Apfelwein in Frankfurt Adressen, Restaurants und Termine

«Nur zu, der beißt nicht», verspricht Hans seinen zögernden Gästen am Holztisch. Hans kennt diese Blicke in der traditionsreichen Apfelweinkneipe «Kanonesteppel» in Frankfurt. Der 52-jährige Kellner kennt auch die verzogenen Mienen der «Eigeplackten» (Zugereisten), die zum ersten Mal einen Schluck des sauren «Stöffches» probieren. Eines Stöffches, das keineswegs nur in den Apfelweinwirtschaften der Bankenmetropole beliebt ist. Mehr als 40 Millionen Liter Apfelwein stellen die hessischen Keltereien im Jahr her, ein Hesse trinkt im Schnitt zehn Liter im Jahr.

Natürlich hat das Stöffche nicht nur Freunde. Es hält sich das Gerücht, ein «Ebbelwoi» schmecke erst nach dem dritten Glas. Die gebürtige Frankfurterin Karin Ceballos Betancur nannte den Apfelwein in einer Hass-Hymne einmal «eines der widerlichsten Getränke», das «schmeckt wie flüssiger Schimmel». Aber Apfelwein-Freunde wie Hans ficht das nicht an: Sie haben gelernt, dass sie nicht jeden Gast mit einem Schoppen beglücken können. In vielen Apfelwein-Wirtschaften, keineswegs aber in allen, wird deshalb inzwischen auch Bier ausgeschenkt.

Dabei ist die Bedienungsanleitung für den Sauer-Stoff denkbar einfach: «Erst in de Bembel, dann ins Gerippte, dann in de Herbert», heißt es in Frankfurt. Wie bitte? Nun, der Bembel, das ist ein graublau glasierter Keramikkrug. Getrunken wird der Apfelwein aus dem sogenannten Gerippten. Im typischen Rautenmuster des Glases reflektiert das Licht, sorgt für eine angenehme Farbe des Saftes - und durch die Rauten können die Finger nicht so schnell abrutschen, wenn der Abend mal länger wird.

In den Stuben der Apfelweinwirtschaften wird der Schoppen rund ums Jahr bestellt. Hochsaison ist allerdings der Herbst, wenn tonnenweise Äpfel in die Höfe der Keltereien gebracht werden. Bevorzugt werden traditionelle Sorten. «Tafelobst können wir nicht gebrauchen», sagt Martin Heil vom Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien, dem 48 Keltereien angehören - fast alle in Hessen.

Aber bevor der «Schoppe» zum «Petze», also zum Trinken, in Bembel oder Geripptes fließt, dauert es seine Zeit: In der Kelterung wird das Obst in die Pressen gefüllt - es rinnt dort der sogenannte Süße heraus, ein trübes, alkoholfreies Getränk. Der Saft, der Mitte Oktober in den Fässern gärt, wird «Rauscher» genannt - er ist wegen seiner durchschlagenden Wirkung auf die Verdauung auch gefürchtet. Da die Äpfel weniger Zucker als Trauben enthalten, fällt der Alkoholgehalt geringer aus als beim Wein, er liegt in der Regel bei 5 bis 7 Volumenprozent.

Wie beim Wein lässt sich kaum vorhersagen wie ein Apfelwein so munden wird: Er schmeckt an jedem Ort anders, weil sich neben den Sorten auch die Herstellungsmethoden von Region zu Region unterscheiden und jede Wirtschaft ihr eigenes Rezept hat. Getrunken wird der Äppler pur, mit Mineralwasser oder Limonade. Zunehmend wagt sich der «Äppelwoi» auch aus dem Bembel heraus: Der Trend geht zu hochklassigem Apfelweinausbau und Bioproduktion, meint Deutschlands erster Apfelwein-Sommelier Michael Stöckl.

Lange seien Vielfalt und Internationalität des Getränks unterschätzt worden. Immer häufiger experimentieren Kellereien mit ihrem «Äppler», den es heute bereits als Schaum- oder Perlwein gibt. Man reicht ihn zum Dessert oder genießt ihn als Apfel-Sherry.

Dem Bio-Trend müssen sich die Äppler-Produzenten nach eigener Ansicht nicht mehr anschließen: «Bei den Hessen im Kopf ist Apfelwein sowieso Bio», sagt Heil. Gerhard Nöll von der Frankfurter Kelterei Nöll ergänzt: «Das ist ja das Schöne, dass man beim Apfelwein mit Chemie nichts machen muss.»

Auch sonst ist bei Apfelwein mehr von Kult die Rede als von Tradition: Denn die selbst kelternden Apfelweinwirtschaften finden sich immer seltener auf dem Markt, Großkeltereien füllen zunehmend die Fässer in den Kellern und bestimmen Geschmack und Preis. Und immer häufiger gibt es den Apfelwein auch dort, wo man ihn nicht auf der Getränkekarte erwartet: «In vielen hessischen Szenebars werden die neuen Mixgetränke angeboten», sagt Alexandra Ott vom Keltereienverband.

Da mutet es dann geradezu gemütlich an, wenn vor allem an Wochenenden der bunt bemalte Frankfurter «Ebbelwei-Expreß», eine Sonderlinie der Frankfurter Straßenbahn, durch die Straßen Sachsenhausens bimmelt. An Bord wird ordentlich aus- und natürlich mächtig eingeschenkt, mit «Stöffche», versteht sich.

