Wimdu contra Berlin Wohnungsvermittler klagen gegen Schutzgesetz

Von Diana Niedernhöfer und Burkhard Fraune

Städteurlaub in der Ferienwohnung liegt voll im Trend. Doch der hippe Tourismus ist Berlin ein Dorn im Auge, gehen doch zu viele Wohnungen für die Einwohner der Stadt verloren. Ein Gesetz sollte die Branche zähmen und Wohnraum schützen - doch Wohnraumvermittler wollen nun klagen.

Wo liegt der Stein des Anstoßes?

Eine Million privat vermieteten Betten soll es bundesweit geben, wie das Beratungsunternehmen dwif ermittelt hat. In Berlin ist das gut zu besichtigen: In ganzen Mehrfamilienhäusern sieht man nur noch Bewohner mit Rollkoffer und Reiseführer. Stephan von Dassel, grüner Bezirkstadtrat von Mitte, dem am stärksten betroffenen Bezirk, hat zählen lassen. Ergebnis: Mehr als 23 000 Ferienwohnungen in der Hauptstadt kann man inzwischen online buchen.

Schafft das denn Probleme?

Ja - denn die 3,5-Millionen-Metropole wächst pro Jahr um 40 000 bis 50 000 Menschen. Es gibt aber zu wenig Wohnungen. In den angesagten Bezirken ist der Markt nahezu leer gefegt, Geringverdiener finden dort kaum noch eine Bleibe. Allein deshalb sind Ferienwohnungen den rot-schwarzen Koalition ein Dorn im Auge. Hinzu kommt eine Flut von Anwohner-Beschwerden: Laute Partys und Müll im Hausflur setzen der Gastfreundschaft zunehmend Grenzen.

Was macht Berlin dagegen?

Seit eineinhalb Jahren gilt in Berlin das sogenannte Zweckentfremdungsverbot. Wohnraum soll demnach nicht mehr für Vermietungen an Touristen genutzt werden dürfen. Ausnahmen gibt es für unter Umständen für private Unterkünfte: Für sie gelten Übergangsfristen bis Anfang Mai 2016, falls ihre Besitzer sie bis August 2014 beim Bezirk gemeldet haben.

Gibt es Widerstand gegen das Gesetz?

Wohnungsvermittler sehen sich durch das Gesetz zu Unrecht an den Pranger gestellt: «Der Eindruck von ganzen Straßenzügen, die durch private Ferienwohnungen geprägt sind, ist eine Mär», sagt Arne Kahlk vom Online-Portal Wimdu. Auch in Trendvierteln wie dem Prenzlauer Berg, Friedrichshain oder Kreuzberg habe Wimdu nicht mehr als 300 Wohnungen. Hier werde bewusst mit Ängsten gespielt und nach Sündenböcken gesucht, anstatt nüchterne Zahlen zu analysieren. Außerdem wolle Berlin nur von seiner verfehlten Wohnpolitik ablenken.

Was wollen Privatvermieter dagegen machen?

Wimdu und die Appartement-Allianz lassen eine Klage beim Berliner Verfassungsgerichtshof vorbereiten. «Mit dem Gesetz wird ein ganzer Berufszweig schikaniert», sagt Kahlke. Die Kläger sehen die Grundrechte von privaten Vermietern (Appartement Allianz) wie von von gewerblichen Vermittlern (Wimdu) verletzt.

Es geht also um die Verteidigung von Geschäftsinteressen?

Wimdu will nach eigenem Bekunden auch etwas viel Grundsätzlicheres klären lassen: Den Bedarf an Ferienwohnungen gebe es eindeutig, sagt Wimdu-Jurist Peter Vida. Berlin habe das schärfste Gesetz zum Schutz seines Wohnraums - viel restriktiver als die Regelwerke in Hamburg oder München. Das werfe die Frage auf: «Wie weit darf eine Metropole eigentlich gehen, um ihren Wohnraum zu verteidigen».

Wie erfolgreich ist Berlin eigentlich im Kampf gegen Ferienwohnungen?

Bisher nicht besonders. Gemeldet sind gut 6000 der 23 000 Ferienwohnungen - das heißt, bis zu 17 000 werden illegal weiter betrieben. Die Behörden konnten aber erst gut 1000 Verstöße nachweisen, wie die Bauverwaltung nun mitteilte. Oft sind dafür Anwohnerhinweise nötig. Denn es mangelt an der Kontrolle. Stadtrat von Dassel sagt, ohne zusätzliches Personal seien die Bezirke der Hauptstadt überfordert. dpa