3-Sterne-Koch Kevin Fehling im Gespräch

Von Ingo Senft-Werner und Klaus Peters

Als Kind aß er am liebsten Salamipizza und die mag er noch immer gern - «nur mit scharfen Peperoni». In seiner Restaurantküche greift der 35-jährige Kevin Fehling inzwischen nach den Sternen. Der jüngste deutsche Drei-Sterne-Koch führt Regie im «La Belle Epoque» in Lübeck-Travemünde. Nicht nur Fehling bricht als zehnter deutscher Spitzenkoch einen Rekord. Der neue Michelin-Führer Deutschland führt erstmals 255 Sterne-Restaurants auf, so viele wie noch nie. Zehn Drei-Sterne-Köche bedeutet in dieser Kategorie Platz 2 in Europa. Auf dem Spitzenplatz liegt die Grande Nation Frankreich mit 26 Dreiern - bei 594 Sterne-Restaurants insgesamt.

Wie rasant die Entwicklung in Deutschland verläuft, zeigt das Zwei-Sterne-Segment. Konnten sich im Jahr 2010 erst 18 Restaurants mit dieser Auszeichnung schmücken, sind es 2013 bereits doppelt so viele. Allein sieben kamen aktuell hinzu. Wie schnell es gehen kann beweist der frisch gekürte Fehling. Er hatte erst 2011 seinen zweiten Stern erhalten und steigt schon jetzt in den Gourmet-Olymp auf.

«Ich wollte immer weiter kommen beim Kochen und wenn dann zum Lohn auch noch Sterne funkeln ist das schön», sagt Fehling bescheiden. Er setzt auf moderne, weltoffene Küche - mit einem ganz besonderen Hang zur individuellen Note. Dass er eine Nähe zum Reifenhersteller Michelin hat, zeigte bei der Auszeichnung in Berlin ein Video über den Moment, als Fehling den entscheidenden Brief in der Küche öffnete: «Jetzt bin ich erstmal überfordert und das ist bei mir selten», bekannte er - danach bespritzte sich Fehling und seine Kollegen in echter Rennfahrer-Manier aus Champagnerflaschen.

Als Senkrechtstarter gilt auch Dirk Hoberg im «Ophelia» in Konstanz, der erst im vergangenen Jahr einen Stern erhielt und sich jetzt bereits mit dem zweiten schmücken kann. Er gehört für «Michelin»-Chefredakteur Ralf Flinkenflügel zu der Riege junger Köche, die frischen Wind in die Küchen und die Gaststuben bringen. «Sie sind top ausgebildet, motiviert und haben Gespür für Geschmack.» Und sie folgen nach Einschätzung des Chef-Testers nicht jedem Trend wie etwa der Molekularküche, sondern schöpfen ihren eigenen Stil. «Da kopiert keiner vom anderen - wir haben eine unheimliche Vielfalt.»

Dass es nicht immer etwas Exotisches sein muss, um in den erlesenen Kreis aufzusteigen, lässt sich an Fehlings Speisekarte ablesen. «Sein Eisbein mit Petersilie und Sauerkraut gehört zum Besten, was ich dieses Jahr gegessen habe», erzählt Flinkenflügel. Auch bei diesem scheinbar einfachen Gericht sei es dem 35-Jährigen gelungen, «geschmackliche Überraschungen und harmonische Kombinationen zu präsentieren».

Wenn sich überhaupt ein Trend ablesen lässt, dann die Hinwendung zu regionalen Produkten, sagt Flinkenflügel. «Viele Köche schreiben inzwischen auf ihre Karten, woher sie ihr Fleisch und ihr Gemüse beziehen.» Und apropos Gemüse - auf diese Beilage wird mehr Wert gelegt als früher. «Gemüse wird viel aufwendiger verarbeitet als noch vor Jahren», erklärt der Tester.

All diese Kriterien erfüllt Harald Wohlfahrt aus der «Schwarzwaldstube» in Baiersbronn im Schwarzwald. Erleichtert nimmt er zur Kenntnis, dass er seine drei Sterne auch im 21. Jahr behält. «Da kann man sich nie sicher sein.» Er freut sich auch, dass mit Fehling ein weiterer Zögling von ihm aufgestiegen ist. «Das ist jetzt der fünfte Schüler, der diese Ehre bekommt. Das ist glaube ich einmalig in Europa, dass ein Koch so viel für die Gourmet-Küche getan hat.» Insgesamt haben die Köche aus Wohlfahrts Küche im Laufe der Zeit 61 Sterne errungen.

Dass Deutschland mehr und mehr zum Schlemmerland wird, ist für Wohlfahrt eine logische Entwicklung. «Wo Geld und Zeit ist, entsteht auch eine Kultur.» Neben dem Trend zum Fastfood gebe es eben auch das Segment der guten Küche, das sich auch in den Medien widerspiegelt. «Als ich angefangen habe, hatten Köche noch keine öffentliche Anerkennung. Jetzt ist das Berufsbild viel attraktiver.» dpa

Zu den Listen Michelin 2013 - Sterne, Bibs, Hotels

Der «Guide Michelin» geht online: Unter der Adresse restaurant.michelin.de können die Nutzer Restaurants in allen Regionen, Geschmacksrichtungen und Preisklassen auswählen, sagte der Leiter Michelin Restaurants Deutschland, Michael Hottner. Die Häuser mit Sternen werden in diesem Portal besonders ausgewiesen. Der Service ist auch als App unentgeltlich verfügbar.

Gewinner und Verlierer im Griff nach den Sternen

Bei den Spitzenküchen im Südwesten hat der neue «Michelin»-Führer einiges umgekrempelt: Im Zwei-Sterne-Segment kamen zwei neue Häuser hinzu, eine Küche musste einen Stern abgeben. Acht Restaurants mit einem Stern verschwinden von der Landkarte, ebenso viele konnten sich aber in diese Liga vorarbeiten.

Einen zweiten Stern bekommen:

- «Ophelia», Dirk Hoberg, Konstanz

- «Hirschen», Douce Steiner und Udo Weiler, Sulzburg

Den zweiten Stern verliert:

- «Brenners Park-Restaurant», Baden-Baden

Einen Stern gewinnen:

- «Erbprinz», Ralph Knebel, Ettlingen

- «Scharff's Schlossweinstube», Martin Scharff und Dirk Seiger, Heidelberg

- «Anders auf dem Turmberg», Sören Anders, Karlsruhe

- «Raubs Landgasthof», Wolfgang Raub, Kuppenheim

- «Schlossgarten», Bernhard Diers, Stuttgart

- «Yosh», Klaus Jäschke, Stuttgart

- «5», Marc Müller, Stuttgart

- «Lamm Rosswag», Steffen Ruggaber, Vaihingen an der Enz

Einen Stern verlieren:

- «Landgasthof Adler», Langenau/Rammingen

- «Alte Sonne», Ludwigsburg

- «Strahlenberger Hof», Schriesheim

- «Breitenbach», Stuttgart

- «Waldhorn», Tübingen

Schließung von Ein-Sterne-Restaurants:

- «Ernst Karl», Kaisersbach

- «Flohr's», Singen

- «Zirbelstube», Stuttgart