Alboths im Hotel Dorotheenhof in Weimar Es geht nicht mehr!

Von Simone Rothe

«Ich habe lange mit mir gerungen», sagt Claus Alboth. Wenige Wochen nachdem der Restaurantführer Gault&Millau» den 51-Jährigen erneut mit 16 von 20 möglichen Punkten ganz vorn in die Reihe der Thüringer Spitzenköche gestellt hat, steht für ihn fest: «Jetzt ist Schluss.» Das Gourmetrestaurant «Alboths» im Hotel «Dorotheenhof» in Weimar wird geschlossen. Damit geht eine Ära zu Ende.

Seit fast zwei Jahrzehnten kocht Alboth auf Spitzenniveau und überzeugt die Restauranttester - erst in Erfurt und seit 2013 in Weimar. Er ist nach Sten Fischer vom «Alt-Weimar» bereits der zweite Thüringer Spitzenkoch, der sich trotz hoher Bewertungen im aktuellen «Gault&Millau» von der Gourmetküche verabschiedet. Aber warum?

Am Gästemangel oder wirtschaftlichen Gründen liege es definitiv nicht, sagt Alboth, der das Vier-Sterne-Hotel in der Klassikerstadt seit drei Jahren zusammen mit seiner Frau als Geschäftsführer leitet. «Ich musste die Reißleine ziehen. Es geht nicht mehr. Den Aufwand, den wir für ein Gourmetrestaurant betreiben müssen, können wir nicht auf noch weniger Schultern verteilen.» Alboth fehlt das Personal für eine aufwendige Küche.

Er suche seit mehr als einem halben Jahr geeignete Mitarbeiter für Küche und Service - bisher Fehlanzeige. «Wir haben einen Fachkräftemangel», bestätigt Dirk Ellinger, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Thüringen. Immer weniger junge Leute seien bereit, die Anforderungen in der Gastronomie zu akzeptieren. Gekocht wird abends, am Wochenende, an Feiertagen. Nicht nur in Thüringen fehlen Köche.

Bundesweit geht Restaurants und Gasthöfen der Nachwuchs am Herd aus. Die Zahl der jungen Leute, die eine Ausbildung als Koch beginnen, hat sich seit 2007 von 18 100 auf jetzt knapp 9300 fast halbiert, wie aus Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) hervorgeht. Der Verband der Köche sieht eine Gefährdung des Berufsstandes, sollte der Trend anhalten.

In Spitzenrestaurants wie dem «Alboths» komme noch der Druck hinzu, immer ganz vorn mitspielen zu müssen, glaubt Ellinger vom Thüringer Dehoga. «Es darf nicht so weit kommen, dass wir nur noch für den Restaurantführer kochen und nicht für die Gäste», sagt Alboth. Und selbst der erfahrene Koch räumt ein: «Ich hatte schon schlaflose Nächte vor dem Erscheinen der Restaurantführer im Herbst.»

Alboth hat für sich entschieden, nicht mehr jeden Gourmettrend mitzugehen. Er wolle das bestehende Hotelrestaurant im «Dorotheenhof» kulinarisch aufwerten, etwas bodenständiger werden und Schnickschnack weglassen, sagt er. «Wir werden weiter gut kochen. Aber vielleicht nur noch mit 13 oder 14 Punkten.» Er selbst wolle die Kochschürze nur noch in der hauseigenen Kochschule umbinden. Sie sei bereits bis September ausgebucht und solle um einen «Chefs Table» ergänzt werden, bei dem er vor den Gästen kocht.

Thüringen sei in der Spitzen-Gastronomie nicht mit Berlin oder Hamburg zu vergleichen, sagt Ellinger. «Jeder, der aufgibt, ist ein Verlust.» Aber es gebe zwischen Harz und Thüringer Wald eine gute gehobene Küche, findet der Dehoga-Geschäftsführer.

Das sehen auch die Tester von Restaurantführern so: Allein der Gault&Millau», neben dem «Guide Michelin» der bekannteste, hatte Anfang November 13 Restaurants herausgehoben; nach dem Aus für das «Alt-Weimar» Ende Oktober 2015 und jetzt Alboths Entscheidung sind es noch 11. Neben Marcello Fabbri vom «Anna Amalia» in Weimar, der wie Alboth auf 16 Punkte verweisen kann, gehören dazu Restaurants wie das «Scala» in Jena oder die «Posthalterei» in Meiningen. dpa