Liebe Carola, lieber Stefan, ihr wart beide lange in der Hotellerie tätig. 2022 habt ihr euch entschlossen, die Seiten zu wechseln und die People & Business Development Agentur Athmann & Athmann zu gründen. Wie kam es dazu und wie habt ihr den Mut gefunden, euch mit drei schulpflichtigen Kindern gemeinsam selbstständig zu machen?
Unser Motto lautet: Mut ist der Gegner der Angst und Machen ist wie Wollen, nur besser! In unserer Branche hat sich viel verändert, insbesondere in den Zeiten der Pandemie. Wir haben immer öfter festgestellt, dass wir in Bezug auf die berufliche Situation in unseren Rollen nicht mehr glücklich sind. Unsere Branche lebt durch den direkten Kontakt zum Gast und dieses Gefühl des Gastgebers steht nicht immer an oberster Stelle. Stattdessen werden Reports erstellt um das „Corporate Office“ zufrieden zu stellen. Wir sehen die Hotellerie primär als ein „People Business“.
Dazu kommt, dass die heranwachsenden Kinder einen echten Vater und nicht nur einmal am Tag einen Frühstücks-Papa brauchen. Carolas großer Wunsch war wieder zu arbeiten und so haben wir während der Pandemie unsere Visionen und Mission Statements erstellt.
Euer Slogan lautet: „Your friendliness is our business “. Was können wir uns darunter genau vorstellen, was sind genau eure Services?
Mit Freundlichkeit kommen Menschen immer weiter. Wir haben unser Lebensmotto zum Beruf gemacht, eine Firma gegründet und treten an, die Welt wieder ein bisschen freundlicher zu machen. Wir sind der festen Überzeugung, dass viele kleine Stellschrauben bei Mitarbeitern nicht nur die Stimmung und Effektivität, sondern auch die gesamte Struktur im Unternehmen positiv verändern.
Es ist so einfach und gleichzeitig vergessen wir das in unserer immer egoistischer werdenden Gesellschaft. Beispielsweise sitzen wir im Café und bestellen einen Kaffee. Dieser wird wortlos und ohne Blickkontakt serviert. Ein aufmerksamer Servicemitarbeiter fragt, ob es noch ein Stück Kuchen sein darf oder ein Wasser zusätzlich zum Kaffee. Freundlichkeit und Höflichkeit ist nicht mehr alltäglich, bringt aber beiden Seiten so viel mehr. Dem Gast die Freude an gutem Service und dem Servicemitarbeiter nettes Feedback, mehr Trinkgeld und durch Mehrverkauf einen gut gelaunten Chef.
In Deutschland im Allgemeinen und in Berlin im Besonderen ist es mit der Freundlichkeit oft nicht weit her. Alle wissen das, aber sind Firmen auch bereit, für euer Schulungsangebot Geld auszugeben? Oder anders gefragt: Könnt ihr nach 1 1/2 Jahren eine erste Bilanz ziehen? Bucht euch vor allem die Hotellerie oder haben auch andere Branchen Bedarf?
Wir bedienen tatsächlich eine Nische, die zunächst Aufmerksamkeit benötigt und dafür haben wir in den knapp letzten 20 Monaten Bewusstsein geschaffen. Am Anfang wurden wir meist belächelt und nicht ernst genommen. Wenn das Interesse geweckt wurde nach dem wir in einer Art „Elevator Pitch“ uns mit wenigen Sätzen vorgestellt haben, dann kommen wir aus den Erzählungen „Was und wie wir es tun“ kaum noch raus. Im Augenblick haben wir eine starke Nachfrage von anderen Dienstleistungsunternehmen, also außerhalb der Hotellerie-und Gastronomie. Insbesondere Krankenhäuser, große Gesundheitseinrichtungen, Arztpraxen, Autohäuser und der Einzelhandel kommen auf uns zu.
Stefan, Du warst lange GM in der 5-Sterne-Luxus Hotellerie, Carola, Du hast Dich in den letzten Jahren vor allem um die Familie gekümmert. Inwieweit ergänzen sich eure jeweiligen Erfahrungen, Stärken und Vorlieben in eurer Firma?
Carola: Für mich stand der Mensch an sich schon immer im Mittelpunkt und das war auch der Grund, warum ich mich damals für die Hotellerie entschied. Das Zwischenmenschliche brauchen wir bei unseren Kindern genauso wie im Berufsleben, weil es mit Menschen zu tun hat. Das Zwischenmenschliche ist so wichtig, es ist das, was uns von der KI oder dem Roboter unterscheidet.
Stefan: Unabhängig voneinander haben wir beide gelernt, dass jeder einzigartig ist. Wir passen alle nicht in die Norm, die die Gesellschaft uns so gerne vorgibt. Durch die Tatsache, dass wir das aber schon in der Schule versuchen, berauben wir uns vieler möglicher Ressourcen.
Die Pandemie hat Ihr Übriges dazu getan, uns gezeigt, wie wichtig der Mensch ist und dementsprechend, dass der Mensch eine wertvolle Ressource ist - insbesondere in der Dienstleistung. Hier möchten wir helfen, das genau dies wieder im täglichen Leben wertgeschätzt wird.
Unsere jeweiligen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte bringen wir perfekt ergänzt in die Firma ein und freuen uns immer, wenn wir am „Ende des Tages“ das gleiche Ergebnis hervorbringen.
Würdet ihr euer Modell auch anderen Paaren und Familien empfehlen und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um gemeinsam eine Firma zu gründen? Ist ein solches Business eine Möglichkeit, klassische Rollenverteilungen aufzubrechen?
Grundsätzlich ist das schwer zu verallgemeinern. Wie bereits erwähnt, sind wir der festen Überzeugung, dass nicht nur jeder Mensch einzigartig ist, sondern dass es von jedem Einzelnen abhängt, seine/ihre Vision zu definieren und umzusetzen. Wir haben glücklicherweise immer schon gespiegelt bekommen, dass wir ein großartiges Paar sind. Ob Powercouple, Traumpaar oder tolles Paar. Das wollten wir um keinen Preis der Welt aufs Spiel setzen oder riskieren, daher haben wir uns mit „Human Design“ beschäftigt und befragt, ob es überhaupt passt, dass wir uns in dieser Richtung selbstständig machen.
Welche Schlüsselthemen werden die Dienstleistungsbranche in den nächsten Jahren beschäftigen und inwieweit könnt ihr Firmen dabei unterstützen, sich jetzt schon für die Zukunft fit zu machen?
Aus unserer Sicht werden einige Schlüsselthemen die Dienstleistungsbranche in den nächsten Jahren prägen, wie die Digitalisierung. Die fortschreitende Digitalisierung wird die Art und Weise, wie Dienstleistungen erbracht werden, grundlegend verändern. Unternehmen müssen in Technologien investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Personalisierung. Kunden und Gäste erwarten immer stärker personalisierte Dienstleistungen, die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Unternehmen müssen ihre Angebote entsprechend anpassen.
Und ein sehr großes Thema ist Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit wird zu einem immer wichtigeren Thema in der Dienstleistungsbranche. Unternehmen müssen umweltfreundliche Praktiken implementieren und nachhaltige Lösungen anbieten. Die Arbeitswelt wird immer flexibler, und Dienstleistungsunternehmen müssen sich darauf einstellen. Flexible Arbeitsmodelle, mobile Dienstleistungen und virtuelle Teams werden an Bedeutung gewinnen.
Lieber Stefan, liebe Carola, wir danken für das Gespräch