Kochen mit Curry, Koriander und Kurkuma

Von Aliki Nassoufis

Rineesh Thaha brät gewissenhaft die Zwiebeln im Topf mit Kokosnussöl an. Die eingelegten Fischstücke sind schon drin, jetzt hebt er noch die Senfsamen, das Chili und die Curry-Blätter unter. Kurz danach ist das Essen fertig: Malabar Fish Curry. «Das ist eines der beliebtesten Gerichte in Kerala», erklärt der junge Koch des Hotels 'Serenity' in Vazhoor im südwestlichsten Bundesstaat Indiens und ergänzt: «Vor allem die Würze der Curry-Blätter ist typisch für die gesamte südindische Küche.» Tatsächlich gibt es im Süden des großen Subkontinents ganz eigene Speisen - die hierzulande kaum bekannt sind.

«In Europa und den USA gibt es mittlerweile zwar viele indische Restaurants», sagt Sonu Koithara, der mehrere Jahre als Koch in Hotels in London und New York arbeitete, dann aber in seine Heimat Kerala zurückkehrte und dort die Leitung der Küche im Resort Vivanta by Taj - Kovalam übernahm. «Doch die repräsentieren meist nicht die gesamte indische Küche, sondern meist die nordindische.» Das liege vor allem daran, dass diese Restaurants oft von nordindischen Emigranten eröffnet würden, die logischerweise die Küche ihrer Heimat weitergäben. Die Folge: Restaurants mit südindischen Spezialitäten sind in Deutschland ziemlich rar.

Das ist schade, denn wer glaubt, mit der nordindischen Küche auch die südindische zu kennen, täuscht sich. «Zwischen der Küche Nord- und Südindiens gibt es große Unterschiede», erklärt der Sous-Chef Kartheeswaran vom Temple Bay Resort in Mamallapuram in Tamil Nadu, dem Nachbar-Bundesstaat von Kerala. «Während im Norden viele cremige Soßen auf Joghurtbasis verwendet werden, kochen wir im Süden vor allem würzig.» Europäer, die eher milde Küche gewöhnt sind, werden diesen Unterschied in der Tat schnell herausschmecken.

Die Schärfe allein macht die Gerichte aber nicht aus. «Früher wurden die Gewürze oft auch genutzt, um das Essen darin einzulegen und so für ein paar Tage haltbar zu machen», erläutert Koithara. «Heute spielt die südindische Küche viel mehr mit der Menge der verwendeten Gewürze.» Scharf sei nicht gleich scharf, vielmehr komme es auf unterschiedliche Dosierungen an - und darauf, dass man verschiedene Gewürze verwende. Sous-Chef Kartheeswaran zählt einige typische auf: Kreuzkümmel, Kurkuma, Chilipulver, Koriander und natürlich die kleinen, grünen Curry-Blätter, die vielen südindischen Gerichten den intensiven und eher bitteren Eigengeschmack verleihen.

Vor allem aber wartet die Küche im Süden des Subkontinents - zu der Fachleute neben Kerala und Tamil Nadu auch die Bundesstaaten Andhra Pradesh und Karnataka zählen - mit eigenen Gerichten auf. Zum Beispiel Idlis. Das sind helle, weiche und gedämpfte Reisfladen, die beim Essen in verschiedene Soßen getunkt werden. «Wir essen sie zum Frühstück, zum Abendbrot oder aber auch zwischendurch als Snack», erklärt Sous-Chef Kartheeswaran. Dosas gehören ebenfalls dazu: große und dünne Reis-Pfannkuchen, die optisch an Crêpes erinnern. Werden sie «masala» serviert, heißt das, sie kommen mit einer eingewickelten Füllung - vegetarisch, fisch- oder fleischlastig.

Reis wird aber nicht nur zu Mehl verarbeitet, sondern steht fast immer auch in ganzen Körnern auf dem Tisch. Allerdings nicht nur eine Sorte, sondern oft mehrere. «Schließlich wird viel Reis im Süden Indiens angebaut», sagt Koithara. Genauso wie Kokosnüsse, die ebenfalls fest zur südindischen Küche gehören. Aber nicht nur die Milch als Zutat, sondern vor allem auch das Öl. «Kokosnussöl wird häufig zum Kochen und Braten verwendet und verleiht den Gerichten einen eigenen Geschmack.»

Hinzu kommen viele frisch an den Küsten gefangene Fische, Linsen, Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln und - seltener - auch Fleisch. Aus der Mischung der Zutaten ergeben sich viele unterschiedliche Speisen wie Curry-Gerichte mit verschiedenen Soßen. Oft kommen aber auch verschiedene kleine Schälchen auf den Tisch. Das ist gerade für Neulinge der südindischen Küche ein perfekter Einstieg: Idlis, Dosas und andere kleine Brote können so in mehrere Soßen und Gerichte getunkt werden. dpa

Essen ohne Besteck

Besonders im Süden Indiens essen viele Menschen mit den Fingern. «Wir wollen das Essen spüren - so schmeckt es gleich noch besser», findet der Koch Kartheeswaran aus dem Bundesstaat Tamil Nadu. Dafür werden aber nicht die ganzen Hände, sondern nur die Fingerspitzen verwendet. Außerdem darf nur die rechte Hand benutzt werden. Wer zu Hause noch mehr Südindien-Feeling bekommen möchte, sollte das Essen nicht auf Tellern, sondern auf Bananenblättern servieren. Im Süden Indiens werden viele Speisen nämlich in die grünen Blätter gewickelt gereicht - oder die Blätter werden in die passende Größe geschnitten und als Einmal-Teller verwendet.