Daniel Achilles, der Koch des Jahres

Von Britta Schultejans

Wenn Köche zu Promis werden, gefeiert wie Rockstars, dann kann Daniel Achilles das nicht verstehen. Sein Job habe doch mit Glitzer und Glamour eigentlich gar nichts zu tun. «Das ist ein knochenharter Job», sagt er - auch wenn einige heute mit Marketing- und PR-Auftritten ein anderes Bild vermittelten. «Köche sind ja meist fleißige, bescheidenere Leute. Aber die öffentliche Wahrnehmung ist heutzutage eine andere. Meine persönliche Lieblingsentwicklung ist das nicht.» Trotzdem hat der «Gault Millau» Achilles jetzt zum «Koch des Jahres 2014» erklärt - oder gerade deshalb.

Seine Küche im Restaurant «Reinstoff», so meinen die Kritiker, «bietet bei aller Präzision und Produktbesessenheit auch sinnlich-süffigen Genuss und Witz». Von allen Berliner Küchen entwickele sich die von Achilles, die «geschmackliche Funken» schlage, am schnellsten. Einige Beispiele für seine Gerichte: Strömling mit Äpfeln, Blüten, Zwiebel und Mini-Smörrebröd , Ochsenschwanz-Curry mit Linsen und Mango oder gerösteter und gehobelter Kohlrabi, «ein sanft-sahniger Sud mit Nudelblättern und ein Hauch Seezungen-Bottarga». 18 von 20 möglichen Punkten vergab der «Gault Millau» dafür.

Zu den Gault Millau Restaurants 2014

Das Besondere: Achilles braucht für seine Luxusküche (zwei Sterne im «Michelin»-Guide) keinen Hummer. Bei ihm gibt es auch mal Tomaten und Gurken. Der «Gault Millau» meint dazu: «Wie er aus vermeintlich einfachen Produkten große Küche macht, das empfinden wir als im höchsten Maße zeitgemäß.» Einen teuer eingekauften Steinbutt lecker zuzubereiten, sei schließlich keine große Kunst. Der schmecke ja schließlich «per se gut».

Ein bisschen ist diese Herangehensweise für Achilles, der auch bei dem Molekular-Pionier Juan Amador gelernt hat, Philosophie, ein bisschen aber auch einfach pragmatisch. «Ich kann kein Menü aufschreiben, auf dem es von Langustinen, Hummer, Stopfleber und Kaviar wimmelt», sagt er. Allein aus wirtschaftlichen Gründen. «Ich mache mir dann auch gerne mal Gedanken über einen Wels, einen Karpfen, Tomaten und Salate.»

Bei allem jetzt vom «Gault Millau» gelobten Genuss und Witz: Achilles wehrt sich gegen die seiner Ansicht nach in der Öffentlichkeit verbreitete Wahrnehmung, Kochen sei keine harte Arbeit. Bei allem Stress ist sein Restaurant für Achilles nach wie vor eine Herzensangelegenheit und wenn ein Abend gut laufe, die Gäste glücklich seien, dann wisse er auch, warum er diesen Beruf so mag. Aber: «Wenn das Gefühl vermittelt wird, das ist alles chic und easy und trendy, dann verwischt das.»

14 Stunden arbeitet der 37-Jährige jeden Tag - mindestens. Und immer dann, wenn andere frei haben. In seinem Berliner Restaurant «Reinstoff» ist er der Chef und macht alles selbst - nicht nur in der Küche. Gespräche mit dem Steuerberater, irgendwo geht eine Steckdose kaputt - auch darum muss er sich kümmern und dafür gibt es keine Auszeichnung. «Man verbrennt viel mehr private Zeit als jemand, der ein PR-Büro hat oder ein Personalbüro.»

Die private Zeit verbringt er mit seinem anderthalb Jahre alten Sohn Peter und seiner Lebensgefährtin, die Pommes mit Mayo liebt - «über alles». Manchmal führe das zu Konflikten, weil er selbst mit Fast Food ebenso wenig anfangen kann wie mit «pseudo-hippen» veganen Restaurants. «Das ist schon ein Reizthema.» So etwas wie ein Burger hat aber trotzdem den Weg auf seine Speisekarte gefunden. Da heißt das Gericht aber «Geröstete Rehleber mit Rohkost im gedämpften Brötchen». «Das ist Zeitgeist», sagt Achilles. «Mit einem Augenzwinkern.» dpa