Von Annette Meinke-Carstanjen
Unverfälschte Naturprodukte aus dem Wald: Das sind Beeren, Pilze und Kräuter, aber auch Fleisch von Reh, Hase oder Wildschwein. Es sind Nahrungsmittel, die weder aus landwirtschaftlichen Großbetrieben, noch aus Massentierhaltung stammen. "Ein Reh, das in Freiheit lebt, sucht sich die besten Kräuter aus, die es äsen kann und bewegt sich viel", sagt Stefan Waldbauer aus Haag bei Passau, Jäger und Küchenmeister im familieneigenen Betrieb "Gasthof Waldbauer".
Auch Bucheckern und Eicheln fressen Rehe gern. Daher kommt die nussige Geschmacksnote. Das Fleisch ist fettarm, der Anteil an Eiweiß und Mineralstoffen hoch, anders als Fleisch von Nutztieren aus herkömmlicher Produktion. "Das hat in der Regel keine Struktur, wenig Geschmack, enthält kaum Nährstoffe und viel Wasser", sagt Isabel Remuß, Küchenchefin auf dem "Landgut Schönwalde" im Havelland.
Zum Verzehr angebotenes Wildfleisch aus Deutschland stammt ausschließlich von Tieren aus freier Wildbahn. Neben Reh und Hirsch sind das zum Beispiel Wildschwein, Wildente oder Fasan. Qualitativ gutes Wildbret aus heimischen Revieren bekommt man beim Jäger, Förster, Metzger oder Wildhändler. "Es gibt aber auch Farmwild, das eingezäunt gehalten, gefüttert und geimpft wird", erklärt Waldbauer. Wildfleisch aus Neuseeland stammt zum Beispiel aus landwirtschaftlichen Betrieben.
Oder Rebhühner, die kommen meistens aus Spanien oder Frankreich und werden in der Regel tiefgekühlt geliefert. Das liegt daran, dass Federwild relativ schnell verderblich und für einen Keimbefall wie Salmonellen empfänglich ist und deshalb nicht abgehängt werden darf. "Jedes frische Federvieh muss laut Hygieneverordnung innerhalb von zwei Tagen verarbeitet werden", so Waldbauer.
Wildfleisch kann man küchenfertig kaufen. Es muss nicht mehr ausgenommen und zerlegt werden. Der Hobbykoch kann es sofort weiterverarbeiten, würzen und bei Bedarf füllen. Grundsätzlich "verstärkt sich mit dem Alter des Tieres das Aroma des Fleisches", schreibt Jean-Francois Mallet in seinem Kochbuch "Rezepte aus dem Wald". Fleisch von jungen Tieren hat eine gesunde rote Farbe und schmeckt immer zarter als das von älteren. Dunkel darf das Rot sein, aber keinesfalls ins Schwärzliche gehen. Dann ist es nicht mehr ganz frisch.
Aus Fleisch von älteren Tieren bereitet man am besten Schmorgerichte wie Hirschragout oder Hasenpfeffer zu. Und "hat eine wilde Sau doch mal einen zu strengen Geschmack - dazu sagt man auch Hautgout - kann man das Fleisch vor der Verarbeitung einlegen", erklärt Remuß. Die Expertin macht das zum Beispiel mit Buttermilch. Da das Fleisch mager ist, nimmt es eine Beize besonders gut auf. Manchmal "neigt wildes Federvieh dazu, trocken zu sein", weiß Remuß. Da hilft es, das Wildfleisch beispielsweise beim Braten im Ofen mit Speckstreifen zu bedecken.
Wildfleisch lässt sich hervorragend mit roten Beeren kombinieren. "Klassisch gehören dazu Holunder, Heidelbeeren, Hagebutten und Brombeeren" sagt Remuß. Alles Früchte, die man theoretisch auch in Wald und Flur finden und ernten kann. Süßes passt sowieso sehr gut zu Wild. Mallet stellt in seinem Kochbuch zum Beispiel ein Rezept für geschmorten Hasen mit Schokosoße vor. "Ohne zu dominieren, verleiht das Kakaoaroma der Soße eine samtene Raffinesse und schwächt dabei den Wildgeschmack dezent ab", schreibt er.
Auch aus dem Wald - und mit oder ohne Wild schmackhaft - sind Pilze. Ob Pfifferlinge, Steinpilze oder Morcheln - "es sollten nur vom Fachmann begutachtete Sorten verarbeitet werden", rät Christine Spazier von kräuterspatz.at aus Villach in Kärnten. Wer selbst sammelt, greift am besten nur nach wirklich frischen Exemplaren. Pilze sind eiweißhaltig und verderben schnell, das heißt Finger weg von alten, angetrockneten oder erfrorenen. Vor dem Kochen oder Braten brauchen Pilze wenig Vorbereitung. "Einfach mit einer weichen Bürste die Erde entfernen", sagt Spazier. "Und bloß nicht waschen, da werden sie nur matschig."
Während Pilze nur im Herbst Saison haben, wachsen Kräuter und Gräser mitunter das ganze Jahr. Remuß ermuntert zum Waldspaziergang, um "einfach mal bewusst darauf zu achten, was sich nicht alles in der gehobenen Gastronomie wiederfindet". Angefangen bei Vogelmiere, Schafgarbe, Gänseblümchen oder Löwenzahn bis hin zu Giersch, Gundelrebe und Knoblauchsrauke. "Sie enthalten deutlich mehr Mineralien, Vitamine und Bitterstoffe als herkömmlicher Salat, der in Monokulturen angebaut wird", weiß Spazier. Die Bloggerin nutzt ihre Kräuterfunde gerne für Suppen, Kräutersalz oder als Salatbeigabe.
Wenig Fachwissen braucht man dagegen für Maronen - die Esskastanien. Mallet rät für die Zubereitung, die frische Schale mit einem scharfen Messer erst einmal kreuzweise einzuritzen. Anschließend werden die Maronen entweder in einer Pfanne mit etwas Sonnenblumenöl geröstet bis die Schale aufspringt. Oder man legt sie in einen Kamin und röstet die Maronen über dem offenen Feuer. Dabei entwickeln sie ein feines, rauchiges Aroma. dpa