Selektion Deutscher Luxushotels (SDLH) Ist Luxushotellerie noch zeitgemäß?

Lieber Herr Peters, lassen Sie uns mit einer provokanten Frage starten: Ist Luxushotellerie noch zeitgemäß?

Luxus wird nie aus der Mode kommen. Allerdings hat sich die Definition von Luxus in den letzten Jahren stark verändert. Wenn es in der Hotellerie vor einigen Jahren noch darum ging, neueste technische Einrichtungen, eine exklusive Ausstattung und herausragende Gourmet-Küche zu bieten, sind das heute Dinge, die der anspruchsvolle Gast voraussetzt. Luxus heute heißt, Gästen ihren Aufenthalt im Hotel unbeschwert, individuell und emotional ansprechend zu gestalten. An unvergessliche Momente und bewegende Emotionen erinnert man sich.

Interview mit Ingo C. Peters, General Manager im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten, über Luxus, Mindestlohn, Höchstarbeitszeiten und höchste Qualität.

Stichworte Mindestlohn und Höchstarbeitszeiten: Macht die Luxushotellerie bei solchen Regelungen überhaupt noch Spaß und Sinn?

Ich denke, diese Regelungen werden zu einem Umdenken in der Branche führen, das bereits überfällig war. Die Umstellung auf diese Regelungen ist zunächst sicherlich nicht leicht und sehr aufwendig, aber gerade in der Luxushotellerie bietet sich hier die Möglichkeit, die Branche langfristig wieder attraktiv zu machen und somit dem chronischen Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Langfristig werden diese Maßnahmen sicherlich dazu beitragen, die Hotelpreise in Deutschland endlich auf ein europäisches Niveau anzupassen.

Wie schaffen Sie Höchstleistungen bei der SDLH trotz dieser Einschränkungen?

In der Selektion haben sich alle Mitglieder der Kultur der Gastlichkeit verpflichtet, was höchste Ansprüche an Service und Gastgebertum stellt. Wie alle in der Branche müssen wir umdenken, mehr Mitarbeiter einstellen und Abläufe neu organisieren. Wir sehen dies aber auch als Chance, eingefahrene Arbeitsprozesse kritisch zu überdenken und zu verändern. Klare Karriereperspektiven, regelmäßiges formalisiertes Feedback, Mentoren-Programme sowie vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten sind nur ein Teil des notwendigen Personalmanagements, um zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wie muss sich Luxus heute definieren, um ausreichend Gäste anzusprechen?

Wie bereits angedeutet, gibt es inzwischen viele neue Definitionsansätze für Luxus: Zeit, Gesundheit, Individualität, Freiheit, neue und unvergessliche Eindrücke - meist sind es Dinge, die man nicht kaufen kann. Bei dieser Art des Luxus steht der persönliche, unaufdringliche und individuelle Service im Mittelpunkt, der zusammen mit einem exklusiven Ambiente unvergessliche Momente schafft. Um in dem zunehmend umkämpften Markt der Luxushotellerie erfolgreich sein zu können, muss man sein Markenversprechen klar und deutlich definieren und sich ganz stringent daran halten. Nur wenn man seinem Markenversprechen kompromisslos treu bleibt und sich auch bei etwaigen Veränderungen streng daran hält, erreicht man eine Authentizität, mit der man unverwechselbar ist und für Stammgäste interessant bleibt und neue Zielgruppen anzieht.

Im Verbund haben wir in jüngster Zeit einige Projekte verwirklicht, die eindrucksvoll zeigen, wie sich zum Beispiel neue Gastronomiekonzepte im traditionellen Rahmen eines Luxushotels entwickeln können. Sie verjüngen das Publikum, steigern den Bekanntheitsgrad und wirken sich so positiv auf die gesamte Marke aus.

Die Spitzenköche der SDLH haben aktuell wieder ihre Sterne bestätigt oder Punkte hinzugewonnen. Ist klassische Sterneküche in der Luxushotellerie immer noch ein Muss? Oder verändert sie sich ebenfalls in Richtung von mehr Lässigkeit, gepaart mit bodenständigen Produkten?

Wir freuen uns sehr, dass wir in der SDLH dieses hohe Niveau halten konnten und wissen den Willen und Einsatz der Kollegen in den Gourmetküchen der Selektion sehr zu schätzen. Auch hier gilt: Höchste Qualität, ausgefallene, individuelle Zubereitung und hervorragender Service in einem außergewöhnlichen Ambiente werden auf diesem Niveau vorausgesetzt. Wichtig ist hier, dass es den Gourmet-Restaurants in der Selektion gelingt, seinen Gästen ein authentisches, unvergessliches Erlebnis zu bieten und zwar unabhängig davon ob sie "barfuß oder in Lackschuh" sind.

Sind alternative Unterbringungsmöglichkeiten und "shared Economy" eine Herausforderung für die Selektion?

Die Betriebsmodelle der "shared Economy" sind für die gesamte Branche eine Herausforderung und fordern ein Umdenken. Sicherlich sind wir als Verbund von Luxushotels auf Grund unseres umfangreichen Angebots zunächst nicht direkt betroffen, aber trotzdem müssen wir uns mit den wechselnden Anforderungen und Erwartungen unserer Gäste auseinandersetzen und darauf reagieren. Es hat ja einen Grund, warum diese Unterbringungsmöglichkeiten so erfolgreich sind und das ist sicherlich nicht nur der Preis. Da geht es nämlich in großem Maße um Individualität, Unabhängigkeit und Authentizität - und darauf müssen wir uns einstellen.

Was plant die SDLH für das kommende Jahr?

Wir müssen daran weiterarbeiten, das Image der Branche zu verbessern und dabei auf die vielen einzigartigen Chancen und Möglichkeiten hinweisen, die dieses spannende Berufsbild auch für Quereinsteiger bietet. Diese Aufgabe erfordert in erster Linie Leidenschaft und wer diese hat, findet darin zumeist eine spannende und erfüllende Karriere.

Das Interview führte Nikolas Rechenberg

Ingo C. Peters ist Vorsitzender der Selektion Deutscher Luxushotels (SDLH), Regional Vice President Europe und General Manager im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg.

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