Weingut Stadt Klingenberg in Franken wird aufgepeppt

Mit dem Wein ist das so eine Sache. Gute Qualität alleine reicht nicht aus. Es braucht auch ausgefeilte Absatzstrategien, um bei dem umfangreichen Angebot an deutschen und ausländischen Weinen genügend Kunden zu begeistern.

Das städtische Weingut in Klingenberg am Main (Landkreis Miltenberg) schwächelte auf dieser Brust seit Jahren. Die Verluste wurden immer größer, die Stadt entschloss sich schließlich schweren Herzens zum Verkauf des traditionsreichen Unternehmens. Ein Jungwinzer von der Ahr und ein angehender Mikroelektroniker aus China griffen kurzerhand zu und wollen dem Klingenberger Rotwein nun zu neuer Größe verhelfen.

Mikroelektronik hat mit Wein freilich nix zu tun. Xianzhong Xu hatte damals nur wenig Ahnung von Wein - mehr vom Verkaufen. «Er versteht sich als Geschäftsmann und hat ein unglaublich großes Netzwerk», erzählt sein Kompagnon Benedikt Baltes über den 28 Jahre alten Studenten, der gerade in der tausende Kilometer entfernten Heimat weilt. Seine Familie hat dort mehrere Firmen, mit dem Vermarkten kennt sich Xianzhong aus.

Ursprünglich wollte Baltes das Weingut alleine wieder aufpäppeln. Er stammt aus einer Winzerfamilie im rheinland-pfälzischen Mayschoß. Doch auch Xianzhong - von Baltes freundschaftlich «Alex» genannt - hatte Interesse an dem Betrieb.

«Es hieß immer "Die Chinesen". Ich dachte, das sind 20, 30. Ich konnte mir nicht vorstellen, was die hier finden wollten», sagt Baltes, der einen Konzern als Interessenten vermutete. Weil er nicht aufgeben wollte, traf sich der Jungwinzer mit «den Chinesen». Gekommen ist damals nur einer, und nach zwei Flaschen Wein war die Zusammenarbeit besiegelt.

Seit einem halben Jahr nun kümmert sich der 26 Jahre alte Baltes mit seinen 5 Mitarbeitern um das gut 12 Hektar große Weingut. Etwa die Hälfte der Buntsandsteinlagen liegt brach. Angebaut wird überwiegend Rotwein. Das ist auf den Terrassensteilhängen in der Gegend üblich, ansonsten ist Franken mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent eine Weißweinregion.

«Es ist sehr schwer, eigene Flächen zu kriegen», erzählt der gelernte Weinbautechniker und Winzer. Und wenn, dann ist man gleich mit mehreren Millionen Euro dabei. Hektarpreise von 250 000 bis 500 000 Euro seien zum Beispiel an der Ahr keine Seltenheit. Ganz so viel legten die Jungunternehmer für das 1912 in Klingenberg gegründete Weingut nicht hin - es sollen so etwa 1,4 Millionen Euro gewesen sein. Bestätigen will Baltes die Summe aber nicht.

Der 26-Jährige sprudelt seither vor Tatendrang, auch wenn die Arbeit in den denkmalgeschützten Terrassenlagen weitaus beschwerlicher ist als beispielsweise am Würzburger Stein. Schweres Gerät kann man da nicht einsetzen, Handarbeit ist gefragt. Der 26-Jährige will sich auf den ursprünglichen Gedanken der Weinherstellung besinnen und einen Spätburgunder kreieren, den man schon vor 2000 Jahren mit den damaligen traditionellen Methoden hätte herstellen können. «Jeder Wein trägt eine Handschrift.»

Baltes Reben sind teilweise stolze 65 Jahre alt. «Ab 25 Jahre gehen sie im Ertrag zurück», erklärt er, «aber die Qualität steigt. Das ist etwas, was man mit Geld nicht kaufen kann.» Nicht kleckern, sondern klotzen lautet seine Devise. «Ich möchte mich in Richtung Spitzenwein bewegen.» Das Weingut ist derzeit zwar Mitglied im Verband der Prädikatsweingüter, steht aber für die nächsten zwei Jahre unter strenger Beobachtung wegen des Eigentümerwechsels.

Der Spätburgunder hat es dem Jungwinzer besonders angetan. Die 15 bis 20 Jahre alten Weinweinreben in seinen südwest-Hängen in bester Lage am Schlossberg müssen deshalb nach und nach weichen. «Das muss man erstmal über das Herz bringen, so alte Reben rauszureißen.» Gut 50 Hektoliter Wein sollen jährlich produziert werden, 2010 waren es auch wegen des schlechten Wetters nur etwa 25.

Damit es der Betrieb in diesem Jahr aus den roten Zahlen schafft, kümmert sich «Alex» um neue Kunden, vor allem in China. Die Asiaten sind anders als die Italiener und Franzosen nicht gerade als Weinliebhaber bekannt. Wenn sie zum Weinglas greifen, muss aber etwas Hochwertiges eingeschenkt sein.

«Deutschland hat in China einen unglaublich hohen Stellenwert, vor allem für qualitativ hochwertige Produkte», erzählt Baltes. «Es geht sehr viel über Renommee und Prestige.» Hauptabsatzmarkt soll aber Deutschland bleiben. (Angelika Röpcke, dpa)

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