Wo ist das Hotel mit den Imperial Bedrooms?

Eine kaputte Welt voll von Drogen, Sexsucht und Gewaltexzessen: Das ist es nicht, was so verstörend wirkt. Erschreckend ist, dass die Welt sich nicht geändert hat im neuen Roman von Bret Easton Ellis. Der Alltag in «Imperial Bedrooms» ist immer noch auf ernüchternde Weise der gleiche wie früher. Protagonist Clay, ein erfolgreicher Drehbuchautor, kehrt nach 25 Jahren nach Los Angeles zurück. In Hollywood trifft er auf seine alten Freunde aus der Teenie-Zeit und muss feststellen: Weder sie noch er selbst sind auch nur ein Quäntchen erwachsener geworden.

Noch immer bestimmen dekadente Partys, flüchtige Liebschaften und Markenklamotten ihr mondänes Leben. Darin suchen die jetzt Mittvierziger einen tieferen Sinn, zugekokst oder bedröhnt von Champagner: Es ist eine Welt, in der man sich nur noch zudröhnen kann, bilanziert Clay zwischendurch deprimiert. Ein großes, übergeordnetes Ziel lässt sich in seinem Handeln nicht erkennen. Ein roter Faden durchzieht nur sein Verlangen, mit immer wieder neuen Frauen - bevorzugt jungen Schauspielerinnen - zu schlafen. Gefühle kann Clay nur bei seinem Psychiater zeigen. Dort weint er sich ob des ganzen Überdrusses bitter aus.

25 Jahre - so lange hat sich Bret Easton Ellis für seinen 224 Seiten schmalen Fortsetzungsroman Zeit gelassen, den er an diesem Freitag (1.10.) mit einer Lesung im Berliner Admiralspalast vorstellt. «Imperial Bedrooms» ist die Fortsetzung von «Unter Null» aus dem Jahr 1985, dem Erstlingswerk des US-Schriftstellers. In der Zwischenzeit verfasste der heute 46-Jährige eine Reihe von weiteren gefeierten Werken, darunter «American Psycho». Mit der Geschichte des mordenden Wall-Street-Yuppies Patrick Bateman stieg Ellis Anfang der 90er Jahre kometenhaft zum Star-Autor auf. Auch die Verfilmung des Stoffes mit Christian Bale in der Hauptrolle hat Kultstatus.

Durch «Imperial Bedrooms» schließt sich nun der erzählerische Kreis der Werke. 1985 - 2010 - so lauten die letzten Worte des Ich- Erzählers. Sie markieren auch den Rahmen für das literarische Schaffen von Ellis, der für deutsche Pop-Literaten wie Benjamin von Stuckrad-Barre oder Christian Kracht einst zum Vorbild wurde. Ellis' Werke kreisen um die hedonistische Gesellschaft, hinter deren schicker Fassade Neid, Depressionen und Mordgelüste wüten. Auch in «Imperial Bedrooms» wird wieder auf bestialische Weise gefoltert und gemordet. Dass der Autor nach 25 Jahren keine neuen Themen findet, ist dann auch enttäuschend.

Neu an «Imperial Bedrooms» ist, dass der Leser quasi interaktiv bei der Handlung mitwirken kann. Angelehnt an eine Szene im Roman kann er auf der Internetseite www.thedevilinyou.com (Der Teufel in Dir) ein Casting mit einer jungen Schauspielerin leiten. Die Blondine will unbedingt die Rolle in dem Film - und per Mausklick lässt sie sich dazu überreden, fast alles dafür zu machen: Einen Strip hinlegen, Drogen nehmen und den Caster dann oral befriedigen. Anschließend erfährt man hochgerechnet in Prozentzahlen, wie viel Teufel und Sadismus in einem stecken. Das erniedrigende Spiel zeigt auch, wie Ellis die Zielgruppe für seinen siebten Roman einschätzt. (Haiko Prengel, dpa)