Von Andrea Löbbecke
Supermärkte spielen beim Verkauf deutscher Weine eine zunehmend größere Rolle. Der klassische Lebensmitteleinzelhandel (Ladengröße unter 5000 Quadratmeter) konnte seinen Marktanteil seit 2012 von zehn auf 14 Prozentpunkte steigern, wie das Deutsche Weininstitut (DWI) mitteilte. Allein im vergangenen Jahr legte diese Vertriebsschiene im Vergleich zu 2013 bei Absatz und Umsatz mit deutschen Weinen um jeweils fünf Prozent zu.
Kein Wunder, dass viele Supermärkte ihr Sortiment an regionalen und höherwertigen Weinen aus den heimischen Anbaugebieten ausgebaut haben. Einige Winzer haben inzwischen Kundschaft an Rewe, Edeka und Co. verloren, wie das DWI herausfand. Allerdings vermarkten auch viele Weingüter ihre Flaschen inzwischen über Supermarkt-Regale in der Region.
Unangefochten größter Händler für deutsche Weine sind weiter die Discounter mit 36 Prozent, die Erzeuger erzielten 2014 einen Marktanteil von 29 Prozent. SB-Warenhäuser (Ladengröße mehr als 5000 Quadratmeter) bekamen 10 Prozent vom Kuchen, der Fachhandel 7 Prozent. Das Marktvolumen beim Haushaltskonsum beläuft sich in Deutschland für heimischen Wein laut DWI auf geschätzte rund 3,2 Milliarden Euro im Jahr.
Die Verbraucher kauften insgesamt etwas mehr in den höheren Preissegmenten ein, sagte die DWI-Geschäftsführerin Monika Reule wenige Tage vor dem Start der internationalen Weinmesse ProWein (15. bis 17. März) in Düsseldorf. Der Durchschnittspreis für einen Liter Wein im Lebensmittelhandel - egal welche Herkunft - sei seit 2010 von 2,52 Euro auf 2,89 Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Dabei stehen heimische Tropfen gut da: 2014 war der Liter dem Kunden im Lebensmittelhandel im Durchschnitt 3,11 Euro wert, im Weinfachhandel sowie beim Erzeuger sogar 6,24 Euro.
«Die Stimmung in der Branche ist gut», berichtete der Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbandes, Rudolf Nickenig, in Bonn. Im internationalen Wettbewerb sieht er die deutschen Erzeuger gut aufgestellt. Sie seien seit Jahrzehnten auf die Konkurrenz ausländischer Weine eingestellt, während beispielsweise in Frankreich Weinimporte bislang kaum eine Rolle spielten.
«Der Weinmarkt ist insgesamt dadurch geprägt, dass wir Produkte haben von sehr unterschiedlicher Qualität», sagte Nickenig. Das gehe vom einfachen Tropfen bis hin zu einer hochpreisigen «Spezialität für Spezialisten». Es müsse also ein sehr breites Spektrum von Konsumenten bedient werden.
Auch Soziologen haben sich schon mit der Frage beschäftigt, warum manche Flaschen im Supermarkt nur wenige Euro kosten, andere auf Auktionen hohe Preise erzielen. Dabei schmeckten die meisten Konsumenten mehr oder weniger keine Unterschiede, sagte der Direktor des Soziologischen Institut der Universität Zürich, Prof. Jörg Rössel. Für distanzierte Betrachter sei der Weinmarkt ein «ausgesprochen interessantes und verblüffendes Phänomen».
Rössel hat unter anderem die Preisbildung untersucht. Eine seiner Erkenntnisse: «Dinge die in Richtung Authentizität gehen, spielen eine große Rolle.» Könnten Winzer ihre Kunden von der Originalität ihrer Weine überzeugen, erzielten sie höhere Preise.
Die Branche steckt nach den Worten von Nickenig nach wie vor in großen Strukturveränderungen, in den vergangenen Jahren seien viele junge Leute mit großem Schwung in den Winzerberuf gestartet. Nachwuchssorgen kenne die Branche nicht, es gebe viele Quereinsteiger.
Auch die Weingüter merkten, dass die Zyklen etwa bei Geschmackstrends kürzer geworden sind. Zwar müssten sich die Winzer für lange Jahre festlegen, wenn sie einen Weinberg mit neuen Reben bepflanzen. Auf viele Trends können sie laut Nickenig allerdings noch im Keller reagieren und den Wein unterschiedlich ausbauen - beispielsweise trocken oder doch eher halbtrocken. dpa