Express-Trinken, Bembel-Kolorit und Souvenirs hin und her - die Hessen haben den saueren Tropfen keineswegs erfunden. Schon die Griechen und Römer kannten gegorenen Obstsaft. Die erste Schankerlaubnis für das «Stöffche» in Frankfurt wurde 1754 erteilt. Wer eine besaß, der hängte einen Fichtenkranz mit Apfel in der Mitte vor seine Wirtschaft. Auch heute gilt noch, «Wo's Kränzche hängt, wird ausgeschenkt». dpa

Apfelweinhaupstadt Frankfurt - Mehr Messe-Aussteller

Die Winzer kommen nicht nur aus Hessen, sondern auch aus Finnland oder Japan: Zum dritten Mal präsentiert sich Frankfurt am Sonntag (13. März) als «Welthauptstadt des Apfelweins». Anbieter aus sieben Ländern präsentieren in den Römerhallen rund 250 Produkte. Darunter sind auch Apfelsekt, Weinbrände oder Apfelsherry aus dem Odenwald, Nordhessen und der Rhön. Mit 65 Ausstellern sind 15 mehr vertreten als im Vorjahr, wie Organisator Michael Stöckl am Donnerstag berichtete.

Exotischster Gast ist ein Apfelwein-Produzent aus Japan. Dort wird aus einer Sorte von Jonathan-Äpfeln ein aromatischer Wein gekeltert. International ist Apfelwein vor allem auch in Frankreich, England und Nordspanien populär. In Deutschland werden jährlich knapp 40 Millionen Liter Apfelwein getrunken - der Großteil davon in Hessen. Im vergangenen Jahr ist der Absatz nach Angaben der Kelterer trotz schlechten Sommers sogar gestiegen.

Ziel der Messe ist es, den Apfelwein international auf eine breitere Basis zu stellen und dem Getränk auch ein neues Image zu geben. «Die Keltereien haben die Zeichen der Zeit erkannt», sagte Stöckl mit Blick auf zahlreiche neue Apfelwein-Produkte. Sein Mitorganisator Andreas Schneider sieht sogar eine «weltweite Bewegung» hin zum Apfelwein. Stöckl und Schneider gehören in Hessen zu den Pionieren der «jungen» Apfelweinszene.

Die Liebhaber vom «Stöffche» müssen sich allerdings in diesem Jahr auf höhere Preise einstellen. Die sei eine Folge der «bescheidenen Ernte» im vergangenen Jahr, sagte Martin Heil, Verbandsvorsitzender der hessischen Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien.

Das Herz der meisten Apfelwein-Trinker schlägt für die traditionellen Stuben in Frankfurts Stadtteil Sachsenhausen. Aber nicht nur dort kann man stilgerecht sein Stöffche «petze» (trinken). Auch in Bornheim, Bergen-Enkheim, Seckbach und Sossenheim werden der gegorene Saft geschätzt und Frankfurter Spezialitäten wie Handkäs mit Musik bestellt. dpa

Eine Auswahl an Adressen:

Apfelwein-Wagner - Frankfurt-Sachsenhausen, Schweizer Straße 71, geöffnet täglich 11.00-24.00 Uhr, Anziehungspunkt für viele Nicht-Frankfurter, aber auch für Einheimische, die an den Holztischen im Gastraum eng zusammenrücken

Dauth-Schneider - Frankfurt-Sachsenhausen, Neuer Wall 5-7, geöffnet Mo.-Fr. 11.30-24.00 Uhr, Sa.+So. 12.00-24.00 Uhr

Fichtekränzi - Frankfurt-Sachsenhausen, Wallstraße 5, geöffnet täglich 17.00-24.00 Uhr, gegründet 1849, der Name geht zurück auf die Tradition des geflochtenen Fichtenzweiges als Erkennungsmerkmal für Apfelweinstuben

Kanonesteppel - Frankfurt-Sachsenhausen, Textorstrasse 20, geöffnet Mo.-Sa. 11.00-24.00 Uhr

Klaane Sachsehäuser - Frankfurt-Sachsenhausen, Neuer Wall 11, Mo.-Sa. 16.00-24.00 Uhr

Zum Feuerrädchen - Frankfurt-Sachsenhausen, Textorstraße 24, Mo.-So. 11.00-24.00 Uhr.

Zum Gemalten Haus - Frankfurt-Sachsenhausen, Schweizer Straße 67, Di.-So. 10.00-24.00 Uhr, solide und traditionsreich mitten in Sachsenhausen, beliebt bei Touristen

Zur Buchscheer - Frankfurt-Sachsenhausen, Schwarzsteinkautweg 17, Mo.-Fr. 16.00-23.00 Uhr, Sa. 12.00-23.00 Uhr, So. 11.00-23.00 Uhr, 1876 gegründet und somit eine der ältesten Apfelweinwirtschaften der Stadt

Zur schönen Müllerin - Frankfurt-Nordend, Baumweg 12, täglich 16.00-24.00 Uhr, typische Apfelweinstube mit ausgefallenerer Speisekarte

Zur Sonne - Frankfurt-Bornheim, Berger Straße 312, Mo.-Sa. 17.00-24.00 Uhr, So 12.00-23.00, traditionsreiches Haus mit Fachwerkensemble und großem Biergarten, bereits seit 1768 eine Wirtsstube