Wein aus Österreich Die Carnuntum-Winzerinnen

Seit Jahren treten immer häufiger Winzertöchter in die Fußstapfen ihrer Eltern und bringen frischen Wind in das Gebiet. Die geballte Frauenpower ist einzigartig, aber gleichzeitig auch nicht verwunderlich. Carnuntums Weinberge liegen im Osten an den Ausläufern der Karpaten und im Westen an den Ausläufern der Alpen. Der Korridor dazwischen diente über Jahrhunderte immer wieder als Einfallgebiet, und oft genug waren es die Frauen, die das Gebiet nach kriegerischen Auseinandersetzungen wieder aufbauen mussten. Die Hands-on-Mentalität ist bei den Carnuntinerinnen einfach in den Genen verankert.  

Ein neues Zeitalter hat begonnen

In naher Zukunft werden neun relevante und namhafte Betriebe von Frauen geleitet. Gemeinsam bewirtschaften diese Winzerinnen 247 ha Rebfläche von den 515 ha der Rubin Carnuntum Weingüter. Insgesamt stammen somit fast 60% aller Weinflaschen der Rubin Carnuntum Weingüter in naher Zukunft aus weiblicher Hand. Wird sich der Weinstil dadurch verändern? Wahrscheinlich. Aber das tut er im Laufe der Zeit sowieso. Was sich aber ganz sicher verändert, ist das Bild des Winzers oder besser gesagt: der Winzerin.

Biologische Landwirtschaft

Ein großes Anliegen der jungen Winzerinnen ist es, den Weinbau in Carnuntum auf biologische Landwirtschaft umzustellen. Dieses Ziel soll schon bis 2028 erreicht sein. Blühende Pflanzendiversität in den Weingärten prägen wieder das Landschaftsbild, der Weg führt oft zurück zu gemischten landwirtschaftlichen Betrieben.

So hat zum Beispiel Karoline Taferner mit Einstieg in den elterlichen Betrieb im Jahr 2015 die Bewirtschaftung der Rebfläche rigoros auf biologisch umgestellt. Das große gemeinsame Ziel des biologischen Weinbaus ist es, die Betriebe enkeltauglich und nachhaltig zu gestalten.

„Seit ich unseren Betrieb übernommen habe, gibt es nur biologisches Wirtschaften. Der Austausch mit den Winzerinnen ist dabei eine wichtige Guideline für mich.“

Karoline Taferner (35), Weingut Taferner: Betriebsübernahme 2022

Naturbelassen und unfiltriert

Nicht nur die Bewirtschaftung der Weingärten ist im Wandel, auch die Prozesse im Keller verändern sich spürbar. Der Trend zu unfiltrierten und ungeschönten Weinen lässt sich bei den jungen Winzerinnen bemerken.

Große internationale Erfolge, besonders am US-amerikanischen Markt, feiern mit ihren naturbelassenen Weinen die Winzerinnen Christina Artner-Netzl (oben) und Hanna Glatzer.

„Wir Winzerinnen gehen definitiv unseren eigenen Weg, aber der Erfahrungs-Austausch mit den Eltern spielt für uns alle nach wie vor eine wichtige Rolle.“

Christina Artner-Netzl (39), Weingut Franz & Christine Netzl: Vollständige Betriebsübernahme 2019

Mit JOMA hat Johanna Markowitsch eine leichtfüßige Weinlinie kreiert und trifft damit den Zeitgeist der jungen Weingenießer:innen-Generation.

„Anders als unsere Eltern hatten wir die Möglichkeit uns schon viel auf der Welt anzusehen. Wir bringen viele Ideen ein und probieren gerne aus.“

Johanna Markowitsch (29), Weingut Markowitsch: Leitet das Weingut gemeinsam mit ihrem Vater

„Down to earth“ heißt die Serie von Michaela Riedmüller, unter der sie unfiltrierte, maischevergorene und im Holzfass gereifte Weine vinifziert.

„Mein Weingut ist das einzige in Hainburg. Unsere „sisterhood“ ist ein wichtiges Netzwerk für mich.“

Michaela Riedmüller (33), Weingut Riedmüller: Vollständige Betriebsübernahme 2018

Dynamische und innovativ

In Carnuntum steckt viel Potenzial. Das wissen auch die Winzerinnen und flackern nicht lange rum. Sie nutzen dieses, um Träume und Ideen erfolgreich zu realisieren. Das qualitätsvolle Angebot, das dabei entsteht, ist ein Magnet für zahlreiche Gäste. 

Victoria Gottschuly-Grassl hat ihre Kindheit in einer gemischten Landwirtschaft verbracht. Nachdem die Schweine viele Jahre lang ausquartiert waren, hat sie eine edle Kreuzung aus Duroc-Mangalica wieder auf den Betrieb zurückgeholt und serviert in ihrem Heurigen den besten Schweinsbraten der Region.

„Konkurrentinnen? Nein! Wir führen kleine Betriebe in einem kleinen Gebiet. Nur gemeinsam haben wir Gewicht und können Carnuntum berühmt machen.“

Victoria Gottschuly-Grassl (32), Weingut Gottschuly-Grassl: Vollständige Betriebsübernahme mit 2024

Die Winzerin Stefanie Böheim ist leidenschaftliche Gastgeberin. So hat sie das Weingut einfach um einen Heurigen erweitert, und noch dazu um den elegantesten weit und breit.

„Oft stehen wir vor den gleichen Herausforderungen. Weil wir uns gerne austauschen, findet jede für ihren Betrieb rasch die passende Lösung.“

Stefanie Böheim (30), Weingut Böheim: Vollständige Betriebsübernahme 2024

Idyllisch ist der Heurige von Magdalena Gratzer-Sandriester am Fuße des Spitzerbergs in den Prellenkirchner Kellergasse, den nun schrittweise ihre Tochter Lisa übernimmt.

„Das Feedback der Winzerinnen zu meinen ersten eigenen Weinen ist Gold wert und hilft mir dabei, meinen persönlichen Stil zu finden.“

Lisa Gratzer (23), Weingut Gratzer-Sandriester, Arbeitet am Weingut gemeinsam mit ihrer Mutter Magdalena

Von Erfolg gekrönt

2023 durften die Winzerinnen aus Carnuntum bereits viele Erfolge feiern. Die Winzerin Victoria Gottschuly-Grassl wurde mit ihrem „Zweigelt 2021 Hoher Weg“ Niederösterreichische Landessiegerin in der Kategorie Zweigelt. Das Vater-Tochter-Erfolgsduo Gerhard und Johanna Markowitsch erhielt erstmals für die Rebsorte Zweigelt noch nie dagewesene Höchstbewertungen der renommierten winerater James Suckling und Jancis Robinson. 

Dorli Muhr wurde von Gault&Millau zur Ausnahmewinzerin des Jahres gekürt. Ebenfalls war sie Teil der Top 100 Wineries Liste des renommierten Fachmagazins Wine & Spirits.

„Die Unternehmensführung von Frauen ist anders. Sie ist auf Augenhöhe und weniger hierarchisch. Es herrscht Teamspirit.“

Dorli Muhr (58), Weingut Dorli Muhr: Selfmade-Winzerin seit 2002