwirtschaft an der Stuttgarter Hochschule für Medien herausgefunden. Der Verbraucher schätzt den persönlichen Kontakt zum Winzer, er will den Wein probieren und sich persönlich beraten lassen.

Reiner Internethandel ist demnach für Weinliebhaber in naher Zukunft kein Thema. Lieber als einen Button zu klicken, reisen sie selbst zu den Weingütern in Frankreich, Italien oder den USA. Vielerorts müssen die Genießer eines guten Tropfens allerdings mit einer Gebühr für ihre Weinprobe rechnen. Der Winzer verrechnet sie in der Regel, wenn der Verkoster ein paar Flaschen Wein mit nach Hause nimmt. Im Burgund verlangen einige Winzer bis zu 15 Euro, wenn sie ihre Weine öffnen und die Touristen probieren lassen.

Auch an den Straßen durch das Chianti-Gebiet in Italien ist die Weinprobe nicht mehr umsonst, wie eine Urlauberin aus München im vergangenen Herbst feststellte. "Seit neuestem soll man bei den Winzern ein paar Euro zahlen, wenn man ihre Weine probieren will." Schlimm findet sie das nicht, im Gegenteil: "Es hat früher genügend Touristen gegeben, die die Chianti-Route entlang gefahren sind und sich von Winzer zu Winzer getrunken haben."

Ein kleiner Obolus fällt ihrer Ansicht nach kaum ins Gewicht - zumal neben den Weinen frisches Brot, Käse und oft auch gutes Olivenöl auf den Tisch kommen. Auch auf den Weingütern in Kroatien ist es gang und gäbe, ein paar Euro für die Verkostung zu verlangen.

Danijel Kraljevic, Besitzer des Familienunternehmens Cuj im istrischen Farnažine hält das für richtig: "Es steckt schließlich viel Wissen und viel Arbeit in der Herstellung unserer Weine." Ernst Büscher kennt kaum einen deutschen Winzer, der von vornherein Geld für eine Weinprobe verlangt. Aber er hat Verständnis für einen Kostenbeitrag, wenn sich eine Gruppe einen Nachmittag lang mit guten Weinen verwöhnen lässt, ohne später auch nur eine Flasche zu kaufen.

"Dann kann es gut sein, dass der Winzer um ein paar Euro pro Person bittet." Schließlich investierten die Erzeuger viel Arbeit - besonders in die Weine des Premiumsegments. "Die Unterschiede bei derselben Rebsorte in der gleichen Region können riesig sein." Daher gebe es auch keine Faustregel, wie teuer etwa diese Sorte oder Weine aus jener Region sein dürften.

Jenseits der 50-Euro-Marke komme es zudem auf die Reputation des Weinguts und der Sorte an. Beides treibe den Preis eines Weines schnell in die Höhe. "Es gab in der Vergangenheit immer wieder Fälle, in denen Wein oder Etiketten gefälscht wurden", sagt Büscher. Das passiere aber eher bei sehr teuren Weinen oder Sammlerstücken. Denn bei günstigeren Weinen sei der Aufwand zu groß.

Aufpassen sollten Verbraucher, wenn sie im Internet auf einen besonders günstigen Privatanbieter stoßen, der Flaschen, die eigentlich mehrere hundert Euro kosten, zu einem Schnäppchenpreis anbietet. "Da sollte man sich eher auf den Händler seines Vertrauens verlassen", sagt Büscher. Auch Rechtsanwalt Felser warnt vor Fälschungen: "Es ist heute fast einfacher, einen Wein für viel Geld zu fälschen, als einen guten 50-Euro-Schein hinzubekommen." dpa