Von Sabine Dobel
Die Rohbauten stehen längst, die Betonmischer sind angerückt. Hunderte Quadratmeter für die Küchen der Wiesn-Festzelte müssen alljährlich fürs Oktoberfest betoniert werden - um nach gut zwei Festwochen komplett wieder abgerissen zu werden. Dutzende Kubikmeter Beton werden aus Hygienegründen verbaut. "Beton kann man sauberspülen", sagt Toni Pletschacher von der Firma Pletschacher, die auch heuer die meisten Zelte aufstellt. "Wir sind gut in der Zeit", sagt Pletschacher. Im Juli haben die Arbeiten begonnen, der Abbau zieht sich bis in den November: Ein monatelanger Baumarathon begleitet das größte Volksfest der Welt.
Am 22. September geht der Rummel los, dann heißt es wieder: Ozapft is. Während auf der Theresienwiese die Küchen der Bierzelte betoniert werden, sind manche Küchenchefs schon an den Kochtöpfen zu Gange: "Gulaschsuppe, Rehragout und Böfflamott wird bei uns vorproduziert", sagt Toni Winklhofer, Wirt des Festzeltes Tradition auf der Oidn Wiesn. Geschmortes vom Ochsen und andere Schmankerl landen erst mal in der Tiefkühltruhe, hektoliterweise Soße wird gekocht.
Gut eine halbe Million Hühner, etwa 60 Kälber, eine Herde von fast 150 Ochsen - während der 18 Festtage verschlangen die 6,2 Millionen Besucher im vergangenen Jahr erneut ganze Wagenladungen von Tieren. Dazu tonnenweise Sauerkraut, Blaukraut und Knödel. Wenn Tausende hungriger Gäste erst einmal im Wiesnzelt sitzen, muss es schnell gehen.
Dennoch lehnen manche das Vorkochen wie zu Omas Zeiten ab. Etwa 23 000 Essen serviert Ludwig Hagn vom Löwenbräu-Festzelt am meist gutbesuchten mittleren Fest-Samstag seinen Gästen - alles frisch auf der Wiesn gekocht, wie er sagt. "Wir haben eine gute Mannschaft in der Küche." Während in einem anderen Zelt ein Küchenchef früher gerade beim Sauerkraut aufs Vorkochen schwor, setzt Hagn auf seinen 200-Liter-Kessel: "Da koch' ich Sauerkraut jeden Tag." Etwa 1400 Portionen sind das. Vize-Wirtesprecher Christian Schottenhamel, dessen Familie heuer das 151. Jahr auf der Wiesn ist, bereitet nur Soßen, Marinaden und Gewürzmischungen vor.
Das Bier für die Wiesn ist allerdings für alle Zelte schon gebraut. Derzeit reift der Gerstensaft, der mit etwa mehr als sechs Prozent Alkohol und einem höheren Stammwürzegehalt besonders stark ist, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt im Dunkel der Bierkeller. 7,7 Millionen Maß rannen im vergangenen Jahr durch durstige Kehlen. Schon im Mai haben die Braumeister der sechs Münchner Brauereien den Sud für dieses Jahr angerührt - nach ihrem jeweils streng gehüteten Rezept. "Für die Münchner Brauer ist das Oktoberfest so etwas wie die WM des Bierbrauens", heißt es etwa bei Paulaner.
Bei der Oktoberfest-Bierprobe in etwa zwei Wochen wird das Ergebnis getestet - auch wenn es keinen Sieger gibt, ist es ein wichtiger Termin der Brauer und Wirte, denn dann verkosten sie auch das Bier der Konkurrenz. Und vergeben Klassifizierungen: geschmeidig-sanft, vollmundig, süffig, und mit einem leicht herbem Abgang, golden, blond, glänzend. "Es ist so, dass jeder das Bier von der Konkurrenzbrauerei probieren möchte - um letztlich zu dem Schluss zu kommen, dass das Bier, das er ausschenkt, das beste ist", sagt Hagn.
Bis es das erste Bier gibt, rollen auf der Festgelände noch vier Wochen lang Sattelschlepper, Bagger und Gabelstapler. Das in hunderten Containern eingelagerte Inventar der Bierzelte wird ausgepackt; zuletzt kommen die Fahrgeschäfte. Der Aufbau ist eine technische Meisterleistung. Fahrgeschäfte von 50 Metern Höhe und mehr wie Riesenrad, Kettenkarussel und Falltürme stehen auf mobilen extrem schweren Fundamenten auf engem Raum. Manche sind so schwer, dass sie nicht über Unterführungen, Schächten oder Tunneln stehen dürfen.
"Die Schausteller sind damit groß geworden, sie kennen ihre Karussells aus dem Effeff und können auf kleinstem Raum die schwierigsten Anlagen aufstellen", sagt Edmund Radlinger, Sprecher der Schausteller auf Wiesn. Der TÜV Süd ist vor dem Wiesnstart mit seinen Technikern unterwegs und prüft - damit es außer Tempo und Kurven keinen Grund für ein flaues Gefühl im Magen gibt.
Einige Geschäfte sind dieses Jahr neu auf dem Fest. Erstmals erwarten Besucher im "Dschungelcamp" diverse Prüfungen. Und Weltraumtouristen in spe können dieses Jahr ein wenig mit "Astro-Alex" Alexander Gerst fühlen: im neuen "Chaos Pendel" können sie ähnliche Belastungen des Körpers testen wie die Astronauten bei ihren Flügen ins All. dpa